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Spiel, bis du stirbst (Samantha Veselkova Krimi) (German Edition)

Spiel, bis du stirbst (Samantha Veselkova Krimi) (German Edition)

Titel: Spiel, bis du stirbst (Samantha Veselkova Krimi) (German Edition)
Autoren: Sönke Brandschwert
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das hatte er sich nicht nehmen lassen. Zu lange hatte er schon auf diesen Tag gewartet. Endlich war es so weit. Er genoss die Aussicht aus dem Fahrerfenster. Es gefiel ihm. Die Erbauer dieser gewaltigen Maschine hatten auch an die Passagiere gedacht. Aber das war es nicht, weshalb er sich über sein Ticket der ersten Klasse so freute. Es hatte eher praktische Gründe. Das, was er tun wollte, war nur hier vorne wirklich erfolgversprechend. Die dummen Menschen. Sie machten peinlich genaue Kontrollen für jedes Flugzeug, das Frankfurt verließ. Das war offenbar wichtig, weil so viele Menschen darin saßen. Aber da hörte die Mühe, die sie sich gaben, auch schon auf. Abdul hatte sich erkundigt. In einem Mehrsystem-ICE hatten 404 Menschen Platz, in einem Einsystem-Zug sogar 415.
    Es sollte Aufsehen erregen, hatte man ihm gesagt. Und genau das würde es tun. Aufsehen erregen. Für Abdul war es der Schlüssel zum Paradies. Allah würde ihn willkommen heißen in seinem Reich. Und es hatte niemand mehr verdient als er. Fünf Jahre hatte er in diesem entsetzlichen Land zugebracht. Dass die Menschen kein Verständnis für seine Religion hatten, war eine Sache. Aber sie hatten noch nicht einmal Verständnis für ihre eigene Religion. Sie lebten alle nur für materiellen Reichtum. Um das zu erlangen, war ihnen beinahe jedes Mittel recht. Sie logen und betrogen, verrieten ihre besten Freunde, ließen ihre Familien im Stich, nur um an noch mehr Geld heran zu kommen. Das beste Mittel war der harte Ellenbogen, wenn man etwas erreichen wollte. Nicht einmal hatte Abdul einen Deutschen gesehen, der sich auf der Straße zum Gebet niedergelassen hatte. Die Gotteshäuser ihrer Religion waren mehr leer als voll. Die Sympathie eines Menschen war stark davon abhängig, was er besaß. Dann regten sich immer alle darüber auf, wenn eine Frau vergewaltigt wurde. Dabei waren sie doch alle selbst schuld! Nicht genug damit, dass sie ihr Haar offen trugen und ihr Gesicht unverhüllt zu erkennen gaben. Häufig, gerade im Sommer, war bei den Frauen mehr Haut als Stoff zu sehen! Freie Bauchnabel, teils sogar geschmückt mit teuren Ringen, waren zu sehen, ebenso wie große Teile der nackten Beine! Bei der jüngeren Generation hatte Abdul auch schon Teile des Gesäßes entdeckt, weil die Hosen nach oben hin einfach nicht darüber reichten. Er selbst hatte schon die Brut des Verlangens in sich gespürt, und konnte sich nur schwer beherrschen. Und da jammerten die Menschen, dass so oft etwas passierte. Wenn Abdul jemals Zweifel gehabt hatte: seitdem er in Deutschland lebte, gab es nicht den geringsten mehr! Der Koran hatte recht, mit jeder einzelnen Silbe. Und diese Ungläubigen würden es zu spüren bekommen. Es würde ihnen niemals gelingen, ihre Sicherheitsvorkehrungen so weit auszudehnen, dass die richtende Hand Allahs keinen Zugriff mehr hätte. Es war alles so einfach. Frankfurt war ein Schlaraffenland für Leute, die Waffen suchten. So brauchte Abdul sich auch keine Gedanken darüber zu machen, ob ihn jemand am Ende noch hindern könnte, seine Mission zu erfüllen. Die neun Millimeter Pistole in seiner Tasche würde schnell jedes Problem aus dem Weg räumen. Den Verbindungsmann zu dem Sprengstofflieferanten hatte er bereits in seiner Heimat genannt bekommen. Seine Heimat. Nie würde er sie mehr wieder sehen. Aber die Erinnerung war stark genug. Er konnte sich an jede Einzelheit erinnern. Und niemand würde ihn vergessen. Seine Familie wird stolz auf ihn sein, seine Freunde werden ihn einen Helden nennen. Die ganze Welt würde seinen Namen kennen. Und unter der Obhut von Allah wird er auf sie nieder blicken und die Wirkung seiner Tat bewundern.
    Für einen kurzen Moment überkamen ihn Zweifel. Nicht darüber, ob sein Tun richtig war, denn das stand außer Frage. Aber vielleicht wäre es doch besser gewesen, den Sprengstoff an der Brücke zu deponieren. Wenn sie einstürzte, dann war ein Entgleisen des Zuges unausweichlich. Der Sprengstoffexperte hatte ihm jedoch gesagt, dass die Sprengung einer großen Brücke genaue Kenntnisse über die Statik des Objektes erforderte. Wenn die Ladung an einer falschen Stelle angebracht war, würde sie ihre Wirkung verfehlen. Abdul war alles andere als ein Experte in diesen Dingen. Deshalb hatte er sich entschieden, es doch im Zug zu tun. Ganz vorne, auf der linken Zugseite stehend, würde die mächtige Druckwelle den Zug anheben und nach rechts aus den Schienen katapultieren. Wenn Abdul den Auslöser direkt in der
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