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Sommer in Ephesos

Sommer in Ephesos

Titel: Sommer in Ephesos
Autoren: E Schmidauer
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nahm ein Shirt, das auf den Boden gefallen war. Er drehte es in seinen Händen, er legte es, als könnte ihn die Sorgfalt retten, sorgfältig zusammen, er legte es in den Koffer und stand wieder da, mit leeren Händen.
    Er darf es nie erfahren, habe ich gebetet, ich weiß nicht zu wem. Es war doch nur dieses eine Mal gewesen, habe ich gedacht. Und dann, Hubert sah auf seine Hände, Priesterhände, hatte der Vater gesagt und die Mutter hatte gelacht, dann ist die Zeit vergangen und ich dachte, was dachte ich, dass ich noch einmal davongekommen war? Ich habe mit anderen Frauen geschlafen, um zu vergessen, mit wem ich nicht hätte schlafen dürfen.
    Ich weiß, wann sie es dem Vater gesagt hat, sagte ich.
    Hubert war in das Haus gegangen, sein Schritt war leicht gewesen. Er war beim Vater in der Bibliothek gewesen. Hubert hatte mir seine Hand auf die Wange gelegt. Ich weiß es nicht, Ana, hatte er gesagt, ich weiß nicht, ob wir uns wiedersehen.
    Der Koffer des Vaters war im Vorraum gestanden, ich weiß es wieder, sagte ich.
    Ich gehe fort von hier, hatte die Mutter gesagt, nicht weinen. Dass du ficken kannst, wen du willst, geht es darum?, hatte der Vater gebrüllt. Etwas war zwischen den Eltern zersprungen. Willst du, hatte die Mutter gesagt, dass die ganze Welt es weiß. Du lügst, hatte der Vater geschrien und ich hatte mir die Hände an die Ohren gepresst, dass die ganze Welt es erfährt, wen ich aller gefickt habe und warum.
    Ihr wolltet über die Dissertation reden, sagte ich. Ihr wolltet eine Lösung finden für euer Dissertationsproblem. Du bist zu uns gekommen, weil du dachtest, es geht um Versöhnung, und er hat dich rausgeworfen. Sie hat es ihm an diesem Tag gesagt.
    Ich verstehe, sagte Hubert. Natürlich, sagte er. Er drehte sich im Zimmer, als suchte er jemanden, aber da war keiner außer uns. Du solltest jetzt gehen, Ana. Er sammelte Dinge ein, er stapelte Bücher, Zettel, er warf, was noch im Kasten war, in den Koffer. Geh jetzt.
    Ich schüttelte den Kopf.
    Was willst du noch?, sagte Hubert mit einer scharfen Ungeduld. Ich hab zu tun, geh.
    Nein, sagte ich. Schick mich nicht fort.
    Ich sah ihn nicht an, bis er sich mir gegenüber auf den Boden hockte. Er nahm meine Hände, sie waren eiskalt, er rieb sie. Ana, sagte er, es ist leichter, wenn du jetzt gehst.
    Ich schüttelte den Kopf.
    Wie kannst du noch hier sein wollen, sagte Hubert.
    Lass mich bei dir sein, bitte.
    Wir sollten es beenden, sagte Hubert, jetzt.
    Ich suchte ihn mit meinen Händen, meinem Mund, ich will mich wenigstens von dir verabschieden. Dann habe ich gespürt, dass er mir nachgab.
    Der Muezzin hat gesungen und ich habe gewusst, was ich tun musste. Ich bin ins Hotel gegangen, die Luft war blau und kühl, ich habe geduscht, mich umgezogen. Als ich wieder im Grabungshaus war, war es kurz vor sechs. Der Vater öffnete mir die Tür, was willst du?, fragte er, seine Augen waren gerötet.
    Du darfst das nicht tun, sagte ich.
    Habe ich nicht alles Recht dazu?, fragte er.
    Bitte.
    Schickt er jetzt dich?
    Er weiß nicht, dass ich hier bin. Er würde nicht wollen, dass ich betteln gehe zu dir. Der Vater verzog sein Gesicht, höhnisch, und er wird es auch nicht erfahren, was ich dir sage.
    Also, sagte der Vater.
    Bitte, sagte ich, du darfst das nicht tun.
    Was soll mich denn davon abhalten?, hat der Vater gesagt, da habe ich meine Arme um seine Beine geschlungen und mein Gesicht an seine Knie gedrückt, rauer, kratziger Stoff, das habe ich als Kind getan, dass er nicht wegfahren konnte. Ich werde ihn nie wieder sehen, ich verspreche es dir, sagte ich, aber mach ihm nicht sein Leben kaputt.
    Im Badezimmer dröhnte ein Föhn, lass das, Anastasía, sagte der Vater endlich, du bist zu alt für so was. Er löste meine Arme, er schob mich weg. Ilse kam aus dem Badezimmer, das Mitleid in ihren Augen. Sie schloss die Badezimmertür, ich war wieder allein mit dem Vater. Ich wischte mir die Tränen weg, er mochte es nicht, wenn ich weinte. Du liebst ihn immer noch, sagte der Vater.
    Das ist doch ganz gleichgültig jetzt, sagte ich.
    Er verdient es nicht, sagte der Vater, dass du ihn liebst.
    Ich tu, was du willst, ich rede kein Wort mehr mit ihm, von jetzt an kein Wort. Ich fahre nach Hause, heute noch, wenn du es willst.
    Ich muss nachdenken, sagte der Vater, lass mich jetzt allein.
    Ich ging in den Speisesaal. Nimmst du mich mit?, sagte ich zu Jan. Hubert kam auf mich zu, ich schüttelte den Kopf. Etwas flackerte auf in seinen Augen und erlosch. Einmal
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