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Spiegel E-Book - Nelson Mandela 1918-2013

Spiegel E-Book - Nelson Mandela 1918-2013

Titel: Spiegel E-Book - Nelson Mandela 1918-2013
Autoren: Jan Puhl (Vorwort)
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Anhänger werden in der Provinz Natal getötet, in den Städten Welkom und Kroonstad sowie in anderen Gebieten. Die Regierung scheint gelähmt, unfähig, die Unruhen einzudämmen.
    SPIEGEL: Sie wollen sagen, die Polizei greift nicht ein, solange die Opfer schwarz sind?
    Mandela: Was die Gewalttaten in Natal angeht, haben wir genügend Beweise dafür, daß die Regierung glaubt, die anhaltenden Unruhen seien nützlich für die Vorherrschaft der Weißen.
    SPIEGEL: Noch sieht es so aus, als würden die Verhandlungen in nicht allzu ferner Zukunft beginnen. Bei welchen Forderungen können Sie keinen Kompromiß eingehen?
    Mandela: Unsere Hauptforderung heißt: „one man, one vote“ - gleiches Wahlrecht für alle. Jeder Südafrikaner muß das Recht auf Selbstbestimmung haben. Wir wollen ein demokratisches Südafrika, in dem die Hautfarbe keine Rolle spielt. Da kann es keinen Kompromiß geben; über alles andere können wir reden, wie es sich für eine friedliche Problemlösung gehört.
    SPIEGEL: Staatspräsident de Klerk verlangt Garantien für die weiße Minderheit. Er fordert sogenannte Gruppenrechte und ein Veto für die Weißen. Können Sie sich darauf einlassen?
    Mandela: Wenn eine Bevölkerungsgruppe aufgrund ihrer Hautfarbe über ein Vetorecht verfügt, kann es kein demokratisches Südafrika ohne Rassenunterschiede geben. Dann hätten wir die gleiche Situation, die wir jahrhundertelang bekämpft haben. Für ein Veto gibt es keinen Grund. In unserer Freiheitscharta haben wir festgelegt, daß Südafrika allen seinen Bewohnern gehören soll, Schwarzen und Weißen. Ein Grundrechtekatalog wird jeden einzelnen unabhängig von seiner Hautfarbe schützen und beispielsweise das Recht auf freie Rede und die Versammlungsfreiheit garantieren.
    SPIEGEL: Glauben Sie, daß sich die herrschenden, afrikaanssprechenden Weißen mit dieser Zusicherung abfinden?
    Mandela: Durch den Grundrechtekatalog erhält jede Gruppe das Recht auf ihre eigene Sprache, auf ihre eigene Kultur, auf alles, was eine Gruppe ausmacht. Es ist doch klar, warum de Klerk die sogenannten Gruppenrechte verlangt. Er will noch immer den Weißen das Privileg erhalten, Herren zu sein, während die Schwarzen Diener bleiben sollen. Daran hat sich nichts geändert, und das können wir nicht hinnehmen.
    SPIEGEL: Aber de Klerk muß auch seinen Leuten künftige Verhandlungsergebnisse schmackhaft machen. Ist er nicht auf Kompromisse Ihrerseits angewiesen?
    Mandela: Ich bin es doch, der de Klerk die ganze Zeit in Schutz genommen hat. Ich war es, der dem Führungsgremium des ANC gesagt hat: Das ist ein ehrlicher Mann; wir müssen uns mit ihm zusammensetzen und reden. Und ich war es schließlich auch, der alles menschenmögliche unternommen hat, um Politiker in aller Welt, Außenminister Genscher eingeschlossen, zu überzeugen, daß ich diesen Mann für aufrichtig halte. Aber klar ist auch, daß der ANC seine Politik nicht auf die Aufrichtigkeit eines einzelnen Mannes gründen kann. De Klerk muß Ergebnisse liefern, und darauf warten wir.
    SPIEGEL: Wir könnten uns vorstellen, daß weiße Südafrikaner mit gleichen Worten ähnliches von Ihnen erwarten.
    Mandela: Auch wir tragen unseren Teil zur Bereinigung der Atmosphäre bei. Die Weißen müssen doch erkennen, daß wir absolut aufrichtig sind, wenn wir sagen, daß sie auch in Zukunft eine Rolle in diesem Land spielen werden. Sie müssen doch sehen, daß wir nicht mehr schwarz und weiß unterscheiden, wenn wir von Südafrikanern sprechen.
    SPIEGEL: Am Ende der Verhandlungen möchte de Klerk die Weißen über die Ergebnisse abstimmen lassen. Können Sie das hinnehmen?
    Mandela: Das wäre eine Katastrophe für de Klerk. Die Rechtsradikalen haben die Frage friedlicher Verhandlungen zwischen Regierung und ANC so ausgeschlachtet, daß bei einem rein weißen Referendum eine Niederlage für den Präsidenten möglich erscheint. Hoffnung gibt es für ihn nur, wenn er das Referendum für alle Südafrikaner öffnet. Dann bestünde die Möglichkeit, daß er an der Macht bleiben kann.
    SPIEGEL: Der ANC will de Klerk retten?
    Mandela: Das ist der einzige Weg. Nicht nur der ANC, sondern das ganze südafrikanische Volk wird de Klerk retten, weil die überwältigende Mehrheit jede Organisation und jeden Politiker unterstützt, der ein Südafrika ohne Rassenschranken anstrebt.
    SPIEGEL: Nach mehr als 40 Jahren Apartheid stehen viele Weiße dem ANC feindlich gegenüber. Wie soll sich das über Nacht ändern?
    Mandela: Wir bemühen uns nach
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