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Sommer in Lesmona

Sommer in Lesmona

Titel: Sommer in Lesmona
Autoren: Magdalene Marga; Pauli Berck
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gern
nach unserem Spaziergang um ½ 7, und er sagte, dann sei niemand mehr drin. Wir
gehen hinein, und da wird ganz herrlich Orgel gespielt. Zuerst das Largo von
Händel, dann ein wunderbares uns unbekanntes Lied und nachher ein Choral. Wir
blieben noch eine Zeitlang sitzen, als es zu Ende war, und ich betete das
Vaterunser. «Dein Wille geschehe»; das ist die Hauptsache, daß man alles in Gottes
Hand legt.
    In der Kirche vor der Tür sagte er: «Es
ist so schön, daß wir uns so gut verstehen», und gab mir die Hand.
    Ja, diese Freundschaft ist auch sehr schön.
Aber es ist doch nur ein schwacher Abglanz von dem, wie Du und ich uns
verstehen.
    In inniger Liebe
    Deine Matti
     
     
     
    Bad Kreuth, den 1. August 93
    Liebste liebe Bertha!
    Heute nur ein ganz kurzer Gruß. Die
alte Gräfin ist heute nach München abgereist. Sie lud uns ein, bei unserer
Rückkehr in München bei ihnen Tee zu trinken. Wir sind nun noch ca. acht Tage
hier mit Egon zusammen. Ich schreibe eigentlich heute nur diesen Gruß, um Dich zu
beruhigen, denn ich denke gar nicht daran, mich mit ihm zu verloben. Es ist ja
ganz entsetzlich, daß ich keine Liebe aufbringen kann.
    Und nun tausend Grüße
    von Deiner Matti
     
    PS.
    Jeden Mittag nach dem Essen geht Papa
mit Egon und mir in die Schießbude zum alten Moderegger. Mir soll dort Schießen
beigebracht werden, was ich auch schon sehr gut lerne. Gestern hatte ich nun
auf der Karte mitten in das rote Herz hineingetroffen. Ich war sehr stolz
darauf und zeigte es nachher Egon nochmal, als wir allein waren. Da sagte er:
«Ja, ja, Sie können es — so haben Sie es bei mir auch gemacht.»
     
     
     
    München, den 16. August 93
    Hotel Vierjahreszeiten
    Liebste liebe Bertha!
    In Kreuth kam ich nicht mehr zum
Schreiben. Hier regnet es nun in Strömen, und ich schreibe Dir von hier in
Ruhe.
    Also Egon war wirklich immer bei mir,
und beim letzten Spaziergang in der Langenau sagte er: «So, jetzt bleiben wir
zurück und setzen uns hier an den Wasserfall. Das habe ich mir so ausgedacht.
Es wird mir sehr schwer, Ihnen etwas zu sagen, was ich vielleicht besser nicht
sagen sollte. Sie sind so jung, und ich denke, es ist besser, Sie noch in Ruhe
zu lassen. Sie wollen ja aber nun im nächsten Frühling nach Florenz und kommen
dann durch München. Dann will ich Sie in München fragen, ob Sie noch an Kreuth
und an mich denken. Ist Ihnen das so recht?» Ich war sehr erleichtert über das
Hinausschieben und sagte hocherfreut: «Ja, das ist das Beste so.» Dann gab er
mir fest die Hand und sah mich ernst und lange an.
    Liebe, liebe Bertha, so etwas habe ich
mir nun immer gewünscht, und nun, wo es da ist, bedrückt es mich. Ich kann
sicher nicht lieben, denn sonst müßte ich doch wohl zum vierten Mal bei einem
so wertvollen und so reizenden Menschen endlich Liebe fühlen.
    Wir kamen um ½ 7 nach Haus. Eine
Viertelstunde später klopft Babett an unserem Wohnzimmer an, wo ich mit den
Eltern die Post durchlas. Babett fragt, ob der Herr Graf P. wohl in 10 Minuten
heraufkommen könnte. «Jawohl, bitte», sagt Papa. Ich hatte den Eltern keine
Silbe von Egons Worten am Wasserfall erzählt. Sie waren furchtbar aufgeregt in
Erwartung von Egons Besuch und berieten, ob ich hinaus sollte oder nicht. Da
ich doch wußte, daß er keinen Antrag machen würde, sagte ich, ich bliebe
natürlich drin. Als er hereinkam, rissen beide Eltern die Augen weit auf in
Erwartung eines Antrages. Da sagte Egon: «Ich habe eine große Bitte, würden Sie
wohl meinen Stock und meinen Schirm mit nach München nehmen, weil ich doch mit
dem Pferd zurückreite?» Die Gesichter der Eltern wurden ganz schlaff und
ellenlang. Ich mußte so wahnsinnig lachen, daß ich beinahe losplatzte.
    Abends waren wir zuletzt bei den
Sternen auf dem Plateau. Als er mir Gute Nacht sagte, drückte er meine Hand,
was er noch nie getan hatte. Am anderen Morgen fuhren wir ab. — Halb Kreuth
stand wie immer und winkte. Egon ritt bis Rottach nebenher. Er schenkte mir zum
Abschied keine Rosen, sondern einen großen Busch Silberdisteln. Nachdem diese
Disteln uns allen die Gesichter und Hände zerpiekst hatten, ließ ich sie am
Bahnhof in Tegernsee hegen. Findest Du diese Disteln nicht etwas verrückt?
    Mit tausend innigen Grüßen
    Deine Matti
     
     
     
    An
    Fräulein Bertha Elking, Berlin,
    Hotel du Nord, Unter den Linden
     
     
    Bremen, den 23. Oktober 93
    Liebe einzige Bertha!
    Eure fluchtartige Abreise nach Berlin
ist mir erst nachträglich klargeworden. Ich konnte ja
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