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Sommer in Lesmona

Sommer in Lesmona

Titel: Sommer in Lesmona
Autoren: Magdalene Marga; Pauli Berck
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höher gelegenen Klostergarten umschlossen war. Da hinauf
waren Mauern, die ganz von grünen und blühenden Ranken überwuchert waren. In
der Mitte dieses Gartenhofes plätscherte eine Marmorfontaine. An der einen Seite
des Hauses war eine große vorgebaute Loggia, wo sie bei Wärme den Tee genommen
haben. Tante Marie ist über siebzig Jahre und die Schwester von Großmutter
Struve, beide sehen ja aus wie Fürstinnen, ganz wunderbar. Wenn wir im April
aus Rom zurückkommen, wird dieser Palazzo verlassen sein, und Tante Marie wird
in Fiesole leben und ein sehr kleines Haus bewohnen.
    Und mm noch tausend Dank für Deinen
heute erhaltenen Brief.
    In Liebe umarmt Dich
    Deine Matti
     
     
    Rom, Hotel Eden, den 27. März 94
    Liebe einzige Bertha!
    Denke Dir, ich habe Malaria und soll
ein paar Tage zu Haus bleiben. Da kann ich Dir in Ruhe schreiben. Inzwischen
schrieb ich Dir nur Karten, weil ich nie zum Schreiben kam. Deine Briefe machen
mich so glücklich, und es ist zu wunderbar, daß Du Dich mit John so gut
verstehst. Wie sehr gönne ich Dir jedes Glück, meine liebe, liebe Bertha!
Jetzt, wo ich krank bin, habe ich auch schon angefangen, an der Veilchendecke
für Deine Hochzeit zu sticken.
    Der alte Bildhauer, Professor
Konstantin Dausch, macht jetzt ein kleines Marmorrelief von meinem Profil. Ich
finde es eigentlich sehr niedlich, aber meine Eltern möchten natürlich, daß ich
schöner wäre. Die Wege zu ihm und von ihm (15 Minuten) darf ich allein machen,
und denke Dir, in dieser kurzen Zeit genieße ich diese wunderbare Stadt am
allermeisten. So kann ich die Dinge, die mir am meisten liegen, selbst entdecken: bezaubernde Straßenbilder, ein altes rosa Haus unter blauem Himmel
mit verschwenderischen Blumen an den Fenstern, in der Haustür sitzend eine
wunderbare Frau mit blauem Kopftuch, die ein Kind an der Brust hat. Dann ein
Wagen, dessen Rad abgefahren ist und der von hundert schreienden Menschen
umstanden wird. Auch die Zelte mit den Blumen und dem verschwenderischen Obst
an den Straßenecken sind bezaubernd. Ich gehe auch oft allein in die alte
Kirche am Wege, die so göttlich schön ist. Alles andere wird mir gezeigt
und wird mir erklärt, und dieses kann ich alles für mich allein erleben!
    Wir waren zweimal im Wagen in der
Campagna, ganz wunderbarer Eindruck des Landes, dann eine Partie zum Nemi-See,
die ich sehr genoß. Es würde mir aber komisch vorkommen, wenn ich Dir vom
Lateran und allen Museen erzählen wollte. Das kannst Du überall anders besser
lesen.
    In der Peterskirche erlebten wir Ostern
den Papst! Professor Dausch hatte uns Karten verschafft. Bei dem fanatischen «Evviva»-Geschrei
wurde Mama auch von dieser Welle miterfaßt und war ganz hinüber. Ich fand das
Ganze so furchtbar irdisch und daß diese äußerliche Pracht so gar nichts mit
den göttlichen Dingen zu tun hätte.
    Von Dr. Retberg hörte ich noch nichts.
Ich finde es einfach empörend, daß er mir nicht schreibt. Aber denke Dir, bei
ihm ist irgend etwas, was man nicht durchschaut. Nach den Proben im Dezember
für das Lustspiel bei Heinz und Rena lief er immer schon um 9 weg, während wir
anderen alle noch bis 10 oder 11 blieben. Auch am Abend selbst, wo getanzt
wurde, war er plötzlich um 10 verschwunden. Ich fragte damals Rena nach ihm,
und da sagte sie: «Heinz und ich sind böse auf ihn, er ist heimlich weggelaufen.»
Als ich Dr. Retberg später selbst fragte, sagte er, er müsse noch mit seiner
Lunge sehr vorsichtig sein. Ich antwortete: «Die Abendluft ist aber doch um 11
nicht schlechter als um 9.» Auf dem Ball bei Grommés verschwand er auch um 12,
obwohl ich, doch nun dort war, und man hätte denken können, daß er diese
Zeit mit mir, noch dazu an seinem letzten Abend vor der Abreise, hätte
ausnützen müssen. Er sah bei Grommés Tita Schl. aus Hamburg, die bei Fritzes
wohnte, und da sagte er zu mir: «Wer ist dieses zauberhafte Mädchen, die ‹intriguiert›
mich, bitte stellen Sie mich der vor.» Das ist doch erstaunlich, wenn er mich will! Aber daran sehe ich ja vielleicht am besten, daß er mich nicht will. Er hat eben leider eine große Anziehungskraft für mich, der gegenüber ich
schwach bin. Anstatt ihn mit Tita stehenzulassen, wartete ich. —
    Zwischen diesen dunkeläugigen
Italienerinnen komme ich mir sehr häßlich vor, und ich wünsche mir immer
schwarze Haare und schwarze Augen, aber da ja daran nichts mehr zu ändern ist,
muß ich wenigstens dafür sorgen, daß meine Sommersprossen weggehen. Ich mache
hier
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