Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sonnenfinsternis

Sonnenfinsternis

Titel: Sonnenfinsternis
Autoren: Sandra Todorovic
Vom Netzwerk:
Nacht."
„Miss Moor“, unterbrach mich Mrs. Hops, gerade als ich weiter blättern wollte. „Brauchen Sie vielleicht Hilfe?“
„Nein, danke Mrs. Hops. Ich komme zurecht“, antwortete ich lächelnd.
„Das Buch ist nichts für Sie, Miss Moor“, sagte sie und nahm es mir unaufgefordert aus der Hand. „Es ist in einer sehr alten Sprache geschrieben.“
Sie drückte es gegen ihre Brust, als müsste sie es beschützen.
„Es kam mir nicht so vor. Die erste Seite verstand ich ohne Probleme.“
Ihre Augen weiteten sich. „Sie müssen jetzt gehen. Ich schließe die Bibliothek gleich“, drängte sie mich.
„Natürlich.“
Mit Mrs. Hops im Nacken holte ich meine Jacke und verließ die Bibliothek. Lächelnd schloss sie die Tür hinter mir, während ich durch die Fenster noch hineinsah.
Irgendwas ging an dieser Schule vor. Zuerst dieser Typ im Umhang heute Nacht und jetzt dieses seltsame Verhalten von Mrs. Hops. Sie wollte ganz offensichtlich nicht, dass ich dieses Buch las. Deshalb musste ich erfahren warum und vor allem, was darin stand, weswegen sie es mir beinahe aus der Hand riss.
Ich drehte mich um und prallte an Viktor ab.
„Wo willst du den hin?“, fragte er lächelnd.
„Ich war nur kurz in der Bibliothek.“
Sein Lächeln verzog sich. „Und was wolltest du da?“
„Ein Buch lesen“, sagte ich mit hochgezogenen Augenbrauen. „Was ist bloß los mit euch? Was ist an dieser Bibliothek so besonders, das sie zu betreten fast verboten ist?“
„Nichts.“ Er sah mich verwundert an.
„Ach ja?“ Ich verschränkte die Arme vor der Brust. „Und warum hat Mrs. Hops mich regelrecht herausgeworfen, als ich ein Buch lesen wollte - man könnte denken ich hätte ein Verbrechen begangen. Und du hast dein Gesicht verzogen, als ich dir sagte, dass ich drin war.“
„Beruhige dich wieder.“
„Warum sollte ich mich beruhigen? Ich komme gerade erst in Fahrt.“ Ich gestikulierte mit den Händen.
„Mrs. Hops hat das bestimmt nicht so gemeint“, sagte er beruhigend. „Die ist sowieso verrückt. Das wissen alle.“
Ich musterte Viktor misstrauisch.
Und auch wenn mein Gefühl mir sagte, ich war im Recht, musste ich zuerst herausfinden, was es mit dem Buch auf sich hatte, bevor ich irgendwelche wilden Theorien aufstelle.
Er lächelte süß. „Hast du Lust auf einen kleinen Spaziergang mit mir? Ich muss einen klaren Kopf bekommen, vor dem heutigen Spiel.“
Seine dunklen Augen zogen mich in seinen Bann. Diesen Blick hatte Viktor wirklich drauf.
Er ließ mich sein Interesse deutlich spüren. Ich musste zugeben, ich tat nicht viel um es ihm auszureden, weil es sich schön anfühlte.
Ich atmete tief aus. „Na klar. Gehen wir Batman.“ Ich lächelte albern.
Meine Gedanken entfernten sich immer weiter von der Sache in der Bibliothek. Als wäre es seine Absicht gewesen, mich abzulenken. Er bot mir seinen Arm an und ich hakte mich ein.
Wir liefen an der Turnhalle vorbei, wo wir direkt zum schuleigenen Park kamen. Der Wind wehte leicht. Eine trockene Kälte.
„Wirst du heute Abend dabei sein?“, fragte er.
„Sicher, ich muss dir doch zujubeln.“
„Was würde ich nur ohne meinen größten Fan machen?“, sagte er amüsiert.
„Das frage ich mich auch“, scherzte ich. „Keine Ahnung, wie du es bisher ohne mich geschafft hast.“
„Ich weiß es auch nicht.“ Seine Antwort klang ernsthaft.
Ich sah ihn an. Er wirkte nachdenklich.
„Was ist?“, fragte ich.
„Hmm?“
„Warum schaust du so?“
„Wie den? Ich gucke wie immer.“
Sein bezauberndes Lächeln ließ sein Gesicht leuchten und damit überspielte er irgendwas, das er nicht mit mir teilen wollte. Und wenn das sein Wunsch war, würde ich nicht weiter bohren.
„Weißt du Viktor, langsam gewöhne ich mich daran, im Exil zu leben.“
Er lachte. „Exil?“, fragte er immer noch lachend. „So schlimm ist die Elias nun auch wieder nicht. Wir bekommen eine gute Ausbildung.“
„Ja und der Preis dafür ist unsere Freiheit. Wir sind hinter diesen Mauern eingesperrt, wie Gefangene, die man kontrollieren muss. Wir können nicht selbst entscheiden, ob wir in die Stadt fahren, ins Kino gehen oder einfach nur Einkaufen - es gibt hier rund herum einfach nichts. Kein einziges Schuhgeschäft, für das ich nicht zwei Stunden im Bus verbringen müsste.“
„Es geht hier also um Schuhe?“, fragte er mit gerunzelter Stirn.
„Nein.“ Ich boxte ihm in die Schulter. „Nein, ich vermisse mein Zuhause. Sogar meine Eltern, obwohl ich immer noch stinksauer auf sie bin. Dabei würde
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher