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Spitze sein, wenn's drauf ankommt

Spitze sein, wenn's drauf ankommt

Titel: Spitze sein, wenn's drauf ankommt
Autoren: Mathias Herzog
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etwas verbessern. Gleichgültig, wie belastend und entmutigend deine aktuelle Situation ist, du kannst sie verbessern.
    Schaue immer nach vorne!
    Es ist der 28. Februar 1982. Als jüngstes Kind einer Familie mit noch zwei älteren Brüdern wird ein kleines Mädchen am Bodensee geboren. Ihre Eltern betreiben einen Biobauernhof. Für das blonde Mädchen ist Sport bereits früh ihr Ein und Alles. Es gibt praktisch nichts, was sie als Kind auslässt. Sie macht Judo, Leichtathletik, reitet, fährt Rollschuh und Rad und klettert mit ihren großen Brüdern auf Bäume und die Dächer der Nachbarhäuser. Alles gemäß ihres Lebensmottos: "Man muss einfach alles ausprobieren". Wie es sich für eine echte Bayerin gehört, fährt sie selbstverständlich Ski im Winter. Als sie mit 13 Jahren zum ersten Mal auf Langlauf-Skiern steht, später auch in Verbindung mit dem Schießen, weiß sie: „Biathlon ist mein Sport!“ Schnell feiert sie einen Sieg nach dem anderen.
    Bereits drei Jahre später mit 16 Jahren tritt sie 1998 in Nagano bei den Olympischen Spielen an und gewinnt eine Goldmedaille. Doch diese Spielesind anders – es sind die paralympischen Spiele. Diese junge Frau besitzt ein Handicap. Vor ihrem Blick liegt nur ein heller Schleier – sie ist blind, seit ihrer Geburt. Wie bei einem ihrer Brüder ist eine seltene Erbkrankheit dafür verantwortlich. Ein genetischer Defekt, von dem die Eltern nichts wussten, weil es bisher in der Familie nicht vorgekommen ist. Dennoch gibt es einen gesunden Umgang mit der Behinderung und die Geschwister werden ganz normal erzogen. Es ist halt nicht zu ändern. Das Beste daraus machen, wird zum Motto: „Immer nach vorne schauen“, sagen sie.
    Die junge Frau wird zum weiblichen Superstar im deutschen Behindertensport. Es folgen weitere sechs Goldmedaillen, 2002 in Salt Lake City und 2006 in Turin, sowie Weltmeister- und Europameistertitel als auch mehrere Weltcup-Gesamtsiege. Sie wird vom Deutschen Behindertensportverband 2006 zur Sportlerin des Jahres gewählt und das ZDF zählt sie zu den 100 besten deutschen Sportlern des Jahrhunderts.
    Verlust der Unbesiegbarkeit
    Sie scheint unbesiegbar – bis zum 10. Januar 2009. Die Deutschen Meisterschaften der Athleten mit Handicap im Biathlon und Langlauf in Nesselwang stehen an. Die blonde Ausnahmesportlerin liegt über zwölf Kilometer Langlauf gut im Rennen. Sie läuft einen Anstieg hinauf. Es folgt eine Abfahrt. Routine für die siebenfache Paralympics-Siegerin. Doch an diesem Tag folgt das falsche Signal ihres Begleitläufers. Der Begleitläufer – auch Guide genannt – läuft im Abstand von ca. drei Metern vor und ruft alle drei Sekunden Kommandos wie „Hopp, hopp, auf drei rechts“, „Hopp, auf neun links“, um die Laufrichtung anzusagen. Hindernisse, Orientierung, Richtungswechsel – nur durch seine Kommandos weiß sie, was sie auf der Strecke als Nächstes zu tun hat. Die Läuferin und der Begleitläufer vertrauen sich blind. An diesem schönen Wintertag wird ihr das jedoch zum Verhängnis. „Er hat links und rechts verwechselt“, sagt sie. Unkontrolliert stürzt sie drei Meter einen Abhang hinunter. Verknotet fühlt und krümmt sie sich im Schnee und alles liegt in Trümmern, der Körper, ihre Seele. 78 Diagnose: Kreuzbandriss im rechten Knie, Prellungen, Fingerverletzungen. Da die Schmerzen im Bauch und Rücken anhalten, wird sie eingehend untersuchtund eine Unterversorgung der rechten Niere festgestellt. Die notwendige Operation scheitert und sie verliert die Niere, wie das Vertrauen in ihren Begleitläufer. Die außergewöhnliche Karriere scheint beendet, eine Rückkehr undenkbar und damit auch das Ziel Olympia 2010 in weite Ferne gerückt.
    Das tiefste Tal der Sportlerkarriere
    Eine Welt ist zusammengebrochen für die Spitzenathletin. Regungs- und wortlos liegt sie wochenlang auf dem Sofa der Eltern. Ihr innerer Motor und unbändiger Wille, die sie seit ihrer Kindheit angetrieben haben, stehen still. Sie hat sich fast aufgegeben. Doch Ende Mai 2009 steht ein Jugendfreund samt Tandem vor der Tür, um mit ihr in die Pedale zu treten. Sie steigt hinten auf und sie fahren einen Berg hinunter – „mit 55, 60 Sachen.“ Am Abend freut sie sich, dass der Körper keinen Alarm mehr funkt. Dennoch wartet weiterhin ein Gegner – die Angst.
    Du erinnerst dich sicher an Situationen, wenn du im Dunkeln durchs Haus läufst. Dein Kopf betätigt eine Bremse, du streckst die Hände nach vorn, suchst Halt. Genauso geht es blinden
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