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Spiel des Schicksals

Spiel des Schicksals

Titel: Spiel des Schicksals
Autoren: Barbara Wood
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Lydia Harris? Sind Sie sicher?«
    Ich konnte fast sehen, wie er die Schultern zuckte. »Miss Harris ist vor einer Weile abgereist. Ihr Zimmer ist geräumt, und sie hat ihre Hotelrechnung bezahlt. Sie hat keine Nachricht hinterlassen.«
    »Ich verstehe.« Natürlich verstand ich nicht. »Nun dann, vielen Dank, auf Wiedersehen.«
    »Auf Wiedersehen, Madam.«
    Mein Gesicht war warm vom Feuer im Kamin. Ich starrte mit glasigen Augen vor mich hin. Dieses Kind, dachte ich bei mir, sie war ja von jeher ein wenig zerstreut. Ruft mich in der Klinik an, verlangt mich zu sprechen, erzählt jedem, es sei dringend. Und als sie mich dann am Apparat hat, lacht sie, gibt mir keinerlei Hinweis, um was es eigentlich geht, legt dann einfach den Hörer auf und verläßt obendrein noch ihr Hotel! Adele, du elende Göre!
    Ich war drauf und dran, das Telefon ins Feuer zu schleudern, als mich ein Klopfen an der Tür ablenkte. Es war Shelly, meine Nachbarin, eine Kellnerin, die bis in den späten Abend arbeitete und tagsüber meist zu Hause war. Sie hielt ein ziemlich mitgenommen aussehendes Päckchen in Händen.
    »Hallo, Lydia, ich habe gesehen, daß du zu Hause bist. Das hier ist heute für dich mit der Post gekommen.«
    »Oh!« Ich nahm die in braunes Packpapier eingeschlagene Schachtel entgegen. Sie war verbeult und abgewetzt. Die Adresse war in Adeles Handschrift geschrieben.
    »Der Postbote wollte es nicht vor deiner Wohnungstür abstellen. Da habe ich ihm angeboten, es für dich anzunehmen. Er ließ mich unterschreiben. Macht dir das etwas aus?«
    »Nicht im geringsten. Vielen Dank. Komm auf ein Glas herein.«
    »Ich bin leider todmüde. Sag mal, was, glaubst du, ist das? Kommt es von deiner Schwester?«
    Adeles Name stand in der Ecke, über der Anschrift des Hotels Palazzo Residenziale, Via Archimede in Rom. »Scheint so, ganz recht.«
    »Ist das nicht diejenige, die sonst nicht mal eine Weihnachtskarte schreibt? Schickt sie dir jetzt etwa ein Geburtstagsgeschenk?«
    »Wohl kaum. Danke, Shelly. Ich danke dir vielmals.« Ich schloß die Tür und starrte auf das Päckchen in meiner Hand. Das mußte der Gegenstand sein, den Adele per Luftpost geschickt hatte und von dem sie wünschte, sie hätte ihn per Einschreiben gesandt. Vielleicht mehr als ein Andenken…
    Plötzlich fiel mir ein, daß da drin vielleicht ein erklärender Brief liegen könnte, also riß ich das Packpapier ab. Es ließ sich spielend leicht entfernen, und eine einfache weiße Schachtel kam zum Vorschein. Darin befand sich eine zerknüllte italienische Zeitung und einige Servietten aus dem Hotel. Inmitten dieser Polsterung ertastete ich etwas Hartes. Als ich das Füllwerk entfernte, entdeckte ich ein kleines Stück Briefpapier. Ich zog es hervor und las das Wort VORSICHT darauf. Das war alles.
    Nun schälte ich die Umhüllung vollends ab und hielt schließlich den merkwürdigsten Gegenstand in Händen, der mir je untergekommen war.

2
     
     
     
    Etwa zwanzig Zentimeter lang und aus cremefarbenem, glattem Material, vermutlich Elfenbein, hergestellt, ließ sich der Gegenstand am ehesten als so etwas wie ein dicker Brieföffner beschreiben, der an einem Ende spitz zulief und am anderen mit Schnitzerei verziert war. Fast wie ein Miniatur-Spazierstock war das gelbliche Stück Elfenbein an diesem Ende mit einem ungewöhnlichen Tierkopf versehen, der von ferne an einen Hund erinnerte.
    Ich muß dieses »Ding« ziemlich lange betrachtet haben, denn als ich mich endlich aus dem Bann löste, stellte ich fest, daß das Feuer niedergebrannt und die Temperatur im Raum empfindlich abgekühlt war.
    Ich packte den Elfenbein-»Hund«, das Füllmaterial, die Schachtel und die Umhüllung zusammen und ging damit zu meinem Sessel hinüber, wo ich einigermaßen verwirrt niedersank. Mit großer Sorgfalt nahm ich jedes Stück Papier und den Karton nacheinander in Augenschein, fand aber zu meiner Bestürzung keine weitere Mitteilung als das Stückchen Briefpapier, auf dem das Wort VORSICHT stand. Das war alles. Kein Brief. Nichts, das mir Aufschluß darüber geben konnte, was dieser Gegenstand darstellte oder warum Adele ihn mir geschickt hatte.
    War er so kostbar, daß sie seinetwegen aus Europa angerufen hatte, um mich von seiner Ankunft in Kenntnis zu setzen, und sich im nachhinein wünschte, sie hätte das Päckchen per Einschreiben geschickt? Doch was mir das größte Rätsel aufgab: Warum hatte sie ihn ausgerechnet mir geschickt?
    Ich drehte und wendete das Elfenbein – mittlerweile
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