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Song of the Slums

Song of the Slums

Titel: Song of the Slums
Autoren: Richard Harland
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Schulter, wie Reeth es gemacht hatte. Das Mundstück hatte genau die richtige Höhe für Verrol.
    Doch sie kamen nicht dazu, ihren ersten Song anzustimmen. Astor schaffte es nicht einmal zurück zu ihren Drums, denn als sie merkten, wie viele Waffen von unten auf sie gerichtet waren, wagten sie keine Bewegung mehr.
    »Schießt sie ab, wie räudige Hunde!«, donnerte die Stimme von Bartizan Swale.
    Hilflos blickte Astor zu Verrol hinüber. Weil bislang nicht geschossen worden war, hatten sie diese Gefahr einfach unterschätzt. Dutzende Veteranen hatten die Front gegen die Streetkids verlassen und zielten nun auf die Musiker, die den Bühnenwagen gekapert hatten. Die Rowdys bildeten von allen Seite eine wunderbare Zielscheibe.
    »Schießt!«, donnerte Bartizan erneut.
    »Ich habe gesagt: nicht schießen«, bellte Marshal Dorrin.
    Astor sah ihren Stiefvater und die drei Swale-Brüder in etwa dreißig Meter Entfernung auf der anderen Bühne stehen. Der Marshal blickte mürrisch drein und war sichtbar verärgert, dass seine Befehle widerrufen wurden. Bartizan kochte vor Wut; sein Gesicht war so rot, dass es schon fast lila wirkte. Außerdem gab es eine Sache, die Bartizan nicht bedacht hatte.
    »Das ist dein Sohn, dort auf dem Wagen«, warnte Lorrain mit lauter Stimme.
    »Schie… «, hatte Bartizan gerade wieder begonnen, doch jetzt unterbrach er sich.
    »Nicht
mich
!«, flehte Prester. »Ich will nicht sterben!«
    »Komm da runter!«, brüllte Bartizan ihm zu.
    Aber Prester schien durch die auf ihn gerichteten Waffen wie gelähmt. Er tat Astor geradezu leid.
    »Du solltest lieber gehen«, sagte sie. »Spring schon runter.«
    Doch noch immer bewegte er sich nicht. Bartizan gab einen unterdrückten Laut von sich, der dem eines rasenden Bullen ähnelte. Dann schrie plötzlich Phillidas in seiner hohen metallischen Stimme. »Ihr habt den Befehl vernommen, Soldaten! Schießt! Nur nicht auf den Jungen!«
    Die Milizionäre hatten ihre Finger am Abzug, aber sie eröffneten das Feuer nicht, denn es war nicht leicht, Prester, der ganz vorne vor der Band stand, nicht zu treffen.
    »Los! Schießt!« Phillidas’ Stimme wurde um noch eine Oktave höher. Schließlich war Prester ja nicht
sein
Sohn.
    »
Halt!
« Marshal Dorrins Stimme war zwar nicht so durchdringend wie die von Phillidas, aber die ihr eigene authentische militärische Autorität zeichnete sie aus. »Diese Armee hat nur einen Oberbefehlshaber.
Ich
gebe hier die Befehle.«
    Phillidas drehte sich zu ihm um. »Dann befehlen Sie ihnen zu schießen, Sie alter Trottel.«
    Marshal Dorrin schüttelte den Kopf. »Senkt eure Waffen, Soldaten. Ein Soldat schießt nicht auf unbewaffnete Zivilisten.«
    Manche Gewehrläufe wurden gesenkt, andere blieben erhoben. Die Milizionäre wussten offensichtlich nicht, wie sie sich verhalten sollten. Mit einem frustrierten Aufschrei warf sich Phillidas auf den Marshal. Seine Brille mit den getönten Gläsern war ihm auf der Nase verrutscht, sein knochiges Gesicht bebte vor Aufregung, und er fuchtelte wutentbrannt mit seinen Fäusten in der Luft herum. Lorrain griff nach seinen Rockschößen in dem erfolglosen Versuch, ihn zurückzuhalten.
    Der Marshal war, was Alter und Größe anging, im Nachteil, doch er hatte Kampferfahrung. Während Phillidas vergeblich mit den Fäusten zuschlug, verpasste der Marshal ihm einen kurzen gezielten Schlag in die Magengrube.
    Phillidas krümmte sich vor Schmerzen und stieß hörbar Luft aus, wie ein sich entleerender Ballon. Während er versuchte sich zu sammeln, hatte sich der Marshal längst wieder an die Milizen gewandt.
    »Senkt eure Waffen, Soldaten. Das ist ein Befehl.«
    Daraufhin wurden alle Waffen gesenkt – und blieben gesenkt. Der Marshal drehte sich kurz um und blickte Astor direkt in die Augen. Sie konnte seinen Gesichtsausdruck nicht deuten. Lag vielleicht ein Hauch von Scham darin? Und wenn ja, tat es ihm dann leid, wie er sie behandelt hatte? Oder tat er sich selbst leid, weil er sich zu einer Marionette der Plutokraten hatte machen lassen? Doch was auch immer man in seinen Gesichtsausdruck hineinlesen wollte, eines war unmissverständlich – der Ausdruck wiederhergestellten Stolzes.
    Er wandte sich erneut den Milizen zu. »Soldaten! Wir haben dem König unsere Petition verlesen. Und damit ist diese Demonstration beendet.«
    Er nahm eine stramme Haltung an und erhob seinen Blick zum Balkon des Parlamentsgebäudes. Astor hatte keinen Zweifel daran, dass sein Blick auf die rotgewandete Gestalt
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