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Starkes Gift

Starkes Gift

Titel: Starkes Gift
Autoren: Dorothy L. Sayers
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Substanzen auszuschließen.«
    Salcombe Hardy stöhnte: »Wie lange, o Herr, wie lange müssen wir uns diesen Quatsch mit dem kommerziellen Arsen noch anhören? Das lernen Mörder doch heutzutage schon in der Wiege.«
    »Ganz besonders möchte ich Ihnen die Daten ans Herz legen – ich nenne sie Ihnen noch einmal –, den 10. April und den 5. Mai.« (Die Geschworenen schrieben die Daten auf, und Lord Peter Wimsey knurrte: »Die Schöffen schrieben alle auf ihre Täfelchen: ›Ihrer Meinung nach ist darin keine Spur von Sinn.‹« Der Ehrenwerte Freddy meinte: »Wie? Was?« und der Richter blätterte in seinen Aufzeichnungen eine Seite weiter.)
    »Ungefähr um diese Zeit begannen bei Philip Boyes wieder die Magenbeschwerden, unter denen er schon öfter im Laufe seines Lebens gelitten hatte. Sie haben das Gutachten von Dr. Green gelesen, bei dem er während seines Studiums damit in Behandlung war. Dies liegt nun schon einige Zeit zurück; aber 1925 hat ihn Dr. Weare wegen einer ähnlichen Attacke behandelt. Es waren keine schweren Erkrankungen, aber schmerzhaft und kräftezehrend, verbunden mit Erbrechen, Gliederschmerzen und so weiter. Viele Leute haben solche Beschwerden von Zeit zu Zeit. Aber es findet sich hier eine Übereinstimmung von Daten, die sehr wichtig sein könnte. Wir wissen von diesen Anfällen aus Dr. Weares Aufzeichnungen: einer ereignete sich am 31. März, einer am 15. April und einer am 12. Mai. Drei zufällige Zusammentreffen – wenn Sie es für Zufall halten -: Harriet Vane und Philip Boyes begegnen sich ›gegen Ende März‹, und am 31. März hat Boyes einen Gastritisanfall: am 10. April kauft Harriet Vane zwei Unzen Arsen – sie treffen sich wieder ›in der zweiten Aprilwoche‹, und am 15. April hat er einen erneuten Anfall; am 5. Mai wird das Unkrautvernichtungsmittel gekauft – ›irgendwann im Mai‹ findet eine erneute Begegnung statt, und am 12. Mai wird er zum drittenmal krank. Sie mögen das ziemlich merkwürdig finden, aber Sie dürfen nicht vergessen, daß es der Anklage nicht gelungen ist, einen Arsenkauf vor der Begegnung im März nachzuweisen. Das müssen Sie bei der Beurteilung dieses Punktes berücksichtigen.
    Nach dem dritten Anfall – dem im Mai – bekommt Boyes von seinem Arzt den Rat zu einer Luftveränderung, und er entscheidet sich für den Nordwesten von Wales. Er reist nach Harlech, wo er eine schöne Zeit verbringt und sich gut erholt. Aber er wurde von einem Freund begleitet, Mr. Ryland Vaughan, den Sie hier gesehen haben, und dieser Freund sagt, daß ›Philip nicht glücklich gewesen‹ sei. Mr. Vaughan äußerte sogar die Meinung, Boyes habe sich nach Harriet Vane verzehrt. Sein körperlicher Zustand habe sich gebessert, aber seelisch sei er immer bedrückter geworden. Und so sehen wir ihn am 16. Juni einen Brief an Miss Vane schreiben. Da dies ein wichtiger Brief ist, lese ich ihn Ihnen noch einmal vor:
     
    ›Liebe Harriet,
    das Leben ist ein einziger Schlamassel. Ich halte es hier nicht mehr aus, und darum habe ich beschlossen, meine Zelte abzubrechen und über den Teich zu gehen. Vorher aber möchte ich Dich noch einmal sehen, um festzustellen, ob es denn wirklich nicht möglich ist, die Sache zwischen uns wieder in Ordnung zu bringen. Du mußt natürlich tun, was Du willst, aber ich kann Deine Einstellung noch immer nicht begreifen. Wenn ich es diesmal nicht schaffe, Dich die Dinge im richtigen Licht sehen zu lassen, gebe ich endgültig auf. Ich werde am 20. in London sein. Schreib mir eine Zeile und laß mich wissen, wann ich bei Dir vorbeikommen kann.
    Dein P.‹
     
    Wie Sie gemerkt haben, ist das ein sehr zweideutiger Brief. Sir Impey Biggs hat mit sehr gewichtigen Argumenten die Ansicht vertreten, daß der Briefschreiber mit Ausdrücken wie ›Zelte abbrechen und über den Teich gehen‹, ›ich halte es hier nicht mehr aus‹ und ›ich gebe endgültig auf‹ seine Absicht habe kundtun wollen, sich das Leben zu nehmen, falls es ihm nicht gelänge, eine Versöhnung mit der Angeklagten herbeizuführen. Er weist darauf hin, daß die Redewendung ›über den Teich gehen‹ durchaus eine Umschreibung für ›Sterben‹ sein könne. Dies mag für Sie natürlich überzeugend klingen. Mr. Urquhart dagegen sagte auf Befragung durch den Staatsanwalt, seiner Meinung nach beziehe dieser Satz sich auf ein Vorhaben, das er selbst dem Verstorbenen angeraten habe, nämlich eine Reise über den Atlantik nach Barbados, um sich einmal anderen Wind um die Nase
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