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Skandalfilme - cineastische Aufreger gestern und heute

Skandalfilme - cineastische Aufreger gestern und heute

Titel: Skandalfilme - cineastische Aufreger gestern und heute
Autoren: Stefan Volk
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Fotografie. Der Film markierte bereits die siebte Zusammenarbeit Bergmans mit dem schwedischen Kameramann Gunnar Fischer, mit dem er später unter anderem noch D AS L ÄCHELN EINER S OMMERNACHT (1955), D AS S IEBENTE S IEGEL (1957) und W ILDE E RDBEEREN (1957) drehen sollte. Harte Hell-Dunkel-Kontraste, eine große Tiefenschärfe und auffällig viele Gegenlichtaufnahmen prägen den ausdrucksstarken visuellen Stil des Films ebenso wie die sorgfältigen Bildkompositionen, in denen die Protagonisten häufig als Teil eines sie bestimmenden sozialen oder biologisch-natürlichen Umfeldes gezeigt werden, indem die Kamera sie beispielsweise durch Zweige hindurch, über einen Brunnen hinweg oder an anderen Gegenständen im Vordergrund vorbei fotografiert. Die später für Bergmans Charakterstudien so typischen Großaufnahmen werden in D IE Z EIT MIT M ONIKA noch relativ spärlich eingesetzt. Stärker als auf einen psychologischen Tiefenblick setzt die Literaturverfilmung auf das Handlungsgeschehen, das jedoch häufig allzu konstruiert und abwegig wirkt. So taucht etwa ein schmieriger Exfreund Monikas als Harrys Antagonist ständig an den unwahrscheinlichsten Orten auf, aber stets zum dramaturgisch passenden Moment. Auch die Dialoge fallen mitunter arg pathetisch aus, die Figuren bleibeneindimensional und ziemlich plakativ gezeichnet: hier die lebenshungrige, aber bindungsunfähige Monika, dort der zurückhaltendere, vernünftigere Harry. Es ist wohl nicht zuletzt der so ungeheuer sinnlichen, kraftvollen und vielschichtigen Darstellung der jungen Harriet Andersson zu verdanken, dass die Charaktere in diesem Frühwerk Bergmans am Ende nicht zu simplen Klischees erstarren.

    56a–d «Nacktbaden plus Sozialkritik»
«Ungepflegt, ungewaschen, ungekämmt» – der Skandal
    Monika hüpft in einem weißen Schlüpfer und einem eng sitzenden Wollpullover über Felsen am Strand. Mit einem kleinen Campingkocher macht sie Wasser heiß, sie schmiegt sich an Harry, teilt sich eine Zigarette mit ihm. Irgendwann steht sie auf, streift sich den Pullover über den Kopf, öffnet den BH. Ehe sie aber ihre Brüste entblößt, schneidet die Kamera auf ihren Schatten. Dieser fällt auf Harry, der in Hemd und langer Hose am Boden liegt und die Sonne genießt. Ihr Schatten zieht sich weiter aus, und Harry beobachtet ihn dabei. Dann setzt sich Monika zu ihm, und der Zuschauer kann einen kurzen Seitenblick auf ihre nackte Brust erhaschen (Abb. 56a). Als sie sich ihre Haare kämmt, dreht sie der Kamera den Rücken zu (Abb. 56b). Harry streichelt sie, Monika lächelt glücklich, die Kamera wählt einen Bildausschnitt, der ihre Brüste ins Off verlagert (Abb. 56c). Übermütig springt Monika schließlich auf und Richtung Meer. Für einen Moment ist sie jetzt vollständig nackt,erneut jedoch zeigt die Kamera sie nur in Rückansicht (Abb. 56d). Dann verschwindet ihr Körper im Wasser, und sie planscht ausgelassen darin. Ein paar Szenen später sieht man sie für wenige Sekunden barbusig auf dem Deck eines Motorboots liegen…
    Diese heute harmlos wirkenden Nacktszenen, mit denen Bergman das idyllische Natur- und Liebesleben der beiden Hauptfiguren sowie Monikas unbedingten Freiheitsdrang illustrierte, waren in den frühen, biederen 1950er Jahren ein radikales Wagnis. Dass die schwedische Produktionsgesellschaft «Svensk Filmindustrie» dieses einging, lag auch daran, dass die Romanvorlage aus der Feder des berühmten und beliebten schwedischen Autors Per Anders Fogelström stammte. Möglicherweise baute man außerdem darauf, dass die Erotik dem Film zum Kassenerfolg verhelfen würde. Zumindest jedenfalls trugen diese freizügigen Darstellungen entscheidend mit dazu bei, dass D IE Z EIT MIT M ONIKA einen Skandal auslöste und der Film in Deutschland von der FSK erst «ab 18» freigegeben wurde. Ehe der Film in Schweden ins Kino kam, war er zuvor von der schwedischen Zensurbehörde, der Staatlichen Zentralstelle für Filmkontrolle (Statens Biografbyrå) um insgesamt 22 Sekunden (zehn Filmmeter) gekürzt worden. Eine Einstellung mit «brutalen Tritten auf den am Boden liegenden Harry» und «die Liebkosung der Brust nach einer heftigen Trinkszene» fielen der Zensur zum Opfer. 1 Anstoß erregte der Film vor allem aber auch durch das verständnisvolle Porträt, das er von einer Kindfrau entwarf, die scheinbar selbstbewusst mit ihren Reizen spielte, Männer verführte, sich nach Lust und Laune ihre Liebhaber aussuchte und einen Sommer lang der Liebe außerhalb
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