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Stadt ohne Namen

Stadt ohne Namen

Titel: Stadt ohne Namen
Autoren: H.P. Lovecraft
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    nur dieselbe bedrückende Dumpfheit und schwache Andeutungen giftiger Gerüche und Salpeterkonturen auf dem Boden − und ich stelle mir vor, daß viele Fußgänger mir neugierig durch die zerbrochenen Scheiben zugeschaut haben müssen. Schließlich versuchte ich, auf Vorschlag meines Onkels, den Fleck nächtlicherweile zu untersuchen und in einer stürmischen Nacht ließ ich den Strahl einer elektrischen Stablampe über den schimmligen Boden mit 141
    seinen unheimlichen Konturen und mißgestalteten, halb leuchtenden Schwämmen gleiten. Der Ort hatte mich an jenem Abend merkwürdig herabgestimmt, und ich war beinah vorbereitet, als ich sah −oder zu sehen glaubte −, daß sich zwischen den weißlichen Ablagerungen eine besonders scharfe Ausprägung der »zusammengekauerten Gestalt« befand, die ich dort seit meiner Knabenzeit vermutet hatte. Ihre Deutlichkeit war erstaunlich und ohne Beispiel − und als ich hinsah, glaubte ich wiederum die dünne, gelbliche, schimmernde Ausdünstung zu erkennen, die mich an einem regnerischen Nachmittag vor vielen Jahren erschreckt hatte.
    Sie stieg von jenem menschengestaltähnlichen Schimmelfleck beim Herd empor; ein kaum wahrnehmbarer, kränklicher, beinah leuchtender Dampf, der, als er zitternd in der feuchten Luft hing, vage und schockierende Andeutungen einer Form entwickelte nach und nach nebelhaft zerfließend und in die Schwärze des Kaminabzugs hinaufsteigend, einen üblen Gestank hinter sich herziehend. Es war wahrhaft schrecklich und für mich um so mehr, nach allem, wa ich über den Ort wußte. Ich wollte nicht davonlaufen, ich sah, wie er dünner wurde − und als ich ihn betrachtete, sah ich, daß er mich seinerseits gierig mit Augen beobachtete, die mehr denkbar, denn sichtbar waren. Als ich meinem Onkel davon erzählte, war er äußerst aufgeregt, und nach einer Stunde angestrengten Nachdenkens kam er zu einem endgültigen und drastischen Entschluß. Indem er in seinem Geist die Wichtigkeit der Angelegenheit und Bedeutung unserer Beziehung dazu abwägte, bestand er darauf, daß wir beide das Grauen dieses Hauses einer gemeinsamen Nacht oder Nächten angestrengter Wache in dem dumpfen, schwammverseuchten Keller prüfen und wenn möglich, zerstören sollten.
    IV
    Am Mittwoch, dem 25. Juni 1919, brachten mein Onkel und ich zwei Feldstühle und ein faltbares Feldbett, zusammen mit wissenschaftlichen Apparaten, die schwer und kompliziert waren, in das gemiedene Haus, nachdem wir Carrington Harris ordnungsgemäß verständigt hatten, machten aber keine Andeutungen, was wir zu finden erwarteten. Wir brachten alles während des Tages in den Keller, wir dunkelten die Fenster mit Papier ab und planten, am Abend zur ersten Nachtwache zurückzukehren. Wir hatten die Tür vom Keller ins Parterre versperrt und da wir zur äußeren Kellertür einen Schlüssel besaßen, waren wir bereit, unsere teuere und empfindliche Apparatur
    − die wir heimlich und mit großen Kosten erworben hatten − solange hierzulassen, wie wir gezwungen waren, die Nachtwachen auszudehnen. Es war unsere Absicht, gemeinsam bis spät in die Nacht aufzubleiben und dann mit zweistündigen Ruhepausen dazwischen einzeln zu wachen, ich zuerst und dann mein Begleiter, der jeweils zur Zeit unbeschäftigte Teilnehmer sollte sich auf dem Feldbett ausruhen.
    Die selbstverständliche Führerrolle, mit der mein Onkel die Instrumente aus dem Labor der Brown−Universität und der Cranston−Street−Waffenfabrik herbeigeschafft und ganz selbstverständlich die Leitung unseres Abenteuers übernommen hatte, war eine wunderbare Bestätigung der innewohnenden Vitalität und Elastizität eines Mannes von einundachtzig Jahren. Elihu Whipple hatte stets den Hygienevorschriften entsprechend gelebt, die er als Arzt 142
    predigte, und wäre nicht später das Unglück passiert, würde er heute noch im vollen Besitz seiner Kräfte unter uns leben. Nur zwei Personen ahnten, was wirklich passierte − Carrington Harris und ich. Ich mußte es Harris erzählen, weil ihm das Haus gehörte und er Anspruch darauf hatte, zu erfahren, was da aus ihm nun endlich verschwunden war. Noch dazu hatten wir vorher mit ihm über unsere Suche gesprochen; und ich hatte nach dem Tode meines Onkels das Gefühl, daß er es verstehen und mich in lebenswichtigen Erklärungen unterstützen würde. Er wurde sehr bleich, versprach aber, mir zu helfen, und entschied, daß es jetzt ungefährlich sei, das Haus zu vermieten.
    Zu behaupten, wir seien in
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