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Stadt, Land, Kuss

Stadt, Land, Kuss

Titel: Stadt, Land, Kuss
Autoren: Cathy Woodman
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glaube, sie mag mich nicht.
    Ich wate durch einen Schlamm, wie man ihn auf den Hochglanzbildern in Country Living nie zu sehen bekommt – wahrscheinlich retuschieren sie das alles raus. Dann entdecke ich eine Baumwurzel, kralle mich daran fest und ziehe mich mühsam aus dem Graben. Auf allen vieren krieche ich durch das dornige Gestrüpp auf der anderen Seite, bis ich auf einem Weg rauskomme, wo wie aus dem Nichts ein riesiges Pferd auf mich zurast. Ich weiß nicht, ob es an meinem überraschenden Auftauchen liegt oder an der Taube, die gerade wild flatternd aus den Büschen auffliegt, aber ohne Vorwarnung bremst das Pferd plötzlich ab und schwingt sich zur Seite, sodass der Reiter fast über seinen Hals fliegt.
    »Ho, ganz ruhig …« Der Mann rutscht zurück in den Sattel, nimmt die Zügel auf und dreht das Pferd zu mir herum. Die hellbraune Stute versucht erneut zu steigen und wehrt sich gegen die Trense. Der Reiter starrt mich an, seine Lippen sind schmal vor Zorn, und seine Augen funkeln wütend unter der Kappe hervor. »Stehen Sie auf!«, herrscht er mich an.
    »Ich?« Meine Wangen brennen vor Verlegenheit.
    »Sehen Sie sonst noch jemanden?«
    Widerwillig rappele ich mich auf. Nicht genug damit, dass dieser Kerl mich fast umgebracht hätte, er hat auch vergessen, bitte zu sagen. »So besser?«
    »Jetzt sieht sie, dass Sie eine halbwegs menschliche Gestalt sind und keine seltsame Kreatur aus Shrek .«
    Die Stute kommt ein paar Schritte auf mich zu. Ich sehe, wie der Reiter seine Finger um den Zügel schließt und wieder lockert und mit dem Gebiss in ihrem Maul spielt. Außerdem fällt mir auf, dass die Ärmel seines Polo-Shirts hochgekrempelt sind und den Blick auf zwei leicht gebräunte Unterarme freigeben. Seine Reithose liegt so eng an seinen muskulösen Schenkeln an, dass es definitiv unanständig wirkt. Er sieht umwerfend aus, und das weiß er auch ganz genau.
    Sein Blick fällt auf meine schlammverkrusteten Beine, und seine Lippen verziehen sich zu einem spöttischen Lächeln. »Was ist denn mit Ihnen passiert?«
    »Ich suche einen Hund.« Schwach deute ich auf Miffs Halsband und Leine, die nutzlos um meinen Hals hängen.
    »Welche Rasse?«
    »Ein Border Terrier.« In der Ferne kann ich das wütende Bellen eines Hundes hören, der Hasen jagt. Das Geräusch kommt näher. »Ich glaube, das ist sie.«
    »Ein Terrier? Terrorist wäre wohl eher angebracht, so wie sich das anhört.«
    Plötzlich verstummt das Bellen, und ein kleiner brauner Hund kommt aus dem Dorngestrüpp am Wegrand auf uns zugelaufen. Die Stute bläht die Nüstern und kaut hektisch auf ihrem Gebiss herum. Schaumflocken tropfen auf ihre schlanke Brust.
    »Sorgen Sie in Zukunft gefälligst dafür, dass er nicht mehr wegläuft.«
    »Sie gehört mir doch gar nicht«, verteidige ich mich, während Miff mit eingezogenem Schwanz auf mich zukriecht.
    »Mir doch egal.« Die Stute stampft mit dem Huf auf und scharrt eine tiefe Furche in den Weg. »Und Ihnen rate ich, vorher einen Blick auf die Karte zu werfen, ehe Sie das nächste Mal teichschwimmen oder sumpfschnorcheln gehen, oder was auch immer Sie da treiben. Das hier ist kein öffentlicher Weg.«
    »Oh! Das tut mir leid«, stottere ich. Seine selbstsichere – nein, herablassende – Art schüchtert mich ein und drängt mich in die Defensive.
    »Sie befinden sich hier auf Privatgelände«, fährt er fort. »Der öffentliche Weg verläuft am Flussufer entlang auf der anderen Seite des Feldes. Das hier ist die alte Bahntrasse.«
    »Das war mir nicht bewusst …«
    »Unwissenheit schützt vor Strafe nicht«, fährt mir der Reiter über den Mund.
    Seine Unhöflichkeit macht mich wütend, und das verleiht mir neuen Mut. Normalerweise würde ich in einer solchen Situation keine Diskussion anfangen, aber dieser Kerl bringt mich in Rage.
    »Hören Sie, ich habe den Hund wieder angeleint, und ich habe mich entschuldigt. Es gibt wirklich keinen Grund, so unfreundlich zu sein – schließlich gehört Ihnen der Weg ja auch nicht.«
    »Doch, ich würde sagen, das tut er.« Der Reiter wendet seine Stute. »Ich hoffe, ich sehe Sie hier nie wieder. Wenn mein Vater Sie erwischt hätte, hätte er Sie und den Hund erschießen lassen«, verabschiedet er sich in sarkastischem Ton. Dann gräbt er dem Pferd die Fersen in die Flanken und galoppiert so schnell davon, dass Schlacke und Staub aufspritzen und die Hufeisen in der Sonne blitzen.
    Ich schimpfe leise mit Miff, während ich ihr das grellbunte Stoffhalsband, das
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