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Spiegel E-Book - Nelson Mandela 1918-2013

Spiegel E-Book - Nelson Mandela 1918-2013

Titel: Spiegel E-Book - Nelson Mandela 1918-2013
Autoren: Jan Puhl (Vorwort)
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ließ zudem Leute kalt fallen, die nicht seine Ansichten goutierten. Er sprach gern von kollektiver Führung, regierte aber eigensinnig. Seine Genossen haben oft kritisiert, dass er etwa die Aufnahme von Geheimverhandlungen mit dem Apartheid-Regime im Juli 1986 ohne Absprache mit der ANC-Führung beschlossen hatte.
    Mandela verwendete dann gern das Sinnbild vom guten Hirten: „Es gibt Zeiten, in denen ein Führer der Herde vorangehen muss.“
    Manchmal zweifelte er sogar an den Fähigkeiten der Afrikaner: Als er in ein Flugzeug der Ethiopian Air einsteigen sollte, das von einem schwarzen Piloten gesteuert wurde, überkam ihn ein Gefühl der Panik.
    Der Superstar war empfänglich für Schmeicheleien und liebte glamouröse Ereignisse, bei denen er im Mittelpunkt stand. „Es ist gut zu wissen, dass er auch nur ein Mensch ist“, sagte Erzbischof Tutu einmal.
    Am Ende seiner Amtszeit im Juni 1999 setzte Präsident Mandela ein letztes politisches Zeichen gegen die autoritären Herrscher Afrikas, die üblicherweise bis zum Tod nicht von der Macht lassen: Er trat aus freien Stücken zurück.
    Am Abend seines Lebens wollte Nelson Mandela nur noch seine Ruhe haben. Die Massenhysterie, der Heiligenkult, es sei ihm alles zu viel geworden, sagen Vertraute. Er saß im Garten seiner Villa in Johannesburg, las, spielte mit den Enkelkindern und schaute den Luftballons nach, die sie in die Wolken steigen ließen.
    Oft zog es ihn in sein Heimatdorf in der Provinz Ostkap, nach Qunu: eine Streusiedlung, ringsum grüne Hügel - das alte Afrika, in dem es bis heute keine Zäune gibt.
    Beim Anblick dieser elegischen Landschaft ahnt man, wie frei er sich als Junge gefühlt haben muss. Er hütete das Vieh, jagte Vögel mit der Steinschleuder, und da ist auch noch die spiegelglatte Rinne in einem Felsen, durch die er und seine Spielkameraden zu Tal rutschten.
    In Qunu beginnt und endet Nelson Mandelas Lebenskreis, hier wollte er begraben werden, in dem Dorf seiner Ahnen.
    Dieser Mann hat das Wunder vollbracht, sein hasszerfressenes Land gewaltfrei von der Apartheid in die Demokratie zu führen und den Rassenwahn zu überwinden. Er war für die Südafrikaner, was Simón Bolívar für die Lateinamerikaner, Mahatma Gandhi für die Inder oder Martin Luther King für die Afroamerikaner war - ein Freiheitskämpfer, der wie eine Lichtgestalt aus der Finsternis kam. Wie Barack Obama schenkte er den Schwarzen in aller Welt Selbstwertgefühl: Schaut her, wir können es auch.
    „Ich nähere mich meinem Ende“, sagte er vor Jahren schon, „ich möchte bis in alle Ewigkeit mit einem Lächeln auf meinem Gesicht schlafen.“
Bartholomäus Grill

SPIEGEL-TITEL 50/2013

Am Ende des Regenbogens
Wie der Afrikanische Nationalkongress das Erbe Nelson Mandelas ruiniert
    Schon als Säugling sollen den kleinen Siener van Rensburg seltsame Träume heimgesucht haben, Träume von der Zukunft seines Volkes. 1864 in der heutigen Nordwest-Provinz als Sohn von Buren geboren, sah van Rensburg angeblich Katastrophen und Glücks-fälle voraus - er wurde ein afrikanischer Nostradamus.
    Noch heute hat van Rensburg Anhänger, die aus seinen rund 700 überlieferten Visionen Erstaunliches meinen herauslesen zu können: So soll er 1920 für die Zeit nach dem Tod Nelson Mandelas eine „Nag van die lang messe“ vorhergesagt haben, eine Nacht der langen Messer, in der die Schwarzen die Buren auslöschen würden.
    Eine solche Racheaktion hatten viele Weiße schon gleich nach dem Ende der Apartheid befürchtet. Heute glauben nur noch ausgesprochene Rassisten an so etwas, schreibt der Publizist und weiße Anti-Apartheid-Kämpfer Max du Preez. Außerdem: „Längst haben Klassen-Ressentiments die Rassen-Ressentiments abgelöst.“
    Fast 20 Jahre nachdem Nelson Mandelas Afrikanischer Nationalkongress ANC die Vorherrschaft der Weißen gebrochen hat, kämpft das Land mit enormen wirtschaftlichen Problemen, verstärkt durch Korruption und Machtmissbrauch. Der Abstand zwischen den Ärmsten und den Reichsten in Südafrika ist extrem geworden, Dritte Welt und Erste existieren hier Tür an Tür. Experten schätzen die Arbeitslosigkeit auf mehr als 40 Prozent, Tendenz steigend. Und Schuld trägt vor allem der Nationalkongress, er regiert noch immer unangefochten, ist aber auf dem besten Weg, das politische Erbe seines berühmtesten Mitglieds zu verspielen.
    Die Partei Mandelas ist moralisch am Ende. Wie tief gespalten ihr Land mittlerweile ist, zeigte sich am deutlichsten, als im August
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