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Stadt, Land, Kuss

Stadt, Land, Kuss

Titel: Stadt, Land, Kuss
Autoren: Cathy Woodman
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dreht sich um und bleckt mit einem wütenden Fauchen die Zähne, aber er schlägt nicht nach mir. Er ist so mager, dass er wahrscheinlich keine Kraft mehr dafür hat.
    Er lässt zu, dass ich ihn am Nacken packe und hochhebe – ein Bündel aus Haut, Knochen und verfilztem Fell. Ich halte ihn schützend an meine Brust und trage ihn zum Wagen. Dort setze ich ihn in den Fußraum, und er heult ängstlich auf, als riefe er die Katzengötter auf der anderen Seite des Grabes an. Dann fahre ich los, doch ich fürchte, es wird seine letzte Reise.
    Emma sitzt am Empfang.
    »Alles in Ordnung?«, fragt sie, als sie vom Tresen aufschaut.
    »Kann man so nicht sagen.« Ich zeige ihr das Tier in meinen Armen. »Das ist eine von Glorias Katzen. Erinnerst du dich an Ginge?«
    »Er hat mich in den Daumen gebissen.« Emma lächelt wehmütig. »So wie er aussieht, können wir wohl nur noch eines für ihn tun. Soll ich dir helfen?«
    »Ich gebe ihm noch vierundzwanzig Stunden Schonfrist«, entgegne ich.
    »Du bist ziemlich optimistisch.«
    Ich nehme ihn mit nach hinten in den Isolierbereich, wo Emma mir hilft, ihm einen Tropf zu legen, ihm einen Medikamentencocktail einzuflößen und ihm die erste Tablette der neuen Kur gegen seine Schilddrüsenüberfunktion zu geben. Er faucht, als ich ihn auf eine flauschige Unterlage lege und die Käfigtür schließe.
    »Was sollen wir denn mit ihm machen, wenn er sich wieder erholt?«, fragt Emma.
    Er mag mich anfauchen, er mag mich hassen, doch Gloria hat in ihrem Herzen einen Platz für ihn gefunden, und wenn sie das konnte, dann kann ich es auch. Ich habe immer gesagt, ich würde nach King nie wieder eine andere Katze haben wollen, aber wenn Ginge durchkommt, werde ich ihn behalten.
    »Ich werde mich um ihn kümmern«, sage ich.
    »Du? Du hast doch nicht einmal eine Wohnung, geschweige denn genug Platz für ein Haustier.« Emma hält inne, eine Hand in die Hüfte gestemmt. »Andererseits … wenn du dich endlich dazu durchringen könntest hierzubleiben … Ich verstehe nicht, wo dein Problem liegt. Wenn du mir angeboten hättest, in deine Praxis einzusteigen, hätte ich mit Kusshand zugesagt.«
    »Ich weiß.« Ich beobachte Ginge, der sich in die hinterste Ecke seines Käfigs drückt. Ich würde zu gern ja sagen, aber ich kann nicht. Es ist keine Frage des Geldes, und es liegt auch nicht daran, dass ich mich hier als Außenseiter fühlen würde. Meine Kehle schnürt sich zusammen. Ich muss eine Lösung für mein Problem finden, denn je länger ich darüber nachdenke, desto lieber will ich bleiben.

23
     

Die Magie der Tiere
     
    Ich sitze einen Großteil der Nacht neben Ginges Käfig und denke nach. Wenn ich seinen Tropf neu einstelle, beißt er mich – aber nur ganz sanft. Ein Pseudobiss ohne Zähne. Als der Morgen dämmert, sitzt er auf meinem Schoß, ein schnurrendes Skelett mit kahlen Stellen, wo ich die schlimmsten Verfilzungen wegscheren musste. Es fällt mir schwer, ihn zurück in den Käfig zu setzen, denn sobald er eingesperrt ist, fängt er wieder an zu schimpfen. Ich lächle. Er wird sich wieder erholen – es steckt noch genug Kampfgeist in ihm.
    Ich habe Ginges Vertrauen gewonnen, doch bei meiner Suche nach einer Möglichkeit, Izzys Vertrauen wiederzugewinnen, bin ich keinen Schritt weitergekommen. Ich muss mit ihr reden. Schließlich habe ich nichts zu verlieren.
    Anfangs ist noch zu viel los. Frances sitzt am Empfang und vereinbart Termine. Die Leute scheinen in Scharen zurückzuströmen, seit Emma wieder da ist. Mit einem Paket Doughnuts gegen ihre Morgenübelkeit sitzt Emma mit Nigel im Büro und sieht die Abrechnungen durch, während Izzy mit Reihen von stählernen Futternäpfen auf dem Arm durch die Gegend flitzt wie eine Kellnerin in einem schicken Restaurant. Raffles und ein paar der Katzen und Nager sind noch immer bei uns und warten auf ein neues Zuhause. Ugli-dog lebt inzwischen bei einer der Langzeit-Pflegefamilien des Talytoner Tierschutzvereins.
    Plötzlich geht mein Piepser los, und ich höre lautes Rufen und Türenschlagen. Frances stößt die Tür zur Station auf und lässt Chris herein, der einen in ein blutbeflecktes Handtuch gewickelten Hund auf dem Arm trägt.
    »Notfall!«, ruft sie. »Ist ein Tierarzt in der Nähe?«
    »Oh Gott.« Izzy wird bleich und lässt den letzten Napf fallen, ehe sie zum Behandlungstisch rennt, wo Chris gerade sein Bündel auswickelt. Ihre Stimme schwillt zu einem Kreischen an. »Das ist ja Freddie!«
    »Jemand hat Müll auf einem
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