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SOS - die Erde erkaltet

SOS - die Erde erkaltet

Titel: SOS - die Erde erkaltet
Autoren: Edmond Hamilton
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Stille überlaut, er wurde im Echo immer wieder von den vielen glatten Steinflächen zurückgeworfen. Staub wehte schwer das Pflaster entlang und hing in graufarbenen Schleiern über den offenen Plätzen, wo sich Boulevards trafen. Er lag in gekräuselten, aufgeplusterten Häufchen an den geschützten Stellen, in Türeingängen, Bögen und in den Ecken der Fenstersimse. Die Gebäude waren groß und massiv, unendlich schön in der Linienführung. Eine Stadt voll Anmut, Ebenmaß und Würde, verschönt durch zarte Farbtöne, eingestreute Bildhauerarbeiten und die kraftvolle Klarheit von Metall und Stein. Eine Million Fenster blickten auf den Jeep und die zwei Männer aus einer anderen Zeit herab. – Eine Million Augen, die von Staubkatarakten verdunkelt, leer und blind waren. Einige standen offen, andere waren geschlossen, aber keines hatte einen lebendigen Blick. Und nirgends gab es etwas anderes als das bißchen Wind, das Bewegung hineinbrachte. Dennoch fuhr Kenniston weiter. Daß diese große, überdachte Stadt nur eine leere Hülle war, ein verlassener Leichnam, und Middletown sich allein auf dem Antlitz der sterbenden Erde befand, wollte er nicht wahrhaben.
    Er fuhr weiter, rief hinaus, schrie, ließ in einer Art Raserei die Hupe ertönen, und beide Männer durchforschten die düsteren Straßen. Gewiß mußte doch irgendwo in diesem Ort, den Menschen gebaut hatten, ein menschliches Gesicht, eine menschliche Stimme zu finden sein. Sicherlich war doch in all diesen zahllosen leeren Räumen und Hallen genug Raum für Leben!
    Aber es gab kein Leben.
    Kenniston ließ den Jeep weiterrollen, bis er ihn auf einem großen, zentral gelegenen Platz zum Stehen brachte. Dann stellte er den Motor ab, und gleich einer Lawine senkte sich auf ihn und Hubble Schweigen herab. Er neigte seinen Kopf, barg ihn in den Händen und blieb lange Zeit still sitzen.
    Dann hörte er Hubbles Stimme sagen: »Sie sind alle tot und vergangen.« Kenniston hob seinen Kopf. »Ja, tot und vergangen – alle – und vor langer Zeit.« Er blickte die schönen Gebäude ringsum an. »Du weißt, was das bedeutet, Hubble? Die Erde kann menschliches Leben nicht mehr unterhalten. Denn die Menschen konnten sogar in dieser überdachten Stadt nicht mehr leben.«
    »Aber warum nicht?« fragte Hubble. Er wies auf einen ausgedehnten Raum, wo niedrige, flache, offene Behälter mehrere Hektar des Stadtgebiets einnahmen. »Ich glaube, das waren Treibhäuser. Die Bewohner konnten darin Pflanzen für ihre Ernährung ziehen.«
    »Wenn sie Wasser hatten. Vielleicht ist ihnen das ausgegangen.« Hubble schüttelte den Kopf. »Wenn jene rattenähnlichen Tiere, die wir sahen, Gruben machen und Wasser finden konnten, dann war es auch Menschen möglich. Ich werde einmal nachsehen.«
    Er stieg aus dem Jeep und ging auf die staubigen Behälter zu. Kenniston beobachtete ihn teilnahmslos. Aber kurz darauf kletterte er auch hinaus, um sich die Gebäude um den Platz von innen anzusehen. Außer hohen, schattigen Räumen, die nur von dem traurigen Licht erhellt waren, das durch die staubigen Fenster eindrang, konnte er wenig entdecken. Ein Gefühl der Leere überkam Kenniston, als er langsam in den stillen Straßen umherging. Was lag schließlich schon daran, daß eine einzelne Stadt, die aus ihrer Zeit ausgestoßen worden war, dem Tod ins Gesicht sah? Hier war ein Menschengeschlecht ausgestorben und das Antlitz der Erde zur öden Wildnis geworden. Kenniston wurde aus seinem jammervollen, dumpfen Brüten durch Hubbles Stimme gerissen. »Es ist immer noch Wasser da, Ken. Große Behälter voll, die unter den Treibhäusern liegen. So war es also nicht Wassermangel, der ihnen ein Ende bereitet hat.«
    »Was ändert das jetzt schon, was daran schuld war?« sagte Kenniston bedrückt.
    »Das ist nicht gleichgültig«, meinte Hubble. »Ich habe gerade überlegt – aber jetzt haben wir keine Zeit, darüber zu reden. Die Nacht bricht herein und mit ihr die Kälte. Wir wollen lieber gehen.«
    Kenniston wurde sich plötzlich bewußt, daß die Sonne im Westen sank und der Schatten der mächtigen Gebäude schwarz auf den Straßen der Stadt lag. Er erschauerte ein wenig und ging auf dem Weg zum Jeep voran.
    Die Sonne stand sehr tief, ein Klecks von Karmesinrot, der riesig und wuchtig am westlichen Himmel hing, während der Jeep aufheulte und sich auf die Höhenrücken hinaufschlängelte. Als die Dämmerung zunahm, wurde die Kälte von Minute zu Minute durchdringender. Ein Grauen vor der Nacht, die
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