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Somnambul Eliza (German Edition)

Somnambul Eliza (German Edition)

Titel: Somnambul Eliza (German Edition)
Autoren: Stephanie Nailik
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Mittag
derart hatte täuschen lassen und lediglich eine dünne Strickjacke mitgenommen
hatte, die sich dummerweise nur mit einem Bindebändchen schließen ließ. Zum
Glück hatte sie es nicht weit. Eilig bog sie in die Siebensterngasse ein.
Obwohl es hier zahlreiche Kneipen und Restaurants gab, war kein Mensch auf der
Straße. Dennoch war der Weg vom Leopoldmuseum zu ihrer Wohnung in der
Mondscheingasse eigentlich keiner auf dem man sich fürchten musste. Es gab
keine dunklen Ecken und überall hätte man sich in eine der Gaststätten flüchten
können. Trotzdem beschlich Eliza an diesem Abend ein merkwürdiges Gefühl.
Mehrmals hatte sie den Eindruck, es folge ihr jemand, obwohl sie keine Schritte
und keine Stimmen hören konnte. Als sie allen Mut zusammennahm und sich ganz
beiläufig umdrehte, war sie noch immer allein auf der Straße. Weit und breit
war niemand zu sehen und es gab auch keine düsteren Hauseingänge, in denen sich
jemand versteckt haben könnte. Eliza beschleunigte ihren Schritt nochmals und
bog endlich in die Mondscheingasse ein. Sie war froh, als sie die Haustür
hinter sich ins Schloss fallen ließ. Hier entschied sie sich gegen den Lift und
nahm stattdessen die Treppe in den zweiten Stock.
    Mit der Wohnung hatte sie einen wahren
Glückstreffer gelandet. Über eine Wohnungsbörse hatte sie Kontakt zu einer
Dozentin der Uni Wien aufgenommen, die ein Forschungssemester in Südamerika
absolvieren wollte. Auf diese Weise war Eliza zu günstigen Konditionen zu einer
wunderbar zentral gelegenen und luxuriös ausgestatten kleinen Wohnung in einem
repräsentativen Altbau gekommen.
    Drinnen wurde sie sofort von Felis´
Schnurren begrüßt. Eliza bückte sich nach der Katze, die ihr in freudiger Erwartung
ihrer Abendmahlzeit um die Beine strich. Eliza vergrub für einen Moment das
Gesicht in dem seidig-silbrigen Fell, dann war Felis schon wieder einen Meter
weiter gelaufen und lotste ihr Frauchen auf diese Weise in die Küche. Eliza
öffnete eine Katzenfutter-Dose und verteilte den Inhalt auf einem
Porzellanteller mit romantischem Rosendekor. Sie setzte sich auf einen der
Küchenstühle und schaute Felis dabei zu, wie sie sich über das so genannte Rinderfilet
mit feinem Gemüse hermachte. Schließlich trat sie an den Kühlschrank und
machte sich selbst ein Käsebrot. Dazu schenkte sie sich ein Glas von dem
leckeren spanischen Wein ein, der noch vom Vorabend übrig war. Nach diesem
kärglichen Abendessen entschied sich Eliza, gleich ins Bad zu gehen und sich bettfertig
zu machen. In Nachthemd und Bademantel ließ es sich viel entspannter fernsehen
und außerdem konnte man später direkten Weges von der Couch ins Bett wechseln.
    Eliza kuschelte sich in die Wolldecke
und zappte durch das Fernsehprogramm. Schon bald sprang Felis leichtfüßig auf
die Sofalehne, tapste wie selbstverständlich über Elizas Füße und blieb einen
Moment auf deren Schienbeinen stehen. Obwohl Felis eine schlanke, fast
zierliche Vertreterin ihrer Art war, konnte die Verteilung von knapp vier Kilogramm
Lebendgewicht auf vier Pfoten à etwa zwei Quadratzentimeter beliebig schwer und
schmerzhaft werden. Eliza war entsprechend froh, als Felis sich nach einer
zweifachen Drehung um die eigene Achse endlich einen Platz an ihrer Seite
gesucht hatte, das Köpfchen an Elizas Hüfte gebettet. Dann gab die Katze einen
seufzenden Ton von sich, als hätte sie die größte Anstrengung der Welt
vollbracht und rollte sich schließlich wohlig schnurrend zusammen. Eliza blieb
bei einem Kulturmagazin hängen, doch eigentlich hörte sie gar nicht richtig
hin. Mit ihren Gedanken war sie bei dem schönen Fremden, mit dem sie nun
unverhoffter Weise eine Art Rendezvous hatte. Eliza durchfuhr ein leichtes
Kribbeln, das sich zu einer latenten Übelkeit steigerte. Der bloße Gedanke
verursachte bei ihr ein Gemisch aus Vorfreude und Nervosität. Als sie so völlig
in ihre Gedanken versunken war, klopfte es plötzlich an der Tür.
    Eliza schreckte hoch und ihr erster
Gedanke galt dem Fremden. Doch woher sollte der wissen, wo sie wohnte? Außerdem
hatte es nicht geklingelt sondern an der Wohnungstür geklopft. Eliza blickte
rasch auf die Uhr – es war kurz nach zehn. Zögernd öffnete sie die Tür.
    „Du siehst aber furchtbar verhuscht aus,
Liebes. Du hast doch nicht etwa schon geschlafen? Aber dein Aufzug ist wirklich
ganz entzückend. Erinnert mich an Carrie Bradshaw. Ist das Nachthemd Dior?
Sicherlich Vintage. Die Spitze, das zarte Rosa, das süße
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