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Stadt, Land, Mord - Granger, A: Stadt, Land, Mord - Mud, Muck and Dead Things

Titel: Stadt, Land, Mord - Granger, A: Stadt, Land, Mord - Mud, Muck and Dead Things
Autoren: Ann Granger
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dritten Seite stand das einstige Farmhaus, Fenster und Tür vernagelt. Die Bretter waren zu einem hellen Grau verwittert. Jahre mussten vergangen sein, dachte er, seit dieses Haus das Heim einer Familie gewesen war. Heute ließ nur noch ein Haufen Müll in einer Ecke des Hofs vermuten, dass sich überhaupt jemals ein Mensch hierher verirrte. Der Haufen erweckte seine Aufmerksamkeit so sehr, dass er ihn einige Minuten lang untersuchte. Es war eine merkwürdige Mischung aus alten Waschmaschinen, Herden und allen möglichen Dingen aus Metall. Alles rostete leise vor sich hin, und er fragte sich, wie um alles in der Welt es wohl hierhergekommen war. Ob jemand den Kram illegal abgeladen und sich auf diese Weise die Gebühren für die Entsorgung gespart hatte? Obwohl mit dieser Art von Schrott Geld zu verdienen war. Metallschrott, dachte Lucas und schürzte die Lippen. Auch wenn es in diesem Fall der Mühe kaum wert war.
    Es gab eine breite Lücke, wo der Hof an die Straße grenzte. Rechts und links standen verrostete Pfosten schief im Boden. Das schwere Tor, das einst zwischen den Pfosten gehangen hatte, lag wahrscheinlich auf dem Schrotthaufen unter all dem anderen Zeug. Die Pfosten bildeten eine Art Einfahrt und führten das Auge des Betrachters zu seinem geliebten Mercedes in der würdelosen Umgebung. Besser, er versteckte den Wagen. Aber wo?
    Die nächstliegende Möglichkeit war der offene Kuhstall mit dem Wellblechdach direkt vor ihm. Die Blechpaneele hatten sich gelockert und klapperten im böigen Wind, der über die Hügel strich. Er überquerte den Hof und warf einen Blick hinein. Es war nicht viel zu erkennen – das Innere des Stalls war dunkel, und es herrschte ein schwacher Geruch nach den früheren Bewohnern, oder besser gesagt, nach ihren Ausscheidungen. Er unternahm ein paar vorsichtige Schritte ins Innere. Es erschien ihm wenig sinnvoll, einfach den Wagen hineinzufahren und sich vielleicht die Reifen an einem achtlos liegen gelassenen Stück Metall aufzuschlitzen.
    Allmählich gewöhnten sich seine Augen an das Dämmerlicht. Er konnte Stallboxen erkennen. Altes, moderiges Stroh auf dem Boden. Unerwartet spürte er, wie sich in ihm Neugier regte. Was war geschehen, dass dieser einst so geschäftige Ort in solches Elend verfallen war? Mehr noch, brachliegendes Farmland zum richtigen Preis wäre eines Kaufs durchaus wert, falls es ihm gelang, eine Baubewilligung zu erwirken.
    Das war wiederum eine Idee, die ernsthafter Überlegung wert war. Ein solches Projekt war heutzutage weit mehr nach seinem Geschmack als ein kleiner Haufen Schrott. Ein solches Projekt wäre groß und profitabel. Allein um diesen Hof herum konnte man sechs Häuser im Cottage-Stil errichten, vielleicht sogar acht, wenn man sie ein wenig enger zusammenquetschte. Stadtmenschen mit einer romantischen Sehnsucht nach dem Leben auf dem Land mochten so etwas. Sie kämen niemals auf den Gedanken, in der Stadt ein so kleines Heim zu kaufen. Doch hier draußen waren sie bereit, gutes Geld auf den Tisch zu blättern für einen Kaninchenstall mit einem falschen Kamin in der Zimmerecke und einer hübschen »Aussicht«.
    Er stellte sich diese begehrenswerten Behausungen vor: Erbaut aus Cotswold-Stein (nicht dem echten, sondern einer billigen Imitation), spitze Holzdächer über den Eingangstüren und ein Parkbereich für alle Bewohner. Individuelle Garagen erhöhten nur die Kosten und nahmen wertvollen Platz ein. Zögernd, beinahe widerwillig verdrängte er die Vision von einer lukrativen Investition aus seinen Gedanken. Lucas war nicht hergekommen, um nach Bauland zu suchen, auch wenn er sich rühmte, ein Auge für Gelegenheiten zu haben. Einige der besten Geschäfte seiner Karriere hatten so ihren Anfang genommen: eine zufällige Begebenheit, eine rasche Entscheidung. Eine Lücke sehen und sich darauf stürzen.
    Er drang tiefer in den Stall vor. Hinter ihm stand der silbergraue Mercedes als Silhouette eingerahmt im Freien, und Lucas hatte das Gefühl, als gehörte der Wagen in eine andere Welt als die, die er nun betreten hatte – eine »Dadraußen«-Welt, die zwar unangenehm, aber normal war. Er hatte eine »Hier-drin«-Welt betreten, in der andere Regeln galten, und er war nicht ganz sicher, was das für Regeln waren. Einen kurzen Moment lang überkam ihn die irrationale Angst, nicht zurückkehren zu können, abgeschnitten zu sein, von dem Moment an, als er den unwiderruflichen Schritt über die Schwelle des Kuhstalls gemacht hatte, unter das
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