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Steinhauer, Franziska

Steinhauer, Franziska

Titel: Steinhauer, Franziska
Autoren: Angst
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müssten nicht unbedingt auf Ihrem alten Hof in St. Gertraud wohnen!“
    „Ich habe dort mein Haus. Damals haben wir uns in stockfinsterer Nacht weggeschlichen – doch nun kehrenwir bei Tageslicht zurück! Es war ein gebrochener Jakob Gumper, der floh – der, der nun zurückkehrt, ist ein anderer! Auf jeden Fall werden wir bis zum Tod meines Bruders in St. Gertraud bleiben!“ Ein beängstigendes Funkeln trat in seine Augen. „Und vielleicht finde ich ja in der Zwischenzeit heraus, wer Helene das angetan hat! Dann wird das Schwein dafür büßen! Mein Gott, sie war damals erst vier Jahre alt!“
    Das, schien es Dr. Jürgens, war überhaupt die schlechteste Idee von allen.
    „Hören Sie, Herr Gumper: Nicht nur derjenige, der Helene damals überfallen hat, wird wenig erfreut über Ihre Rückkehr sein. Angenommen, dieser Leopold hat damals tatsächlich den Mord an Ihrer Frau beobachtet“, er kam mit einer energischen Handbewegung den einsetzenden Protesten seines Patienten zuvor, „dann wird auch der Mörder Ihrer Frau wenig begeistert sein, wenn Sie dort nun wieder auftauchen. Seit mehr als zehn Jahren lebt er unter all den anderen Einwohnern unentdeckt, und nun wird alles wieder aufgewühlt. Es gibt womöglich einen ungeklärten Mord im Ultental!“
    „Ha!“ Jakob schlug sich mit beiden Händen kraftvoll auf die Oberschenkel. „Da gäbe es dann mehr als den einen!“
    Dr. Jürgens empfand diese Neuigkeit als wenig beruhigend.

1
    Maja Klapproth zog energisch den Reißverschluss ihrer Jacke hoch, warf sich den Rucksack über die Schulter und stürzte sich schwungvoll mit dem Rad in den morgendlichen Berufsverkehr.
    Es regnete.
    Sie trat kräftig in die Pedale und ignorierte die kalten Regentropfen, die ihr bis auf die Kopfhaut schlugen.
    Nichts in ihrem Leben war selbstverständlich, auch nicht die Tatsache, dass sie hier fuhr und einer geregelten Arbeit nachging.
    Sie hatte es sich erkämpft.
    Jede Ähnlichkeit mit der mageren Maja, die ihre Tage in getrübtem Bewusstsein verbracht hatte, immer auf der Jagd nach Geld für den nächsten Schuss oder auf der Suche nach dem nächsten Freier, war seit Jahren verschwunden, und sie war stolz darauf, es geschafft zu haben.
    Zufrieden spürte sie ihre Muskeln, die sie sich über die Jahre hinweg erarbeitet hatte.
    Durch hartes, diszipliniertes Training.
    Sie konnte es jederzeit mit gewaltbereiten Straftätern aufnehmen und würde den Zweikampf für sich entscheiden. Ein Meter achtundsiebzig wilde Entschlossenheit waren aber in den meisten Fällen schon abschreckend genug. Selten musste sie wirklich handgreiflich werden.
    Ihr Handy klingelte.
    „Maja?“
    „Ja!“, gab sie knapp zurück. Gespräche mit ihrer Mutter waren ihr unangenehm, zu viele unschöne Erinnerungen.
    „Fabian geht es schlechter. Er will dich sehen.“
    „Was heißt, es geht ihm schlechter?“
    „Na, was es immer heißt!“, herrschte die Stimme sie an.
    „Er hatte wieder einen Schub!“ In all den Jahren hatte sich nichts geändert. Ihre Mutter gab noch immer Maja die Schuld an Fabians Zustand.
    „Sag doch einfach, er hat wieder einmal versucht, sich das Leben zu nehmen! Schub ist nur deine alberne Umschreibung dafür! Was war es diesmal?“
    „Er hat es mit Tabletten versucht. Zum Glück hat ihn Schwester Renata jedoch noch rechtzeitig gefunden. Sie haben ihm den Magen ausgepumpt. Er kann noch heute Nachmittag nach Hause gehen.“
    Gehen! Ha, dachte Klapproth, nur gut, dass Fabian das nicht gehört hatte.
    „Er hat demnach die Einweisung wieder verweigert! Ist jemand da, der ihn betreut?“
    „Selbstverständlich! Tim übernachtet bei ihm!“
    „Ich werde heute Abend bei ihm vorbeifahren – richte ihm das aus. Ich komme!“
    Fabian.
    Natürlich würde sie sich um ihn kümmern.
    „Maja? Vergiss es nicht, du weißt …“
    Wie könnte sie je vergessen!
    Es klopfte in ihrem Headset, und sie schaltete ihre Mutter in die Warteschleife.
    „Guten Morgen, Maja. Wir haben erneut eine Anzeige gegen die Sekte Lucifers Kinder. Diesmal sollen sie einen Säugling geopfert haben. Wo bist du denn?“, fragte dieStimme ihres Kollegen Malte Paulsen noch ein wenig verschlafen.
    „Gleich da!“
    „Gut, dann warte ich am Wagen. Dr. Glück ist auch schon auf dem Weg.“
    „Dr. Glück? Tatsächlich ein Mord?“
    „Nein. Aber da die Möglichkeit besteht, möchte er gleich vor Ort sein.“
    „Okay – bin sofort da!“
    „Da bin ich wieder!“ Sie schaltete die Leitung ihrer Mutter frei.
    „Ich hasse
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