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Sterben für Anfänger: Wie wir den Umgang mit dem Tod neu lernen können (German Edition)

Sterben für Anfänger: Wie wir den Umgang mit dem Tod neu lernen können (German Edition)

Titel: Sterben für Anfänger: Wie wir den Umgang mit dem Tod neu lernen können (German Edition)
Autoren: Susanne Conrad
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Denn nach dem christlichen Glauben hat Gott den Menschen aus dem Staub der Erde erschaffen.
    Im Islam muss die Bestattung unverzüglich, möglichst noch am Todestag, stattfinden, und erlaubt ist nur ein Begräbnis, keine Feuerbestattung, genauso wie im Judentum, wo eine Zerstörung des Körpers abgelehnt wird und die Beerdigung in physischer Unversehrtheit vorgeschrieben ist.
    Die tibetischen Buddhisten kennen das Ritual der Himmels- oder Luftbestattung. Bei dem der Leichnam wilden Tieren zum Fraß überlassen und als Geschenk an die Natur betrachtet wird. Die Vögel tragen dann nach tibetischer Vorstellung den Toten in das sogenannte Bardo, den Zwischenzustand zwischen Tod und Wiedergeburt. Diese Bestattungsmethode ist aber auch auf rein praktische Erwägungen zurückzuführen wie den über Monate zugefrorenen Boden, der eine Erdbestattung unmöglich macht, und den Mangel an Brennholz, das für eine Verbrennung notwendig wäre. In anderen buddhistischen Ländern und im Hinduismus ist die Feuerbestattung üblich. Die Asche der Toten wird anschließend, wenn möglich, heiligen Gewässern übergeben, die die Seele ins Jenseits tragen.
    All diese Rituale haben das gleiche Ziel: die Endgültigkeit des Todes und seine Unumkehrbarkeit deutlich zu machen, die Trennung zwischen dem Verstorbenen und den Lebenden zu vollziehen.
    Immer mehr Menschen in unserer säkularisierten Gesellschaft entfernen sich allerdings von religiösen Traditionen. Fast die Hälfte der Deutschen wollen nicht mehr, dass ein Pfarrer am Grab spricht, hier springen nichtreligiöse, freie Redner ein. Aber auch derjenige, der zu kirchlichen Ritualen keinen Bezug hat, braucht einen Übergangsritus, der sinnstiftend und stützend wirkt. Deshalb werden häufig eigene Ideen entfaltet oder Anleihen bei den Zeremonien anderer Kulturen gemacht, die vielleicht verständlicher oder nachvollziehbarer erscheinen.
    So stellen die Bestatterinnen Evelyne Fischer und Stefanie Jost auf Bitten zum Beispiel Schwimmkerzen bereit, die von jedem Einzelnen, der an der Bestattung teilnimmt, als Abschiedsgruß in Wasserschalen in der Trauerhalle oder am Grab gegeben werden können.
    Diese symbolische Geste lehnt sich an eine uralte Tradition von Lichterfesten an, bei denen schwimmende Lampions auf Flüsse oder Seen gesetzt werden. Nach der japanischen Toro-Nagashi-Zeremonie etwa, sollen Papierlaternen die Geister der Verstorbenen in die Welt der Toten führen. Beim hawaiianischen Lantern Floating Festival wird an die Ahnen erinnert, die voraus gegangen sind, und in Thailand bedankt man sich mit einem solchen Lichterschauspiel bei den Göttern.
    Wenn es um den Abschied von unseren Toten geht, dann haben hierzulande immer noch die Behörden das letzte Wort: Der Tod ist genormt. Es gibt genaue Vorschriften, wie, wo und wann ein Mensch zu seiner letzten Ruhe gebettet wird. Wir haben die Wahl zwischen Einzel-, Familien-, Reihen- oder Urnengrab.
    Trotzdem gibt es unzählige Möglichkeiten, einen ganz persönlichen Abschied zu gestalten. Der eine mag den Verstorbenen mit Fotos oder einem kleinen Film noch einmal würdigen, der andere hält eine persönliche Trauerrede, manche spielen ein Musikstück, das der verlorene Angehörige liebte oder das eine besondere Bedeutung für ihn hatte, mal wird ein Kirchenlied oder klassische Musik gespielt, andere entscheiden sich für einen aktuellen Pop- oder Rock-Song, und wieder andere streuen Blütenblätter aufs Grab.
    Manche haben inzwischen auch das Internet als Trauer-Forum entdeckt. So ist es inzwischen möglich, in den Grab- oder Gedenkstein schwarz-weiße Pixelquadrate einmeißeln zu lassen, sogenannte QR -Codes. Wenn man diesen Code mit einem Smartphone abliest, wird man direkt auf eine Webseite im Internet geführt, auf der man Näheres über den Verstorbenen erfahren und auch Fotos von ihm finden kann. Statt Traueranzeigen werden Online-Portale und virtuelle Kondolenzbücher eingerichtet, die die Möglichkeit bieten, eine Beileidsnachricht zu hinterlassen, von einer Begegnung oder Anekdote mit dem Toten zu erzählen, Erinnerungen über ihn auszutauschen. Sogar virtuelle Gräber können angelegt und online gepflegt werden. Auch wenn das den Tod nicht wirklich fassbar macht – für manchen Angehörigen, der weit weg lebt und keine Gelegenheit für regelmäßige Besuche am Grab hat, mag das ein Trost sein, eine Möglichkeit, seine Trauer auszudrücken.
    Ob nun Totenwache oder traditionelles Beisammensein nach der Beisetzung, virtuelles
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