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Söhne der Luna 1 - Im Bann des Wolfes

Söhne der Luna 1 - Im Bann des Wolfes

Titel: Söhne der Luna 1 - Im Bann des Wolfes
Autoren: Lara Wegner
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hinaus. Ein letzter Blick auf Lucas war ihr vergönnt. Er saß auf dem Hosenboden und blutete aus der Nase. Sie streckte die Arme nach ihm aus, obwohl es nichts half und sie Lucas nicht mehr sehen konnte.
    »Bei Gott, wohin will er mit ihr?« Sie hörte seine Stimme durch das Geschrei der Mädchen.
    Wenn sie das nur wüsste. Was sie wusste war, dass sie ihr Leben verwirkt hatte. Achtzehn viel zu kurze Jahre, in denen ihre Liebschaft mit Lucas ein eher mittelmäßiger Höhepunkt war. So viel hatte sie geplant, und nichts davon sollte sich erfüllen. Ob dieses Unrechts begann sie wild zu kreischen und auf den nackten Rücken, über dem sie hing, einzuschlagen.

     
    Es hatte etwas von einem Fieberwahn. Ein Mann in Schurz und Ketten schleppte sie auf der Schulter durch den Ort Versailles. Die Fackeln an den Toreinfahrten waren die einzigen Zeugen der Entführung. Ein anregendes Nachtleben bot der Ort nicht, in dem die Häuser der Aristokratie standen, nahe genug, um jederzeit den Sitz des Königs aufzusuchen. An den Mauern ihrer Besitztümer prallte jeder Wutanfall ab. Keine Menschenseele hielt es für nötig, der Ursache lauter Schreie nachzugehen.
    Ihr Rock war bis zu den Kniekehlen hinaufgerutscht. Über ihre Waden strich die Brise einer lauen Sommernacht. Ihre Beine wurden taub, da sein Arm zu fest um ihre Knie gespannt war. Noch immer hing sie kopfüber auf seiner Schulter, deren Druck in ihren Magen schmerzhaft wurde. Der Wahnsinnige – mittlerweile ging sie davon aus, es mit einem entflohenen Insassen der Irrenanstalt Bicêtre zu tun zu haben – rannte immer weiter, nahm eine unbelebte Straße nach der anderen. Die dissonante Melodie springender Ketten auf dem Kopfsteinpflaster begleitete seine Flucht. Als die wenigen Lichter von Versailles schließlich in der Nacht verschwanden, gab sie ihre Hilferufe auf. Ihr Hals schmerzte und ihr war übel.
    Aus dem Rennen wurde ein gleichmäßiger Lauf, der ihren Kopf zu einem haltlosen Pendeln zwang. Je größer die Distanz zu Versailles, je dunkler die Landstraße wurde, desto gewaltiger wollte sich ihr Zorn Bahn brechen. Mit aller Kraft schlug sie ihre Fäuste in das breite Kreuz ihres Entführers. Das Resultat waren schmerzende Fingerknöchel. Ebenso gut hätte sie auf eine Wand einschlagen können. Nach einer Weile war sie wieder zu Atem gekommen, um ein Bombardement an Schimpfworten herauszukeifen.
    »Halt die Klappe«, fuhr er sie rüde an.
    »Halt die Klappe?« Ihre Stimme kippte. »Du verfluchter Bastard. Lass mich sofort runter! Ich habe dir geholfen, und das soll der Dank sein? Mir ist schlecht! Ich spucke dir über den Rücken, wenn du mich nicht sofort absetzt!«
    Unbeirrt lief er weiter, tiefer in die Nacht hinein, die sie von allen Seiten umgab. Florine konnte kaum die Landstraße erkennen, so dunkel war es. Eine schwere Hand traf auf ihr Hinterteil. Dort blieb sie liegen und drückte zu. Florine schrie auf.
    »Lass das! Nimm deine Hand da weg, oder ich kratze dir die Augen aus!«
    Leise lachte er über ihr hilfloses Zappeln. Sie fixierte seinen festen Hintern unter dem Schurz und überlegte, ob sie die Fingernägel hineinbohren sollte. Dann kam sie zu dem Schluss, es zu unterlassen und es lieber mit Vernunft zu versuchen.
    »Weshalb belastest du dich überhaupt mit mir? Ohne mich könntest du schneller verschwinden. Das ist unlogisch.«
    »Die Schwäche eines Jägers liegt darin, dass er von seiner Beute schwer ablassen kann.«
    »Was für ein Jäger soll das sein, der eine Frau zur Beute erklärt? Ah, ich ahne es. Saint-Germain holte dich aus dem Irrenhaus und hat dir etwas eingeredet. Jetzt hältst du dich für einen Vampir oder so etwas Ähnliches. Also, eines kann ich dir versichern …«
    »Redest du immer so viel?«
    »Saint-Germain hat dich belogen. Du kannst kein Vampir sein, weil es keine Vampire gibt, und ich weiß das so genau, weil ein Gast mir einmal aus einer Abhandlung vorgelesen hat. Ein wissenschaftliches Traktat von einem Monsieur Augustin Calmet.«
    »Ich gehöre nicht zum alten Volk der Vampire. Jetzt halt den Mund, ich kann nichts hören.«
    Er war langsamer geworden, sie hob den Kopf und spitzte die Ohren. Es würde sie schwer wundern, sollte es auf einer verlassenen Landstraße weit nach Mitternacht etwas zu hören geben. Sie hörte ihren und seinen Atem und das verhaltene Schleifen der Ketten im Staub. Als sie den Mund öffnete, um einen weiteren Zornesschrei abzulassen, kam nur ein entsetztes Keuchen heraus.
    »Allmächtiger!« Den
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