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Sommerkind

Sommerkind

Titel: Sommerkind
Autoren: Diane Chamberlain
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auf dem Flug von Los Angeles dann und wann mit ihm unterhalten und gesagt, “True Life Stories” sei ihre Lieblingssendung. Er zweifelte allerdings am Wahrheitsgehalt dieser Aussage, denn als Moderator und Produzent der beliebten Fernsehsendung, in der er schicksalhaften Geheimnissen auf den Grund ging, war er derlei Schmeicheleien gewohnt. Die Frauen kannten ihn für gewöhnlich aus dem Fernsehen, die Männer vom Footballspielfeld. So oder so – er zog Aufmerksamkeit auf sich, und auch das schien Zack nicht recht zu sein. “Nie können wir irgendwo hingehen, ohne dass die Leute uns anstarren”, sagte er, nachdem der dritte oder vierte Passagier Rory um ein Autogramm gebeten hatte.
    “Willkommen in Nor-fuck”, murmelte Zack, und Rory überhörte es galant.
    Sie checkten am Schalter der Autovermietung ein und sorgten damit bei den zwei Schalterbeamtinnen, die ihren prominenten Kunden sogleich erkannten, für eine gewisse Aufregung, die sie jedoch zu unterdrücken versuchten.
    “Sie haben einen Jeep reserviert?”, stellte die Frau zur Überprüfung seiner Reservierung die rhetorische Frage.
    “Ehrlich?” Zack klang ungläubig.
    “Klar”, antwortete Rory. Er hatte ausdrücklich nach einem Jeep verlangt. Dort war ausreichend Stauraum für ihr beachtliches Gepäck vorhanden, und außerdem wusste Rory, dass er seinem Sohn damit eine Freude machen würde. Doch wenn Zack sich tatsächlich über den Jeep freute, gab er sich alle Mühe, es nicht zu zeigen.
    Der tomatenrote Jeep war nagelneu. Rory breitete die Straßenkarte über dem Lenkrad aus und suchte eine Route zu den Outer Banks heraus. “Es ist nicht weit”, sagte er zu seinem Sohn, der jedoch nicht reagierte.
    Von Norfolk nach Kill Devil Hills waren es nur anderthalb Stunden Fahrt. Zack war während des Flugs nicht gesprächig gewesen, und er war es auch jetzt nicht. So gab Rory seine Bemühungen nach einer Weile auf und richtete seine Aufmerksamkeit auf die Umgebung – auf all die Antiquitätenläden und Gemüsestände, die die Straße säumten und früher noch nicht da gewesen waren. Zack bearbeitete währenddessen auf der Jagd nach einem “halbwegs erträglichen” Sender den Suchknopf des Autoradios.
    Rory hatte all seine Hoffnungen in diesen Sommer gesetzt. Die Scheidung von ihm und Glorianne – Zacks Mutter – lag nun knapp zwei Jahre zurück. Seitdem besaßen sie das gemeinsame Sorgerecht für ihren Sohn. Zumindest theoretisch. Rory konnte ihn an den Wochenenden, in den Ferien und den Sommer über sehen. Doch vor einigen Monaten hatte Glorianne den Filmproduzenten geheiratet, mit dem sie Rory während ihrer Ehe betrogen hatte, und jetzt wohnte sie nicht nur in einem prächtigen Haus in Beverly Hills, sondern hatte auch sonst jegliche Habe, von der andere nur träumen konnten. Rory hielt sich für unfähig, mit dem schillernden Lebensstil mitzuhalten, den Zack nun bei Glorianne genoss – zumal sein Sohn in einem Alter war, in dem Eigentum und Pomp eine große Rolle spielten. Allmählich entglitt er ihm, und Rory hoffte, dass sie sich in diesem Sommer wieder annähern würden. Er wusste, dass sein Sohn hinter der angriffslustigen Fassade noch immer die Wunden leckte, die er und Glorianne ihm mit ihrer Trennung zugefügt hatten. Und er war sich auch bewusst, dass Zack ihnen beiden nachtrug, dass sie es so weit hatten kommen lassen. Vom Kopf her verstand Rory das alles. Er wusste nur nicht, wie er damit umgehen sollte.
    “Und”, fragte Zack, während er gelangweilt auf dem Suchknopf herumdrückte, “wann sind wir endlich da?”
    “Noch zwanzig Minuten, schätze ich”, antwortete Rory. “Früher war diese Straße hier einmal ganz schmal und verschlafen, bloß mit vereinzelten Gemüseständen an den Seiten.”
    “Auf mich wirkt sie immer noch ziemlich schmal und verschlafen”, erwiderte Zack. Er war ein typisch südkalifornisches Kind. Alles, was weniger befahren war als der San Diego Freeway, war für ihn verschlafen.
    Aber Rory wollte sich jetzt nicht streiten. Er wusste, wie sehr Zack es hasste, Geschichten von “früher” zu hören, und er sagte sich, dass er selbst mit fünfzehn wohl auch gut auf Unterhaltungen dieser Art hatte verzichten können.
    “Ich vermisse L. A. jetzt schon”, moserte Zack und sah aus dem Fenster.
    “Warte ab, noch sind wir nicht auf den Outer Banks.”
    “Ich verstehe sowieso nicht, warum wir hierher fahren mussten.”
    Rory hatte eigentlich geglaubt, seinem Sohn die Gründe für seinen Entschluss, den
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