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Skandal um Lady Amelie

Skandal um Lady Amelie

Titel: Skandal um Lady Amelie
Autoren: Juliet Landon
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können, an seiner Seite schreiten zu dürfen. Zum ersten Mal genoss sie ohne Vorbehalte all die kleinen Zeichen der Zuneigung, als da waren, vertrauliche Blicke zu tauschen, sich an ihn zu schmiegen oder sich zärtliche Worte zuzuflüstern.
    Als eine Pause angekündigt wurde, beschloss die kleine Gesellschaft, erhitzt vom vielen Tanzen, einen Imbiss einzunehmen. Im Bankettsaal drängten sich schon eine Menge Besucher um die unter den vielfältigen Speisen ächzenden Tafeln. Amelie, Hannah und Adorna füllten ihre Teller und suchten, um dem Gedränge zu entkommen, einen Tisch in einer etwas abgelegenen, ruhigen Ecke auf, während die Herren erklärten, sie würden mit den Getränken folgen.
    Als von den Türen her Lärmen und einige Rufe zu ihnen herüberschallten, schenkten die drei Damen, die Mühe hatten, sich über das herrschende Stimmengewirr hinweg überhaupt zu unterhalten, dem keine Beachtung. Mr. King, der Zeremonienmeister, würde sich schon darum kümmern. Plötzlich jedoch richtete Adorna sich steif auf und musterte forschend jemanden, der dicht hinter Amelies Stuhl stand.
    Im gleichen Augenblick spürte Amelie eine Hand an ihrem Ellenbogen und wollte sich in dem Glauben, es sei Nick, umwenden. Adorna allerdings stand hastig auf und sagte erzürnt: „Sir! Lassen Sie Lady Chester auf der Stelle los! Was fällt Ihnen überhaupt ein, in diesem Aufzug hier zu erscheinen?“
    Zuerst glaubte Amelie, Adorna ereifere sich übermäßig, doch als sie sich vollends auf ihrem Sitz umdrehte, fiel ihr Blick statt auf die vorgeschriebenen Kniehosen und weißen Strümpfe auf schmutzige Reitstiefel und dreckbespritzte Reithosen. Der Mann, zu dem diese Beinkleider gehörten, trug einen braunen, nun mit Flecken übersäten Rock, den sie zuletzt in Richmond in ihrem Arbeitsraum gesehen hatte. Auch sein Gesicht sah schrecklich aus, hager und mit einem Ausdruck der Verzweiflung, den der Aufenthalt in den Londoner Spielhöllen ihm aufgeprägt hatte. Ruben Hurst!
    Erschreckt sprang Amelie auf, um ihm so gut es ging auszuweichen. Er stank nach Alkohol und ungewaschenen Kleidern und wirkte irgendwie gefährlich. Empört schlug sie seine Hand fort, während sie sich nach Mr. King umsah, der, mit seiner weißen Perücke gut sichtbar, schon zwischen den Gästen hindurch ihnen entgegenstrebte. „Sie!“, sagte er streng zu Hurst. „Machen Sie, dass Sie fortkommen! Hinaus!“
    Hurst hatte jedoch nicht den langen Weg hierher gemacht, um hinausgeworfen zu werden, ehe er seine Rechnung mit der Frau beglichen hatte, von der er besessen war. Heute würde er nicht unverrichteter Dinge verschwinden. Dieses Mal würde sie mit ihm gehen!
    Angewidert von seinem sauren, Übelkeit erregenden Atem, versuchte Amelie, Hurst fortzustoßen, doch er zerrte sie zu sich heran, und eingekeilt von dem Tisch und einem Stuhl, mit dem Rücken an ihn gepresst, konnte sie sich nicht von ihm losreißen. Mit raschem Griff packte er ihren Arm und zerrte ihn hinter ihrem Rücken hoch, sodass sie sich nicht rühren konnte, ohne vor Schmerz zu schreien. So dicht presste er sie an sich, dass sein eklig unrasiertes Kinn über ihre Wange kratzte, und als sie krampfhaft versuchte, den Kopf wegzudrehen, sah sie aus dem Augenwinkel in seiner anderen Hand eine Duellpistole, deren Lauf auf das weiße Haupt Mr. Kings zeigte. Der arme Mann blieb abrupt stehen.
    Über den Aufruhr hinweg, der nun ausbrach, schrie Adorna mit gellender Stimme: „Nick! Ben! … Stephen! Seton!“
    Jemand kreischte auf, ein Teller krachte zu Boden, und dann senkte sich Stille über den Saal. Alles drängte von dem Schauplatz fort. Aus der Menge lösten sich drei hochgewachsene Männer und stellten sich schützend vor Mr. King: Nicholas, Seton und Captain Rankin. Nur Stephen war nirgends zu sehen.
    „Hurst!“, sagte Nick laut. „Hören Sie! Lassen Sie Lady Chester gehen. Los, kommen Sie … wir können das draußen vor der Tür regeln. Lassen Sie sie los, Sie reiten sich nur noch weiter rein.“
    Endlich sprach Hurst, schleppend, mit undeutlicher Aussprache. „Nein, nein, Mylord! Oh nein. Es ist schon alles geregelt, in meinem Sinne dieses Mal. Die Dame bleibt bei mir. Nicht wahr, Süße“, zischte er ihr ins Ohr, sodass ihr sein Speichel auf die unbedeckte Schulter sprühte. „Habe ich nicht lange genug gewartet? Jetzt kommst du mit mir. Da, ein Schuss für dich und einer für mich. Du wirst nichts spüren.“
    „Mr. Hurst“, flüsterte sie erstickt. „Lassen Sie uns vernünftig
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