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Sommer in Lesmona

Sommer in Lesmona

Titel: Sommer in Lesmona
Autoren: Magdalene Marga; Pauli Berck
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wird es nicht erlauben, daß wir uns verloben.» Da fing er
wieder an, mit meiner Hand zu spielen. Dann sagte er: «Ich muß als anständiger
Mann bei Ihrem Vater um Sie anhalten, nachdem ich Sie hier jetzt sozusagen mit
meinem Antrag überfallen habe.» Ich war so hilflos und dachte immer: «Wenn er
doch nur erst im Closett wäre!» Diese Dringlichkeit konnte ich gar nicht
ausstehen. Er fand mein blaues Kleid so hübsch, und daß es mir so gut stände.
Plötzlich fiel mir dabei ein, wie böse Du warst, als ich heute früh um 6 die
Kleider anprobierte, um zu sehen, welches mir besser stände, und wie ich mich
für ihn schönmachen wollte. Als ich das dachte, mußte ich lachen, und er
fragte: «Warum lachen Sie denn, bitte, bitte, sagen Sie es mir doch.» Da habe
ich es ihm erzählt, und er sagte ganz selig: «Sehen Sie, das ist doch ein
Zeichen, daß Sie mich gern haben, wenn Sie sich für mich hübsch machen wollten,
also ich schreibe doch Ihrem Vater.» «Um Gottes willen», rief ich, «wir
sind gleich in Hamburg, gehen Sie bloß ins Closett!» Er war sichtlich geknickt,
küßte meine beiden Hände und verschwand im Clo. Er war aber viel zu früh
hineingegangen, und ich überlegte immer, ob ich ihn nicht wieder rausholen
sollte, aber das mochte ich auch nicht.
    Endlich, endlich waren wir in Hamburg,
und Frau Georgi stand direkt vor meinem Coupé. In Bremen war Wilhelm auf dem
Perron und sagte, es wäre noch eine Überraschung im Wagen. Da dachte ich’s mir
schon und sah auch sofort beim Herauskommen Prinz und Pieter mit den
Vorderpfoten über dem heruntergeschlagenen Verdeck des Wagens liegen, mit gespitzten
Ohren und wahnsinnig aufgeregt ausspähend, wer von uns nun wohl kommen würde.
Ich pfiff einmal unseren Pfiff, und sofort fing das Geschrei an. Als ich in den
Wagen stieg, saßen mir beide am Halse. Ich konnte sie kaum beruhigen.
    Zu Hause vor der Tür standen Linsche,
Johanne und Anna, und ich fühlte mich so geborgen nach dieser furchtbaren Reise
mit Hans. Und nun, ehe ich’s vergesse: Kutscher Heinrich sagte, daß unser eines
Pferd krank sei und Euer eines ebenso — der Tierarzt weiß noch nicht, was es
ist. Aber da sie im selben Stall stehen, scheint es eine Infektion zu sein.
Franck hat nun Heinrich für die paar Tage, die ich hier bin, Euer gesundes
Pferd zur Verfügung gestellt. Hoffentlich ist das Deinem Vater recht? Ich reise
ja nun schon gleich wieder ab, aber ich sage es ihm jedenfalls. Linsche und ich
aßen schon um 12 Uhr zu Mittag, weil ich so hungrig war. Die gute Johanne hatte
Hammelkoteletten gemacht, damit ich den Hunden gleich die Knochen geben könnte.
Eure rührende Frieda hatte Prinz herübergebracht und mir sagen lassen, daß ich
ihn bis zu meiner Abreise behalten dürfte. Nach Tisch packte ich mit Linsche
aus und ein, und ich erzählte ihr alles mit Hans. Sie sagte dauernd: «O
Gottogott, was wird Herr Konsul sagen, Du armes Kind, aber Du hast ja eigentlich
nichts Böses getan!»
    Um 4 ging ich zu Onkel Herbert ins
Kontor und meldete mich zurück. Die Hunde hatte ich draußen angebunden.
    Nun soll dieser Brief erst mal weg,
damit Du alles von Hans erfährst. Ich war erst noch bei Eurer Frieda und gab
ihr das Geld von Deiner Mutter. Deinen Eltern schreibe ich später, ich bin
heute zu aufgeregt.
    Eigentlich wollte ich ja gar nicht, daß
Hans an Papa schreibt, aber es war alles so verworren. Ich weiß selbst gar
nicht, ob ich ihn will oder nicht, und ich kenne ihn ja kaum. Schreibe mir nun
sofort nach München, Hotel Vierjahreszeiten, weil ich ja nur zwei Tage in
Wildungen bleibe.
    In inniger Liebe
    Deine Matti
     
     
     
    Bremen, den 1. Juli 93
    Liebe einzige Bertha!
    Heute früh war ich bei Dr. F., und er
plombierte mir drei Zähne. Immer, wenn ich schrie, sagte er: «Ja, ja, Sie sind
mein Mäusekönig, mein lieber kleiner Mäusekönig.» Das fand ich frech, denn ich
bin durchaus nicht sein Mäusekönig. Aber er hat wieder so viel betäubt, daß wir
uns alles von ihm gefallen lassen müssen. Dann fuhr ich mit unserem Wagen mit
Prinz und Pieter nach Lesmona. Du glaubst nicht, wie die beiden Hunde draußen
mit Mohr auf dem Rasen getobt haben. Um 5 Uhr fuhr ich zurück. Onkel Herbert
und Fräulein Kaiser waren rührend zu mir. Die Hunde haben beide Nächte in
meinem Zimmer geschlafen, und morgens kamen sie auf mein Bett.
    Nun wird in Wildungen die Bombe
platzen. Linsche weint schon jetzt vor Angst! Denke an mich und schreibe bald.
    In inniger Liebe
    Deine Matti
     
     
     
    Bad
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