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Staatsverschuldung

Staatsverschuldung

Titel: Staatsverschuldung
Autoren: Aloys Hanno u Prinz Beck
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wirken.
    – Ein letzter Punkt ist in diesem Zusammenhang erwähnenswert. Selbst wenn der Staat in einer Rezession die Ausgaben nicht aktiv durch besondere Ausgabenprogramme erhöht, so kann dennoch ein schuldenbasierter Mechanismus zum Tragen kommen, den man als
automatischen Stabilisator
bezeichnet:In einer rezessiven Konjunkturphase sinkt ja nicht nur das Sozialprodukt, sondern auch die Steuereinnahmen gehen zurück. Hält der Staat in dieser Phase seine Ausgaben bei sinkenden Einnahmen konstant (dies ist aus konjunkturpolitischer Sicht notwendig, um den Nachfragerückgang nicht noch zu verstärken), dann ergibt sich quasi von selbst ein Finanzierungsdefizit, das durch Verschuldung gedeckt werden muss. Diese konjunkturelle Verschuldung wird aber ebenfalls quasi automatisch mit dem folgenden Konjunkturaufschwung wieder vollständig eliminiert, sofern die dann wieder reichlicher fließenden Steuermehreinnahmen nicht für zusätzliche Ausgaben verwendet werden.
    Diese Punkte weisen den Weg zu einer wichtigen Unterscheidung staatlicher Schulden: Ist die Verschuldung konjunktureller Natur, so ist sie vorübergehend – sie entsteht in Krisenzeiten und wird in guten Zeiten wieder abgebaut. Daher ist die konjunkturelle Verschuldung auf lange Frist eigentlich unproblematisch. Anders verhält es sich mit demjenigen Teil der Verschuldung, der auf Dauer angelegt ist. Allerdings kann – wie wir im vorherigen Abschnitt gesehen haben – auch dauerhafte Staatsverschuldung gerechtfertigt sein, wenn damit rentable Investitionen oder einmalige Ereignisse finanziert werden.
    Es gibt also Teile der Staatsverschuldung, die sachlich gerechtfertigt und ökonomisch unproblematisch sind – aber was ist mit den Restposten? Die restliche Verschuldung, die nicht aus diesen Motiven heraus getätigt wird, bezeichnen Ökonomen als
strukturelle Verschuldung:
das sind die Schulden, die langfristig zu einem Problem werden können.
    Die Höhe der strukturellen Verschuldung zu berechnen ist schwieriger, als es den Anschein hat. Der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Lage (die so genannten Wirtschaftsweisen) hat dazu das Konzept des strukturellen Defizits entwickelt, das den Konsolidierungsbedarf des Staates anzeigen soll[ 9 ]. Konkret werden in einem ersten Schritt aus den Einnahmen und Ausgaben der öffentlichen Haushalte einmalige
Sondereffekte
herausgerechnet, die auf außergewöhnlicheEreignisse zurückzuführen sind. Solche einmaligen Sonderausgaben stellen keinen wirtschaftspolitischen Handlungsbedarf dar, da sie nicht zu einem dauerhaften Anstieg der Staatsverschuldung führen. Im zweiten Schritt werden die staatlichen Einnahmen und Ausgaben um
konjunkturelle Einflüsse
bereinigt, da sich diese über den Konjunkturzyklus hinweg ausgleichen, sich also daraus resultierende Defizite automatisch abbauen.
    Wie sehen die konjunkturellen Einflüsse auf die Staatsausgaben und -einnahmen aus? Im Einzelnen gibt es folgende Konjunktureffekte:
    –
Steuern
unterliegen konjunkturellen Einflüssen: Vor allem die gewinnabhängigen Steuern, allen voran die Körperschaftsteuer und die Gewerbesteuer, sinken in konjunkturell schlechten und steigen in guten Zeiten, im Gleichschritt mit den Unternehmensgewinnen. Ähnliches gilt für die Einnahmen aus der Lohnsteuer und für die übrigen Steuern vom Einkommen (veranlagte Einkommensteuer, nicht veranlagte Steuern vom Ertrag, Zinsabschlag und anteiliger Solidaritätszuschlag). Weniger konjunkturanfällig ist demgegenüber die Umsatzsteuer, die in erster Linie den privaten Konsum belastet.
    – Die Beiträge zu den
Sozialversicherungen
unterliegen auch konjunkturellen Schwankungen. Ein gutes Beispiel ist die Arbeitslosenversicherung: Im Aufschwung steigt die Beschäftigung, daher steigen die Zahl der Beitragszahler und damit die Einnahmen. Im Abschwung erhöht sich die Arbeitslosigkeit, höhere Zahlungen der Arbeitslosenversicherung sind die Folge. Aufgrund dieser Funktionsweise wird die Arbeitslosenversicherung auch als
automatischer Stabilisator
bezeichnet: In Krisenzeiten steigen die Ausgaben der Arbeitslosenversicherung, was die Einkommen der Bürger stabilisiert und damit dem Nachfrageausfall entgegenwirkt. In guten Zeiten entzieht sie den Arbeitnehmern Einkommen und wirkt damit einer Überhitzung der Wirtschaft entgegen.
    – Konjunkturbedingte zusätzliche Ausgaben entstehen dem Staat in einer Krise durch Arbeitsmarktinstrumente wie beispielsweise das Kurzarbeitergeld.
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