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SOULMATE (German Edition)

SOULMATE (German Edition)

Titel: SOULMATE (German Edition)
Autoren: Eileen Janket
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unterwegs tom
     
    Am liebsten hätte ich mein Handy in hohem Bogen in irgendein Gebüsch geschmissen oder wäre mit meinen dicken fünf Zentimeter Absätzen darauf herumgetrampelt, bis das Teil in seine Einzelstücke zerlegt worden wäre. Ich hatte so einen Hals auf Tom! So einen Hals, weil … nun ja, also, weil ich einerseits das Verlangen verspürte, ihm meine glühende Aversion mit einem Feuerwerk an Beleidigungen und Beschimpfungen entgegen zu schleudern - mich sozusagen auszukotzen! - und andererseits von ihm den bedingungslosen Einsatz zur Wiederherstellung meines Lebensglücks einzufordern …
    Wiederherstellung meines Lebensglücks?
    Was sollte dieser Schwachsinn bedeuten? Ich hatte mein vermeintliches Lebensglück mir ganz offensichtlich nur eingebildet … so valeriemäßig imaginiert … Da gab es folglich nichts wiederherzustellen!
    Oh Gott, wirklich nicht? Ist das wirklich das Ende?
    Es tat so verdammt weh.
     
    Ich lief schnell, wischte meine Tränen nicht mehr fort, obwohl sie fast auf meiner Gesichtshaut festfroren. Nach weiteren nutzlosen Gedanken voller Selbstmitleid und Reue, fing es an zu schneien. Vor dem pechschwarzen Hintergrund des Nachthimmels fielen tänzelnd dicke, weiße Schneeflocken herab, ließen sich auf meinem Kopf und meinen Schultern nieder.
    Dann blieb ich stehen, zögerte kurz und rief schließlich Patrick an. Ich wollte eine vertraute Stimme hören, ich brauchte seinen Trost und einen Tipp, wie ich weitermachen sollte, wo ich doch am Boden zerstört war … Leider war Patricks Handy nicht auf Empfang, also versuchte ich es mit Lenny, bekam ein Freizeichen und wartete …
     
    »Valerie, hey, ist denn nicht mitten in der Nacht bei euch?«
    »Ja, bin noch unterwegs. Geht‘s euch gut, Lenny? Kann ich mal Patrick sprechen?«
    Lenny zögerte mit der Antwort, dann sagte er: »Äh, geht grad nicht, weil … äh, wir … wir wollen in so einer Art Pension einchecken, und Patrick, der verhandelt grad wegen … äh, äh … wegen Duschkabine ja oder nein.«
    Warum stotterte Lenny so viel? »Oh, okay«, antwortete ich skeptisch.
    »Wolltest du was Bestimmtes? Soll ich ihm was ausrichten?«
    »Ja, er soll mich bei Gelegenheit zurückrufen … Und? Wie ist euer Trip? Läuft alles nach Plan?«
    Ich musste seltsamerweise einige Sekundenbruchteile zu lang auf Lennys Antwort warten, was mich schon stutzig machte, doch dann kam sie.
    »Wo denkst du hin? Haha, so ziemlich rein gar nichts läuft nach Plan …«, ließ er verlauten.
    Bildete ich es mir ein, oder klang er jetzt irgendwie bedrückt und keineswegs so gut drauf, wie er vorgab. Ich kannte ihn schließlich auch schon eine halbe Ewigkeit und hatte eine feine Antenne für seine Stimmungen.
    »Lenny, ist irgendetwas nicht in Ordnung? Habt ihr Schwierigkeiten?«
    Er druckste ein wenig herum, und weil Lenny weder »notlügen« noch etwas verheimlichen kann, rückte er doch noch mit der Wahrheit heraus: Patrick stecke nicht etwa in einer Verhandlung wegen der Unterkünfte, sondern in einem chilenischen Krankenhaus, weil er in der Atacama Wüste wie ein menschlicher Pfeil mit fünfzig Sachen von seinem Motorrad in die Kakteen geflogen sei.
    »Nichts Schlimmes, Valerie, keine Sorge, er hat nur Schürfwunden und Prellungen, nichts gebrochen, na ja, vielleicht noch eine ganz leichte Minigehirnerschütterung, aber wie gesagt, nichts Ernstes, ein paar Pikser auch, tja. Echt, der wird wieder! Morgen können wir schon weiter Richtung Peru.«
    Ich konnte nicht mehr weitergehen, hatte furchtbare Bilder im Kopf, presste mein Handy so fest an mein Ohr, dass es weh tat. »Lenny, du würdest es mir sagen, wenn es wirklich schlimm wäre, stimmt‘s?«
    »Hey, aber klar, Indianerehrenwort!«
    Nach dem ersten Schock ließ ich mich - nur halbwegs - überzeugen, wünschte gute Besserung, bat noch mal dringend um Rückruf durch Patrick, wenn es ihm besser ging, und legte auf.
    Oh, Mann, Paddy, musste das jetzt sein, ausgerechnet jetzt?
     
    Eine drückende Last legte sich auf mich. Jeder nächste Schritt fiel mir schwerer als der vorherige, Tränen kamen keine mehr, auch zerfaserten meine Gedanken in verschiedene Richtungen.
    Im Nachtbus drückte ich meine Stirn an die kalte Fensterscheibe und beobachtete, wie sich eine hauchdünne Schneeschicht zart und seiden auf die Stadt zu legen begann.
    Ich war müde, fühlte mich ausgelaugt, fühlte mich wie im Gravitationssog eines schwarzen Lochs.
    Mein ganzes Leben mit seinen Höhen und Tiefen erschien mir auf einmal -
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