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Spiel mit dem Tod (German Edition)

Spiel mit dem Tod (German Edition)

Titel: Spiel mit dem Tod (German Edition)
Autoren: Anne Gold
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gehört. Ich weiss, ich schwafle dummes Zeug. Haben Sie Kinder, Herr Ferrari?»
    «Nein, das heisst, meine Freundin hat eine Tochter, die ich sehr liebe.»
    «Und wie alt ist sie?»
    «Sie wird in diesem Jahr zwölf.»
    «Dann steht Ihnen der gleiche Abnablungsprozess in einigen Jahren noch bevor. Edith ist mein einziges Kind. Ich liebe sie abgöttisch. Plötzlich taucht aus dem Nichts irgendeiner auf und macht sie mir streitig. Damit konnte ich mich nicht abfinden. Ich wollte sie mit diesem …, diesem Rivalen nicht teilen.»
    Ferrari schmunzelte. Er wachte bereits jetzt mit Argusaugen über Nicole. Auf dem gemeinsamen Weg zur Schule versuchte er sie immer auszuhorchen, wer denn im Augenblick der erklärte Favorit sei.
    «In dieser Zeit war ich absolut unausstehlich. Meine Gefühlswelt ging mal rauf, mal runter. Dabei schaut sie regelmässig bei uns rein. Wir gehen mindestens zwei Mal pro Woche mittags essen. Und ihr Freund ist ein prima Typ. Trotzdem kam ich mit der Situation nicht zurecht. Ich war sehr labil. Das hat Christina wohl beunruhigt.»
    «Da verstehen Sie etwas falsch, Herr Rost. Ihre Frau ist nicht besorgt, weil Sie mit dem Ablösungsprozess Mühe hatten, sondern weil Sie, wie sagte sie doch gleich, weil Sie systematisch Ihre Unterlagen ordnen. Es geht um das Testament und darum, dass Sie alle Versicherungen neu geregelt und Ihre Frau gebeten haben, die Einzahlungen zu erledigen.»
    Hans Rost schlug sich gegen die Stirn.
    «Das Testament! Ja, natürlich. Und die Einzahlungen! Jetzt wird mir einiges klar.»
    «Sie können zu meiner Klärung beitragen, indem Sie mir sagen, wie Sie das Ganze sehen.»
    «Ich steckte eine Zeit lang in einer tiefen Krise. Im Beruf müsste ich eigentlich in die Oberzolldirektion wechseln, um noch weiter vorwärts zu kommen. Aber das will ich nicht.»
    «Und weshalb nicht?»
    «Mein oberster Chef sieht mich schon längst in der Direktion. Aber da bin ich nicht mehr an der Front. Ein reiner Bürojob. Das halt ich nie und nimmer aus. Ich brauche den direkten Kundenkontakt. Und das heisst Verzicht auf eine Beförderung. Damit habe ich mich längst abgefunden. Nein, das stimmt nicht. Nicht abgefunden, aus freien Stücken gewählt.»
    Ferrari nickte. Das gleiche Gespräch hatte er vor einigen Monaten mit Regierungsrat Schneider geführt, der ihn zu sich in den Spiegelhof holen wollte. Der Kommissär hatte sich sehr intensiv mit dieser Beförderung auseinandergesetzt. Nach mehreren Gesprächen mit dem derzeitigen Amtsinhaber, der kurz vor der Pensionierung stand, wurde ihm klar, dass er der Verlockung eines besseren Postens und eines überaus vorzüglichen Gehalts nicht nachgeben würde. Er war nicht dafür geschaffen, den ganzen Tag am Bürotisch zu verbringen oder sich mit Politikern bei Diskussionen in der Öffentlichkeit oder bei gemeinsamen Mittagessen herumzuschlagen. Ferrari musste am Puls des Geschehens sein, immer wie ein Jagdhund mit der Nase im Wind des Verbrechens. Da war er wieder, der Vergleich mit dem Hund. Am Schreibtisch würde er wie eine Primel eingehen.
    «Und trotzdem befinden Sie sich in einer Krise», stellte Ferrari sachlich fest.
    «Befand», korrigierte Hans Rost. «Inzwischen habe ich meinen Weg gefunden. Das klingt irgendwie pathetisch. Aber es ist genauso gemeint, wie ich es sage.»
    «Das sieht Ihre Frau anders.»
    «Wegen dem Testament und den Finanzen?»
    «Ja. Und wegen Ihren Gemütsschwankungen, die Sie seit längerem haben.»
    Rost bestellte sich noch einen Kaffee.
    «Das hat einen vollkommen anderen Grund. Wie gesagt, mir wurde so richtig bewusst, dass ich dort angelangt bin, wo ich immer hinwollte. Ich habe einen guten, sicheren Job und ein schönes Privatleben. Dann ist etwas passiert.»
    Ferrari wartete gespannt auf die Erklärung.
    «Am 17. Januar letzten Jahres ist mein Stellvertreter mit achtunddreissig Jahren an einem Herzinfarkt gestorben. Wir haben zwei Tage zuvor noch unseren gemeinsamen Urlaub geplant. An jenem Tag ging er mit seiner Frau zu seinem in der Nähe gelegenen Schrebergarten, griff sich ans Herz und fiel tot um. Ohne irgendwelche Krankheiten oder frühere Anzeichen für einen Infarkt. Stellen Sie sich vor, er ist ganz einfach auf dem Trottoir zusammengebrochen und an Ort und Stelle gestorben. Vor seiner Frau.»
    Ferrari rührte in seiner Kaffeetasse herum, um seine Bedrücktheit zu überwinden.
    Nach einer Weile fuhr Rost fort.
    «Das gab mir zu denken. Nein, es hat mich zutiefst schockiert. Es warf mich vollkommen aus der
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