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Splitterwelten 01 - Zeichen

Splitterwelten 01 - Zeichen

Titel: Splitterwelten 01 - Zeichen
Autoren: Michael Peinkofer
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Prophezeiung die Rede ist, ist eingetroffen: die Übergriffe der Skolls, die Ermordung deiner Meisterin, die Eroberung von Thulheim. Also muss auch der Rest der Wahrheit entsprechen, und ich hege keinen Zweifel, dass du diejenige bist, die uns mithilfe dieses Schildes vor weiterem Unheil bewahren wird.«
    »Ich?« Sie schüttelte den Kopf und hob abwehrend die Hände. »Aber ich weiß doch nichts von diesen Dingen. Ich kann unmöglich diejenige sein, nach der ihr sucht.«
    »Du musst es sein, eine andere Möglichkeit gibt es nicht! Von einer Fremden ist die Rede …«
    »Fremd bin ich auf dieser Welt, das stimmt«, räumte Kalliope ein, »aber ich weiß nichts über diesen Schild. Noch nicht einmal über das Zeichen, das darauf abgebildet ist!«
    »Du sagtest aber, es wäre dir bekannt …«
    »Ja«, ächzte Kalliope, »weil ich es auf der Brust eines Mannes gesehen habe, der mich während der Überfahrt nach Jordråk … vergewaltigen wollte! Es wäre mir lieber gewesen, ich hätte es nie zu Gesicht bekommen!«
    Das hoffnungsfrohe Lächeln gefror auf den Zügen des Prinzen. »Es schmerzt mich, dass du das erleben musstest. Aber die Prophezeiung irrt nicht«, beharrte er hilflos. »In so vieler Hinsicht hatte sie recht …«
    »Vielleicht trifft sie auch hier zu«, räumte Kalliope ein, »aber hast du je daran gedacht, dass jemand anders als ich gemeint sein könnte? Womöglich war Meisterin Glennara die hohe Dame, die getötet wurde, und Meisterin Cedara diejenige, von der die Prophezeiung spricht! Oder ich hätte getötet werden sollen, und Meisterin Cedara …«
    »Genug!«, rief er und riss abwehrend die Hände hoch. »Du bringst alles in Verwirrung!«
    »Die Dinge sind bereits verworren, Erik«, stellte Kalliope klar, »niemand vermag sie mehr zu durchschauen. Glaubst du, es ginge mir anders als dir? Ich bin entsetzt über das, was ich gesehen und herausgefunden habe, und ich weiß nicht mehr, wohin ich gehöre. Nur eines weiß ich sicher, nämlich dass ich nicht eure Retterin bin, sondern nur eine einfache Levitatin – und womöglich noch nicht einmal das.«
    »Aber du …« Es war schrecklich für sie zu sehen, was ihre Worte in seinem Gesicht anrichteten. Eriks Züge waren aschfahl geworden, Traurigkeit sprach aus den graublauen, sonst so zuversichtlich blickenden Augen.
    »Es tut mir leid«, flüsterte sie.
    »Dann ist alles verloren«, erwiderte er leise.
    Einige Augenblicke lang stand er nur da, das Haupt gesenkt und scheinbar unfähig, ein Wort zu sprechen. Dann, in einer Reaktion, die Kalliope so nicht erwartet hatte, warf er sich in hilfloser Wut gegen die Säule aus Eis.
    »Was … was tust du?«
    »Der Schild«, stieß er hervor, während er sich abermals gegen die schimmernde Säule warf, die sich jedoch nicht rührte. »Wenn die Gilde ihn so unbedingt haben will, soll sie ihn bekommen. Für uns ist er nutzlos geworden.«
    Wieder warf er sich mit einem dumpfen Aufschrei dagegen, aus dem sein ganzer Schmerz und seine Enttäuschung herauszuhören waren, aber wieder gab das Eis nicht nach. Dafür knackten Eriks Schulterknochen.
    »Halt ein!«, rief Kalliope. »Was hast du vor?«
    »Den Schild gegen meinen Vater eintauschen«, presste Erik hervor. »Vielleicht kann uns das Ding wenigstens auf diese Weise nützlich sein.« Wieder warf er sich dagegen. Es krachte, und er schrie auf vor Wut und Schmerz, aber das Eis zeigte noch nicht einmal Sprünge.
    »Erik, nicht«, bat Kalliope, die sich schlecht und schuldig fühlte. »Du wirst dich verletzen!«
    »Und? Wem schadet es? All dies hier wird in Kürze ohnehin nicht mehr existieren!«
    Wieder rannte er in ohnmächtiger Wut gegen die Säule an, gerade so, als wollte er sich für seine eigene Naivität bestrafen. Diesmal zog er sich blutige Schrammen an den Händen zu, der Anblick des Blutes, das am Eis haften blieb und sofort gefror, schien ihn mit grimmiger Genugtuung zu erfüllen. Er holte tief Luft und trat einige Schritte zurück, bereit, sich ein weiteres Mal gegen das Hindernis zu werfen – als Kalliope vortrat und ihm den Weg versperrte.
    »Lass mich«, schnaubte er.
    »Bleib zurück«, wies sie ihn an. »Zumindest dabei kann ich dir helfen.«
    Sie wandte sich der Schildsäule zu und schloss die Augen, und obschon ihr Innerstes in Aufruhr war, bereitete es ihr keine Schwierigkeit, ihr arcanum zu finden, den Ort ihrer Kraft – vielleicht, weil sie es unbedingt wollte. Vor ihrem geistigen Auge sah sie die Säule, versenkte sich tief hinein, bis
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