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Skandal

Titel: Skandal
Autoren: Amanda Quick
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Kluft zwischen ihnen war jetzt viel breiter, als sie es gewesen war, als er schlicht und einfach S. A. Traherne für sie war.
    Die Tasse und die Untertasse in ihrer Hand klirrten bedrohlich, als sich Emily vorbeugte.
    »Lassen Sie sich doch die Tasse abnehmen, Miss Faringdon.« Simons kräftige warme Hand streifte ihre Finger, als er ihr geschickt die Untertasse abnahm.
    »Ich danke Ihnen.« Emily biß sich auf die Lippen und lehnte sich zurück. Ihre Verlegenheit war jetzt grenzenlos. Offensichtlich mußte sie gerade drauf und dran gewesen sein, jemandem ihre Tasse und ihre Untertasse auf den Schoß zu stellen, möglicherweise sogar auf seinen Schoß. Verdammt und zum Teufel. Sie sandte ein verzweifeltes Stoßgebet zum Himmel, er möge sie aus diesem Alptraum im Wachen entkommen lassen.
    »Ich schlage vor, daß Sie Ihre Brille aufsetzen, Miss Faringdon«, murmelte Simon mit gedämpfter Stimme, als die Damen begannen, halbherzig über die Fairneß der Kritiken in der Edinburgh Review zu diskutieren. »Es ist doch sinnlos, halbblind herumzulaufen. Wir sind doch alte Freunde, Sie und ich. In meiner Gegenwart braucht Ihnen Modisches keine Gedanken zu machen.«
    Emily seufzte. »Ich vermute, Sie haben recht, Mylord. So oder so haben Sie mich ohnehin schon mit Brille gesehen, nicht wahr?« Sie kramte in ihrer Tasche herum, um ihre Brille zu suchen, und dann setzte sie sie auf. Simons grimmig geschnittenes Gesicht und seine seltsam frostigen Augen wurden plötzlich scharf. Sie bemerkte, daß er sie sehr gebannt musterte, und sie glaubte, seine Gedanken lesen zu können. »Nicht ganz das, was Sie erwartet haben, stimmt’s, Mylord?«
    Sein Mund verzog sich einen Moment lang belustigt. »Sie sind persönlich sogar noch interessanter als in Ihren Briefen, Miss Faringdon. Ich versichere Ihnen, daß ich nicht im mindesten enttäuscht bin. Ich hoffe nur, daß Sie dasselbe sagen können.«
    Für einen Moment riß Emily entsetzt Augen und Mund auf. »Enttäuscht?« stammelte sie. »Oh, nein, nicht im entferntesten, Mr.
    Traherne, ich meine, Mylord.« Sie errötete und rief sich ins Gedächtnis zurück, daß sie vierundzwanzig Jahre alt und kein albernes Schulmädchen war. Zudem korrespondierte sie schon seit Monaten mit diesem Mann.
    »Gut. Wir machen Fortschritte.« Simon wirkte zufrieden. Er trank noch einen Schluck Tee, und etwas daran, wie er seinen Mund verzog, drückte subtil aus, daß er die Sorte nicht mochte.
    In ihrer Entschlossenheit, sich wie die Erwachsene zu benehmen, die sie war, zwang sich Emily, sich an dem schleppenden Gespräch zu beteiligen, das um sie herum geführt wurde. Den anderen war es endlich gelungen, eine relativ uninspirierte Diskussion über den Einfluß der Lake-Poeten zu entwickeln, und Emily tat ihr Bestes, um diese Bemühungen zu unterstützen. Der Earl trank eine Zeitlang schweigend Tee.
    Emily kam sich schon wieder viel mehr wie sie selbst vor, als Simon aus heiterem Himmel seine Teetasse hinstellte und eine Granate in den kleinen Salon warf.
    »Wo wir gerade von Byron und seinesgleichen reden«, sagte der Earl gelassen, »hat jemand hier Gelegenheit gehabt, Lord Ashbrooks neuestes Werk zu lesen, Der Held von Marliana ? Ich persönlich fand, es sei eher eine schlechte Imitation von Byron. Was gewiß nicht viel besagt. Der Kerl ist ganz einfach nicht so interessant wie Byron, nicht wahr? Ihm fehlt ein ausgeprägtes Gefühl für Ironie. Aber es steht außer Frage, daß dieser Ashbrook in bestimmten Kreisen im Moment sehr populär ist. Ich bin gespannt darauf, Ihre Meinung dazu zu hören.«
    Die enorme Wirkung dieser anscheinend harmlosen Bemerkung war augenblicklich zu spüren. Die Damen Inglebright keuchten einstimmig. Miss Bracegirdles Mund bebte vor Entsetzen. Miss Hornsby und Miss Ostly schauten einander über das Zimmer hinweg in die Augen. Emily schaute auf ihre Hände herunter, die auf ihrem Schoß sehr fest gefaltet waren.
    Selbst Simon schien trotz all seiner kultivierten Raffinesse ein wenig verblüfft über das bleierne Schweigen zu sein, das sich auf den Salon herabsenkte. Dieses Schweigen unterschied sich kraß von den vorangegangenen. Die bisherigen waren peinlich und steif gewesen; dieses jetzt war regelrecht feindselig und vorwurfsvoll.
    Simon sah sich mit einem Ausdruck gemäßigter Sorge um. »Dann hatten Sie, wenn ich das recht sehe, bisher noch keine Gelegenheit, das Ashbrook-Epos zu lesen?«
    »Nein, Mylord. Wir sind noch nicht dazu gekommen.« Emily wandte die Augen ab, da
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