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Stadtgeschichten - 03 - Noch mehr Stadtgeschichten

Stadtgeschichten - 03 - Noch mehr Stadtgeschichten

Titel: Stadtgeschichten - 03 - Noch mehr Stadtgeschichten
Autoren: Armistead Maupin
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Chancen, nicht? Ich meine, zwei Wochen, Prudy Sue. Es ist nicht sehr wahrscheinlich, daß er noch …«
    »Ich weiß, daß er noch da ist, Vicky. Das hab ich im Urin. Ich weiß, daß er zu mir zurückkommt, wenn ich ihm die Chance dazu gebe.«
    Noch während sie redete, wurde Prue klar, wie sie sich anhörte. Wie die arme alte Frannie Halcyon, die immer noch an die absurde Möglichkeit glaubte, daß ihre seit langem vermißte Tochter aus dem Dschungel von Guyana wiederkehren würde.
    Aber es waren schon merkwürdigere Dinge geschehen.

Nichts Besonderes
    Aufdem Weg von Perry’s nach Hause blieb Brian noch bei einem kleinen Privatflohmarkt auf der Union Street stehen und kaufte für einen Vierteldollar ein altes Peter, Paul & Mary Album.
    Ebenfalls im Angebot: zwei Shelley-Berman-Alben, ein frühes Limelighters-Album mit Glenn Yarborough und die Filmmusiken zu Frühstück bei Tiffany, Mondo Cane und Wer die Nachtigall stört.
    Anders ausgedrückt: jemandes Jugend.
    Ein Stapel eselsohriger Schallplattenalben führte einem stärker als alles andere vor Augen, daß die Vergangenheit bloß ein Haufen Ballast war, Übergepäck, das man über Bord werfen mußte, wenn die See rauher wurde. Jedenfalls redete Brian sich das ein.
    Trotzdem zündete er sich in der Barbary Lane einen Joint an und summte begeistert mit, als PP & M »If I Had a Hammer«, »Five Hundred Miles« und »Puff the Magic Dragon« sangen.
    War es wirklich achtzehn Jahre her – O Gott, sein halbes Leben! –, daß Nelson Schwab ihn sich während der Hell Week im Deke House geschnappt hatte, um ihn exklusiv darüber aufzuklären, daß »Puff« in Wirklichkeit eine Underground-Metapher für – kein Scheiß! – Marihuanarauchen war?
    Ja, es war so lange her.
    Er fühlte sich entsetzlich deprimiert, riß die Platte vom Plattenteller und zertrümmerte sie mit dem Hammer aus der Werkzeugkiste unter der Spüle. Unentschuldbare Symbolik, aber ungemein befriedigend.
    So viel zum eisernen Griff der Vergangenheit.
    Und was war mit der Gegenwart?
     
    Die Stellenangebote im Chronicle waren so trostlos, daß Brian sämtliche aktuellen Berufsentscheidungen vertagte und nach unten marschierte, um sich an Mrs. Madrigals Planungen für Mary Anns Geburtstag zu beteiligen. Die Vermieterin stellte in einer dunklen Ecke ihres Vorratsschrankes gerade eine Kakerlakenfalle auf.
    Betrübt lächelnd blickte sie zu ihm hoch. »Ich hatte mir geschworen, so ein schreckliches Roach Motel nie zu kaufen. Die Fernsehspots wirken so sadistisch. Aber wir können schließlich nicht alle Geschöpfe Gottes lieben, oder? Sie haben doch hoffentlich noch nicht zu dir hoch gefunden, hm?«
    Brian schüttelte den Kopf. »Sie mögen die Höhe nicht.«
    Mrs. Madrigal stand auf und wischte sich über die Hände, als klebte Blut an ihnen. Nach einem letzten Blick auf das gräßliche »Motel« schüttelte sie sich und griff nach Brians Arm. »Komm, setzen wir uns in die Sonne, mein Lieber. Ich komme mir vor wie Anthony Perkins, als er darauf wartet, daß Janet Leigh sich im Motel einquartiert.«
    Draußen im Vorgarten hakte sie auf einer Liste die Köstlichkeiten ab, die beim Fest für Mary Ann zu erwarten waren: »Ein schöner Braten mit jungen Möhren, die mag sie doch so … und natürlich Eis von Gelato, das zur Geburtstagstorte paßt. Und … na, ich glaube, für Barbara Stanwyck ist die Zeit auch langsam reif, was?«
    »Ein Film?« fragte Brian.
    Mrs. Madrigal schnalzte mit der Zunge. »Miss Stanwyck ist zur Zeit meine kräftigste Zucht, mein lieber Junge.« Sie zeigte in die Ecke des Vorgartens, wo eine christbaumgroße Sensemilla-Pflanze im warmen Frühlingswind sachte hin und her wogte.
    Brian stieß einen anerkennenden Pfiff aus. »Das Zeug zieht einem die Schuhe aus.«
    Die Vermieterin lächelte bescheiden. »Ich hab sie nicht umsonst Barbara Stanwyck genannt.«
     
    Sie holten sich einen Vorgeschmack auf Barbara Stanwyck. Dann wanderten sie den Hügel hinunter zum Washington Square und setzten sich wie zwei erschöpfte angejahrte Hauskatzen ergeben auf eine Bank in der Sonne.
    Nach langem Schweigen sagte Brian: »Redet sie manchmal mit Ihnen über mich?«
    »Wer? Mrs. Onassis?«
    Brian lächelte matt. »Sie wissen schon.«
    »Na ja …« Mrs. Madrigal biß sich auf die Unterlippe. »Nur über deine außerordentlichen Leistungen auf sexuellem Gebiet und so was … nichts wirklich Persönliches.«
    Brian lachte. »Was für eine Erleichterung.«
    Die Vermieterin sah ihn aus ihren
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