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Spiegel E-Book - Nelson Mandela 1918-2013

Spiegel E-Book - Nelson Mandela 1918-2013

Titel: Spiegel E-Book - Nelson Mandela 1918-2013
Autoren: Jan Puhl (Vorwort)
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schon an Ihren Ruhestand zu denken. Stimmt es, daß Sie sich dafür in Ihrer Heimat Transkei ein Haus bauen lassen, das haargenau jenem Gebäude entspricht, in dem Sie die letzten Jahre Ihrer Haft verbrachten?
    Mandela: Das ist wahr. Ich habe mir die Pläne besorgt. Ich habe so lange als Häftling in diesem Haus gelebt, ich mag es gern.
    SPIEGEL: Herr Mandela, wir danken Ihnen für dieses Gespräch. 
Almut Hielscher

SPIEGEL Ausland 42/1993
SÜDAFRIKA

RIVALEN UND VERBÜNDETE
Sie mögen sich nicht, aber sie sind aufeinander angewiesen. Schwarzenführer Mandela und der weiße Präsident de Klerk wollen Gleichheit zwischen den Rassen stiften. Der Friedensnobelpreis soll ihnen dabei neue Schubkraft geben. Doch die Bevölkerung reagiert skeptisch.
    Der Galeristin Nathalie Knight verschlug es die Sprache: Der hochaufgeschossene grauhaarige Mann, der da mit etwas hölzernem Schritt ihren Laden im vornehmen Johannesburger Einkaufszentrum Hydepark-Corner betrat, war wirklich Nelson Mandela. Der Politiker erkundigte sich nach dem Preis eines Gemäldes, das er in der Auslage entdeckt hatte.
    Auf dem Bild schütteln sich der Schwarzenführer und der Präsident der weißen Südafrikaner, Frederik Willem de Klerk, die Hände. „Tag der Entlassung aus der Haft - erster Handschlag“ hat der Maler Tommy Motswai sein Werk betitelt.
    Mandela und de Klerk wissen es besser: Schon zwei Monate vor der Entlassung aus dem Gefängnis (11. Februar 1990) trafen sich der Präsident und der seit über 27 Jahren wegen Hochverrats inhaftierte Gefangene. De Klerk ließ den Häftling heimlich in seinen Amtssitz in Kapstadt bringen, um mit ihm über die Zukunft Südafrikas zu diskutieren.
    Seitdem haben sich die beiden Politiker Hunderte Male die Hände gereicht. Das Gemälde, das Mandela für 1800 Rand (900 Mark) erstand, schmückt nun das Arbeitszimmer des ANC-Präsidenten im 22. Stock des Shell-Hauses, dem Hauptquartier der Organisation im Zentrum Johannesburgs.
    Der historische Kompromiß zwischen den ehemaligen Todfeinden hat Südafrikas finsteres Kapitel der Apartheid beendet - zumindest auf dem Papier. Was vor dreieinhalb Jahren noch undenkbar schien und für Afrika so bedeutend ist wie die Umwälzungen im Ostblock für Europa, wird heute am Kap in einem mühevollen Reformprozeß verwirklicht.
    Die diskriminierenden Gesetze wurden abgeschafft; Vertreter aller Bevölkerungsgruppen handeln eine neue Verfassung aus. Südafrikaner aller Hautfarben werden zum erstenmal in der Geschichte des Landes im kommenden Jahr ein Parlament wählen.
    Das Schicksal Südafrikas liegt maßgeblich in den Händen der beiden Männer, die in der internationalen Politikerkaste zu den wenigen positiven Helden zählen: Nelson Mandela und Frederik Willem de Klerk. Vorigen Freitag wurde ihnen der Friedensnobelpreis für ihre Anstrengungen zuerkannt, „die Apartheid friedlich zu beenden“.
    „Wir wissen, daß wir etwas riskieren“, begründete der Vorsitzende des Preiskomitees die Entscheidung, die von der Hoffnung getragen werde, zu „weniger Gewalt“ beizutragen. Seit Mandelas Freilassung sind bei Unruhen in Südafrika über 10 000 Menschen umgekommen.
    Die beiden Preisträger Mandela, 75, und de Klerk, 57, haben wenig miteinander gemein: Der ANC-Präsident, der in einer Häuptlingsfamilie in der Transkei aufwuchs, verkörperte jahrzehntelang die unterdrückten schwarzen Massen. Während seiner langen Haft wurde er zum Symbol des Widerstands gegen die Apartheid.
    Der weiße Präsident, Sproß einer seit Generationen politisch aktiven burischen Familie, dagegen vertrat jahrzehntelang die Politik der Rassentrennung und die damit verbundene Macht der weißen Minderheit.
    Beide haben Jura studiert und als Anwälte gearbeitet. Als der Cumlaude-Absolvent de Klerk 1961 in der Kleinstadt Vereeniging eine Kanzlei aufmachte, war Nelson Mandela nach dem Verbot des ANC (1960) gerade in den Untergrund gegangen und organisierte von dort Streiks und Protestaktionen gegen die Apartheid. 1972 wurde de Klerk ins Parlament gewählt; da hatte Mandela gerade die ersten zehn Jahre seiner lebenslangen Haftstrafe hinter sich.
    Es war kein Damaskus-Erlebnis, das den in seiner eigenen Partei als konservativ geltenden Apartheidsapostel de Klerk in einen kühnen Reformer verwandelte, sondern Einsicht in neue Verhältnisse:
    Mitte der achtziger Jahre schwächten Südafrikas Schwarze in wochenlangen Streiks die Wirtschaft am Kap, die schon zunehmend unter internationalen Sanktionen litt. Der
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