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Splitterwelten 01 - Zeichen

Splitterwelten 01 - Zeichen

Titel: Splitterwelten 01 - Zeichen
Autoren: Michael Peinkofer
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auch ihre bitteren Tränen änderten nichts daran, dass auf jener fernen, bitterkalten Welt geschehen war, was niemals hätte geschehen dürfen.
    »Frevel!« Graia, die Älteste der dreizehn, raufte sich das ergraute Haar. »Der Pakt wurde gebrochen!«
    Zustimmende Rufe wurden laut, das Entsetzen schlug in Empörung um. Geduld und Gleichmut, die notwendigen Voraussetzungen für ein ausgewogenes Urteil, drohten verloren zu gehen angesichts der schrecklichen Nachricht.
    »Der Pakt wurde gebrochen, in der Tat«, verschaffte sich deshalb Meisterin Cedara Gehör, deren besonnenes Wesen von allen geschätzt wurde. Das satte Königsblau ihrer Robe bot selbst im Fackelschein einen auffälligen Kontrast zum Grau und Schwarz ihrer Mitschwestern. »Doch sollten wir abwarten, was unsere Erhabene Schwester uns weiter zu sagen hat.«
    Die Aufregung legte sich daraufhin ein wenig, nicht weil die Frauen sich beruhigt hätten, sondern aus Respekt vor ihrer geistigen Führerin. »Ich danke dir, Schwester Cedara, für deine Worte«, ließ diese sich wieder vernehmen. »So großes Verständnis ich für Eure Wut hege, geliebte Schwestern, und sosehr auch mein Innerstes in Aufruhr ist über diese frevlerische Untat, rate ich dennoch zur Besonnenheit. Zorn und Rachsucht sind schlechte Ratgeber, die das Gleichgewicht stören und die Vernunft verstummen lassen.«
    »Das ist wahr«, räumte Meisterin Graia ein. »Dennoch kann die Gilde es nicht einfach hinnehmen, wenn eine der Ihren getötet wird. Offenbar haben wir den Lügen und Schmähreden, die man über uns verbreitet, zu lange tatenlos beigewohnt. Nun haben sie furchtbare Wirkung gezeitigt.«
    Wieder gab es Zustimmung, und erneut war es Cedara, die einen Einwand erhob.
    »Solange es die Gilde gibt«, gab sie zu bedenken, »wurde sie mit Neid und Missgunst bedacht. Daran ist nichts Neues.«
    »Wollt Ihr leugnen, dass die Aggression gegen unsere Schwesternschaft in den vergangenen Zyklen zugenommen hat? Habt Ihr nicht gehört, was die Erhabene Schwester gesagt hat?«
    »Ich habe es gehört«, versicherte Cedara. »Doch solange wir nicht wissen, was dort auf jener fernen Welt tatsächlich vorgefallen ist, sollten wir keine voreiligen Schlüsse …«
    »Voreilige Schlüsse? Eine der Unseren wurde getötet, und Ihr sprecht von voreiligen Schlüssen?« Der helmartige Schopf, zu dem Graia ihr langes graues Haar gebunden hatte, bebte vor Empörung. »Ich glaube, Schwester, dass Ihr es Euch ein wenig zu leicht macht. Meisterin Glennara wurde nicht das Opfer eines tragischen Unglücks! Zu allen Zeiten wurden wir angefeindet und geschmäht, das ist wahr, aber nie zuvor hat es jemand gewagt, die Hand gegen uns zu erheben. Was, so frage ich Euch, geliebte Schwestern, wird als Nächstes geschehen? Womöglich wird auch auf anderen Welten schon bald unser Blut fließen!«
    Das Entsetzen, in das sie diese Vorstellung stürzte, war den meisten der Gezählten deutlich anzusehen. Lediglich Cedara bewahrte zumindest äußerlich ihre Gelassenheit – und Harona, deren schmale, von Askese gezeichneten Züge kaum jemals eine Gefühlsregung erkennen ließen.
    »Sehr richtig«, pflichtete sie Graia ruhig, aber entschieden bei. »Was auf Jordråk geschehen ist, sollte uns eine Warnung sein – eine Warnung der Schöpferin, den Veränderungen, die allenthalben vor sich gehen, nicht weiter tatenlos zuzusehen.«
    »Von was für Veränderungen sprichst du«, fragte Cedara.
    »Als ob du das nicht wüsstest!« Eisige Blitze schienen aus Haronas gletscherblauen Augen zu schlagen. »Muss ich ausgerechnet dir sagen, was auf den Außenwelten vor sich geht? Dir von den Unruhen erzählen? Von den blutigen Fehden, die dort vor sich gehen?«
    »Wenn ich mich recht entsinne«, konterte Cedara, »haben wir selbst diese Fehden stets gutgeheißen, so lange sie unseren Zwecken dienten …«
    »Das war zu einer anderen Zeit! Nordath Durandor war ein großer Herrscher, der es verstand, die Welten des Sanktuarions im Gleichgewicht zu halten und den Schwestern der Gilde zuverlässigen Schutz zu gewähren. Sein Sohn jedoch ist durch und durch verkommen. Unter seiner Herrschaft ist Tridentia ein Hort der Unzucht und des Lasters geworden – wen will es da verwundern, wenn das Reich in Auflösung begriffen ist und die Gesetze des Paktes, die uns über so viele Zyklen geschützt und bewahrt haben, keine Gültigkeit mehr besitzen?«
    Cedara unterdrückte ein Seufzen. »Wir alle wissen, Schwester, dass du kein Parteigänger König Ardaths
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