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Solarstation

Titel: Solarstation Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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bedeuteten.
    Doch er zögerte nicht lange. Nachdem der Revolver auf Nimmerwiedersehen verschwunden war, ging er daran, mich mit bloßen Händen umzubringen, und er machte seine Sache nicht schlecht. Er griff nach meinem Hals – offenbar war mich zu erwürgen das erste, was ihm in den Sinn gekommen war –, doch dort schützte mich der metallene Aufsatzring des Raumhelms. Aber er bekam meinen Helm zu fassen und begann, ihn mit wütender Kraft gegen den nächsten harten, kantigen Widerstand zu schmettern.
    Raumhelme sind innen gepolstert, so daß mir das nicht weh tat, aber ich begann zu befürchten, daß der Hersteller des Helms in bezug auf dessen absolute Bruchfestigkeit vielleicht genauso übertrieben haben mochte, wie er es in bezug auf die Beschlagsicherheit bereits getan hatte. Es gelang mir, mich Khalids Griff zu entwinden und ihn seitlich zu unterlaufen, und während er taumelte und hastig nach dem nächsten Halt griff, sprang ich ihm auf den Rücken und fing an, an seinen Sauerstoffleitungen zu reißen. Ein panischer Schrei gellte in meinen Kopfhörern, und ich verstand ihn nur allzu gut: rings um uns herrschte völliges Vakuum, vollständige Luftleere – wenn es mir gelang, auch nur ein winziges Loch in seinen Raumanzug zu reißen, dann war es unweigerlich um ihn geschehen.
    Ein mörderischer Zweikampf entbrannte. Verblüfft stellte ich fest, daß ich Khalid, was den Ringkampf in der Schwerelosigkeit anbelangte, weit überlegen war: die zahlreichen Schäferstündchen mit Yoshiko hatten meine Gewandtheit und meinen Orientierungssinn besser geschult, als ein jahrelanges hartes Training es vermocht hätte. Ineinander verkeilt umherzuschweben, sich zu winden, den anderen festzuhalten, wegzustoßen – all das hatte ich schon oft und ausgiebig praktiziert, nur daß wir damals die Lust des anderen im Sinn gehabt hatten und nicht seinen Tod.
    Khalid warf sich zurück, um mich gegen eine Strebe zu schmettern, doch da war ich schon neben ihm, packte seinen Arm und verdrehte ihn im Gelenk. Khalid schrie auf. Seine Schreie klangen mittlerweile wie Musik in meinen Ohren. Er riß sich los, versuchte einen schwerfälligen Ringergriff, doch ich drehte mich mit einem Sprung, der unter normaler Schwerkraft unmöglich gewesen wäre, mühelos wieder heraus. Und wieder widmete ich mich seinen Sauerstoffleitungen, riß und zerrte daran mit all der bluthungrigen Wut, die die letzten Tage in mir aufgestaut hatte. Ich riß daran für Neil, ich riß daran für Oba, ich riß daran für Professor Yamamoto – doch was die Stabilität der Raumanzüge anbelangte, schien der Hersteller mit seinen kühnen Behauptungen sogar noch untertrieben zu haben; ich bekam keinen der Schläuche ab.
    Aber eigentlich, schoß es mir durch den Kopf, war es auch nicht unbedingt nötig, Khalid zu töten. Unter uns, in jenem schmalen morgenhellen Spalt am Rand der kilometergroßen betongrauen Scheibe, kam das Rote Meer in Sicht. Ich war ihm wenn auch nicht kräftemäßig, so doch aufgrund meiner Erfahrung und Geschicklichkeit überlegen, ich brauchte ihn nur so lange in Schach zu halten, bis wir Mekka passiert hatten, dann war Khalids Spiel, das Spiel des neuen Propheten Abu Mohammed, verloren. Dann würde das teuflische Wunder nicht stattfinden, und Neil würde leben…
    Da riß sich Khalid los, schnellte auf den Rand der Plattform zu und schwang sich um den Rand herum auf die Unterseite. Ich setzte ihm nach, ohne zu zögern; es herrschte Schwerelosigkeit, und ob wir auf der der Solarstation zugewandten Seite der Plattform miteinander rangen oder auf der stationsabgewandten Seite, das war ein und dasselbe.
    Er hangelte sich hastig durch das Gewirr der schräg verlaufenden Stützstreben; ein Mann auf der Flucht. Ich setzte ihm nach, holte ihn ein und wollte mich gerade erneut auf ihn stürzen, als er plötzlich herumfuhr, die rechte Hand zu einer weiten, bedrohlichen Bewegung nach oben reißend. Ich sah, was er in der Hand hielt, und mir gefror das Blut in den Adern.
    Er mußte es die ganze Zeit bei sich getragen haben, in irgendeiner seiner Taschen, und erst jetzt war er dazu gekommen, es herauszuholen. Und er würde mich damit töten. Alles in mir war starr vor Verzweiflung, und eine blinde, heiße Panik stieg wie kochendes Wasser aus meiner Magengrube auf, nur Flucht! Flucht! signalisierend, doch ein Teil meines Verstandes, der kühl und leidenschaftslos blieb und es immer bleiben würde, wußte, daß mein Schicksal besiegelt war. Ich konnte versuchen,

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