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SOULMATE (German Edition)

SOULMATE (German Edition)

Titel: SOULMATE (German Edition)
Autoren: Eileen Janket
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so unterm Strich - anstrengend, lieblos und düster. Vor meinem geistigen Auge lief eine melodramatische Videocollage meiner Gefühls- und Erlebniswelt und der darin verorteten Menschen ab: Finn, Patrick, Lenny, Colette, Natalie, meine Eltern, Alice, und sogar Herr Schneider waren mit von der Partie. Patrick, mal wieder verunfallt und in Mullbinden verpackt, fehlte mir … Lenny, stets aufgekratzt und in heller Aufregung, auch … Colette, supertrendy, heiß auf alles, was keucht und fleucht und gut aussieht, sensibel und hilfsbereit auf ihre wundervoll schrille Art, verdiente mehr Freundschaft, als ich ihr zu geben vermochte ... Alice, oh Alice, Einsamkeit lässt sich nicht wegfuttern … Natalie, meine Schwester, viel adretter als ich und verbissen auf der Erfolgsleiter nach oben, im Szenekiez vom Prenzlauer Berg zuhause, die Nase in luftigen Höhen, unsere Freundschaft, ihre Liebe zu mir, weiß nicht, wo waren sie geblieben? Als Kinder hatten wir immer unter der Bettdecke gekuschelt und waren ein starkes Team gegenüber unseren Eltern gewesen … Meine Eltern, wow, hatten es mit vereinter Kraft zu etwas gebracht! Was war dieses ‚ Etwas‘ eigentlich, so ganz tiefgründig betrachtet, meine ich? Und dann ihre permanenten Erwartungen und Sorgen, die sie jedes Mal mit liebevollen Blicken auf meine Schultern packten, weil ihr Vertrauen in mich wie Seifenblasen immer wieder zerplatzte …
    Und schließlich Finn … Meine erste große Liebe? Meine Leinwand? Warum hatte er mich so berührt und vereinnahmt, dass ich mich ohne ihn nicht mehr vollständig fühlte, hatte mich an sich gerissen, festgehalten - einen unvergesslichen Moment lang - und dann fallengelassen, und ich fiel noch, fiel noch … fiel …
    Hey, Valerie, atme ... ein, aus, ein, aus …
    Du musst aussteigen! Aus dem Bus, meine ich!
     
    Als ich von der Hauptstraße kommend in meine Straße einbog, sah ich schon von weitem eine Feuerwehr und einen Rettungswagen, die, wie es schien, exakt vor meinem Haus hielten. Rote und blaue Lichter rotierten und leuchteten grell wie in der Disco nur ohne Musik und ganz sicher nicht aus Spaß und Freude …
    Was ist da los, verdammt?
     
    Ich werde von einem Polizisten angehalten und gefragt, ob ich Bewohnerin des Hauses Nr.10 bin, und ich nicke nur ausdruckslos, bin ein wenig irritiert, als ich warten soll, bis man mir erlaube, in mein Haus zu treten, aber ich stelle keine Fragen, schaue jetzt verstört, da ich genau spüre, dass diese Nacht noch eins draufsetzen will …
    Dann kommen aus der Eingangstür zwei Sanitäter oder Notärzte, ich weiß nicht genau, die eine Bahre tragen, und wer auch immer darauf liegt, ist nicht zu sehen, weil der Körper mit einer silbernen Decke komplett verhüllt ist, was - ich kenn das aus Filmen - nur eins bedeuten kann …
    »Wie heißen Sie?«, fragt mich der Polizist. Ich sehe ihn nicht an, kann meinen Blick nicht von der Bahre lösen. Sie wird in den Notarztwagen geladen.
    Es schneit immer noch …
    »Wie heißen Sie, bitte?«, höre ich die dunkle Stimme erneut, sehe zu ihr hoch und sage: »Valerie Henning. Ich wohne im dritten Stock.«
    »Oh«, sagt der Polizist, nimmt seine Mütze ab, sieht mich betroffen an und sagt: »Dann ist der Verschiedene ihr Nachbar von gegenüber, Frau Henning.«
    Ich nicke wieder, verstehe aber nur die Hälfte …
    Was will mir dieser Polizeibeamte sagen?, etwa, dass der alte Herr Schneider gestorben ist? So ein Unsinn, denn er sah kürzlich noch sehr lebendig und fit aus, und wir hatten uns doch nett unterhalten, oder? Hatten wir?
    »Wissen sie, ob er Angehörige hat?«, werde ich noch gefragt, und jetzt reicht‘s mir … Ich will nicht mehr, will in meine Wohnung, in mein Bett und mir die Bettdecke über den Kopf ziehen.
    »Frau Henning?«
    »Hm? Kann ich jetzt, bitte, in meine Wohnung?«, will ich wissen, aber dieser Polizist lässt nicht locker.
    »Kennen Sie vielleicht einen Angehörigen, den wir benachrichtigen könnten?«
    Ich sehe ihn verzweifelt an. »Nein!«
    »Dann, vielen Dank, Frau Henning. Sie können jetzt in ihre Wohnung.«
    »Danke.«
    Warum bedanke ich mich eigentlich?
     
    So zu tun, als wäre rein gar nichts geschehen, als wäre die Welt noch in Ordnung und alles noch so, wie es sein sollte, funktioniert tatsächlich!
    Ja wirklich, aber leider nur ganz kurz … ganz, ganz kurz …
     
    Ich eilte in meine Wohnung, verriegelte die Tür, ließ meine Sporttasche auf den Boden fallen, streifte meine Schuhe von den Füßen, warf Mütze,
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