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Spiel des Schicksals

Spiel des Schicksals

Titel: Spiel des Schicksals
Autoren: Barbara Wood
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seine Stimme sagte. Jene andere, stumme Botschaft, die sich nur in einem sehnsüchtigen Blick ausdrückte, vermochte nicht, mein von Selbstüberschätzung geprägtes Äußeres zu durchdringen. Erst als es schon zu spät war, sollte ich erkennen, was Dr. Kellerman mir so lange schon hatte sagen wollen und wozu er niemals Gelegenheit gefunden hatte. Aber das sollte erst später kommen. Im Augenblick bediente er sich seiner sanften Überredungskünste, mit denen er jedoch keinen Erfolg erzielte. Er kannte mich als unabhängige, eigenständige Frau von der emanzipierten Sorte, und wenn ich mich einmal für etwas entschieden hatte, dann wußte er, daß man mich nicht davon abbringen konnte. »Ich dachte, Sie würden sich freuen, wenn ich nach Europa flöge.«
    »Schon, aber nicht auf diese Art, Lydia. Irgend etwas ist faul an der Sache. Und der Mann oder die Männer, die Ihre Wohnung durchstöberten, werden wiederkommen. Vielleicht werden sie Ihnen auch folgen. Sie befinden sich nicht in Sicherheit, nicht, solange Sie den Schakal haben.«
    »Dann werde ich ihn eben persönlich dahin zurückbringen, woher er kam. Ich habe noch immer einen Paß von dieser Hongkong-Reise, die ich niemals antrat. Meine Pockenimpfung ist noch gut, und ich habe Geld auf der Bank. Brauche ich ein Visum?«
    »Nicht für Italien, Lydia.«
    »Ich schicke Adele ein Telegramm in dieses Hotel. Morgen teile ich Mrs. Cathcart mit, daß ich in einer dringenden familiären Angelegenheit verreisen muß, und dann nehme ich das erstbeste Flugzeug. Eigentlich könnte ich die Reservierung jetzt gleich vornehmen.« Ich lief zum Telefon.
    »Das sieht Ihnen gar nicht ähnlich, Lydia.«
    Diese Worte trafen mich mit unerwarteter Wucht. Wie sonderbar recht er doch hatte! Seit ich die Abschlußprüfung der Krankenpflegerschule bestanden hatte, lebte ich allein, und in dieser ganzen Zeit hatte ich nie auch nur einen unbesonnenen Schritt getan, den ich später bereute. Und jetzt plötzlich genügte ein Anruf und ein Päckchen, um mich ebenso unvernünftig und impulsiv handeln zu lassen wie meine Schwester Adele. Innerhalb eines Tages hatte ich selbst all die Eigenschaften angenommen, für die ich sie einst getadelt hatte.
    Doch es war nicht zu ändern. In diesem Augenblick, an diesem merkwürdigen, beunruhigenden Abend, schienen die Maßnahmen, die ich plante, die einzige vernünftige Antwort auf das Problem zu sein. Wenn ich nur auf Dr. Kellerman gehört hätte!

3
     
     
     
    Er verabschiedete mich am Flughafen, und zum ersten Mal innerhalb von drei Jahren gab mir Dr. Kellerman einen Kuß. Ich umarmte ihn auf kameradschaftliche Weise und versicherte ihm noch einmal, daß schon alles in Ordnung käme.
    Auf dem internationalen Flughafen von Los Angeles ging es zu dieser frühen Morgenstunde betriebsam und hektisch zu. Und doch sprach Dr. Kellerman so ruhig mit mir, als wären wir alleine in seinem Bibliothekszimmer. Seine Hände hatte er auf meine Schultern gelegt, und er wiederholte schon zum x-ten Mal an diesem Morgen: »Das ist der helle Wahnsinn, Lydia. Sie hätten die Polizei verständigen und ihr die Sache überlassen sollen. Die Einbrecher sind nicht zurückgekommen. Soviel steht fest, daß es wohl doch nicht der Schakal war, nach dem sie suchten. Vielleicht haben sie etwas anderes gestohlen, und Sie haben es nur nicht bemerkt. Ich denke, Sie machen sich da etwas vor. Ihre Schwester ist eine oberflächliche, egoistische Person. Sie lockt Sie mit einer List nach Rom. Der Einbruch war nur zufällig gleichzeitig geschehen. Er hätte in jeder anderen Nacht stattfinden können.«
    Aber ich war mir meiner Sache sicher. »Nein, Dr. Kellerman, Sie irren sich. Meine Schwester ist in irgendeine mysteriöse Geschichte verwickelt, und ich denke, sie will, daß ich ihr da heraushelfe. Je mehr ich über unser Gespräch nachdenke, desto mehr bin ich davon überzeugt. Sie fürchtete sich vor irgend etwas. Vielleicht ist sie deshalb so überstürzt aus dem Hotel abgereist und konnte keine Nachricht mehr hinterlassen. Vielleicht hat es mit diesem Schakal mehr auf sich« – ich klopfte auf meine Handtasche, worin er lag –, »als man beim ersten Hinsehen annehmen möchte. Alles in allem sind Sie doch nur ein Chirurg, Dr. Kellerman. Was wissen Sie schon von solchen Dingen?« neckte ich ihn.
    Da gab er mir zum zweiten Mal innerhalb von drei Jahren einen Kuß. »Cathcart ist nicht gerade erfreut. Sie weiß genau, daß niemand sonst einem alten Krokodil wie mir assistieren kann.
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