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Sofies Welt - Roman über die Geschichte der Philosophie

Sofies Welt - Roman über die Geschichte der Philosophie

Titel: Sofies Welt - Roman über die Geschichte der Philosophie
Autoren: Carl Hanser Verlag
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wohl nur ein Jux?«
    »Aber nein! Ich habe alles vorbereitet, verstehst du? Mama serviert.«
    Dann mussten sie ausführlich über den Ordner und die Geschichte von Sofie und Alberto reden. Bald standen auch Truthahn und Waldorfsalat, Roséwein und Hildes Hefezopf auf dem Tisch.
    Als der Vater etwas über Platon sagen wollte, fiel ihm Hilde plötzlich ins Wort:
    »Pst!«
    »Was ist los?«
    »Hast du das nicht gehört? Hat da nicht etwas gepiepst?«
    »Nein.«
    »Aber ich bin ganz sicher, dass da etwas war. Ach, es war wohl nur eine Maus.«
    Das Letzte, was der Vater sagte, während die Mutter den Wein holte, war:
    »Aber der Philosophiekurs ist noch nicht ganz vorbei.«
    »Wie meinst du das?«
    »Heute Nacht erzähle ich dir vom Weltraum.«
    Ehe sie ihr Festmahl begannen, sagte er:
    »Hilde ist jetzt zu groß, um auf dem Schoß zu sitzen. Aber bei dir ist das was anderes.«
    Und damit zog er Marit auf seinen Schoß. Dort musste sie lange sitzen, ehe sie etwas essen durfte.
    »Dabei bist du bald vierzig ...«
    Während Hilde und ihr Vater einander in den Armen lagen, spürte Sofie, dass ihr die Tränen kamen.
    Sie konnte Hilde nicht erreichen!
    Sofie spürte, wie sie Hilde darum beneidete, ein echter Mensch aus Fleisch und Blut sein zu dürfen.
    Als Hilde und der Major sich an den gedeckten Tisch gesetzt hatten, hupte Alberto.
    Sofie blickte auf. Und tat Hilde das nicht auch?
    Sofie lief zu Alberto und setzte sich neben ihn in den Wagen.
    »Wir sehen ein bisschen zu, ja?«, sagte er.
    Sofie nickte.
    »Hast du geweint?«
    Wieder nickte sie.
    »Was ist denn los?«
    »Sie hat Glück, sie kann ein richtiger Mensch sein ... Bald ist sie erwachsen und eine richtige Frau. Sicher bekommt sie auch richtige Kinder ...«
    »Und Enkelkinder, Sofie. Aber alles hat zwei Seiten. Das wollte ich dir schon ganz zu Anfang unseres Philosophiekurses beibringen.«
    »Wie meinst du das?«
    »Ich meine wie du, dass sie Glück hat. Aber wer das Los des Lebens zieht, muss auch das Los des Todes ziehen. Denn das Los des Lebens ist der Tod.«
    »Ist es denn nicht trotzdem besser, gelebt zu haben, als nie richtig zu leben?«
    »Wir können kein Leben wie Hilde leben ... naja – oder wie der Major. Zum Ausgleich werden wir auch nie sterben. Weißt du nicht mehr, was die alte Frau im Wald gesagt hat? Wir gehören zum ›unsichtbaren Volk‹. Sie hat auch gesagt, dass sie über hundertfünfzig Jahre alt ist. Auf dem Johannisfest habe ich sogar Figuren gesehen, die über dreitausend Jahre alt waren.«
    »Vielleicht beneide ich Hilde am meisten um dieses ... Familienleben.«
    »Du hast doch selber eine Familie. Schließlich hast du eine Katze, zwei Vögel und eine Schildkröte ...«
    »Diese Wirklichkeit haben wir doch verlassen.«
    »Kein bisschen. Die hat nur der Major verlassen. Er hat den Schlusspunkt gesetzt, mein Kind. Und er wird uns nie wieder finden.«
    »Meinst du, wir können zurückgehen?«
    »Sooft wir wollen. Aber wir werden auch im Wald hinter dem ›Cinderella‹ in Fiane neue Freunde kennen lernen.«
    Jetzt setzte sich die Familie Møller Knag zum Essen hin. Einen Moment lang fürchtete Sofie, diese Mahlzeit könnte dieselbe Wendung nehmen wie das philosophische Gartenfest im Kløverveien. Der Major schien Marit jedenfalls an die Wäsche zu wollen. Aber dann zog er sie nur auf den Schoß.
    Das Auto stand ein gutes Stück von der Tafel entfernt. Nur ab und zu konnten Sofie und Alberto hören, was dort gesprochen wurde. Sie starrten in den Garten und hatten Zeit genug, das unselige Gartenfest noch einmal in allen Einzelheiten durchzugehen.
    Erst gegen Mitternacht stand die Familie Knag vom Tisch auf. Hilde und der Major setzten sich auf die Hollywoodschaukel und winkten der Mutter zu, die auf dem Weg ins Haus war.
    »Geh nur schon schlafen, Mama. Wir haben viel zu bereden.«

Der große Knall
    ... auch wir sind Sternenstaub ...
    Hilde machte es sich in der Hollywoodschaukel neben ihrem Vater gemütlich. Es war fast zwölf Uhr. Sie schauten über die Bucht; am Himmel zeichneten sich die ersten blassen Sterne ab. Schwache Wellen plätscherten gegen den Felsen unter dem Steg.
    Der Vater brach schließlich das Schweigen:
    »Ein seltsamer Gedanke, dass wir auf einem kleinen Planeten irgendwo im Universum leben.«
    »Ja ...«
    »Die Erde ist einer von vielen Planeten, die um die Sonne kreisen. Aber unser Planet ist der Einzige lebende.«
    »Und vielleicht der Einzige lebende im ganzen Weltraum?«
    »Ja, das ist möglich. Aber es ist auch
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