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Skandal im Ballsaal

Titel: Skandal im Ballsaal
Autoren: Georgette Heyer
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Gastgeberin. Ein Blick naiver Überraschung lag auf ihrem Gesicht, und sie vergaß sich so weit, dass sie unwillkürlich ein „Oh!" ausstieß.
    Keiner hatte ihr je gesagt, wie ausgeprägt die Ähnlichkeit zwischen Sylvester und seiner Mutter war. Auf den ersten Blick war es bestürzend. Auf den zweiten bemerkte man, dass die Herzogin wärmere Augen hatte als Sylvester und dass ihre Lippen freundlicher geschwungen waren.
    Bevor Phoebe diese feinen Unterschiede verglichen hatte, entrang sich der Herzogin ein amüsiertes Lachen, und sie sagte: „Ja, Sylvester hat seine Augenbrauen von mir, der arme Junge!"
    „Oh, ich bitte um Entschuldigung, Ma'am!", stammelte Phoebe höchst verwirrt.
    „Komm näher und lass dich ansehen!", lud die Herzogin ein. „Ich nehme an, deine Großmutter wird dir erzählt haben, dass ich ein dummes Leiden habe, das mir nicht erlaubt, meinen Sessel zu verlassen."
    Phoebe blieb, wo sie war, und umklammerte mit beiden Händen ihr Retikül. „Ma'am - ich bin Euer Gnaden so sehr verbunden, dass Sie mich - mit dieser Einladung geehrt haben -, aber ich darf Ihre Gastfreundschaft nicht annehmen, ohne Ihnen zu sagen - dass ich es war, die - dieses schreckliche Buch schrieb!"
    „Oh, du siehst deiner Mutter wirklich ähnlich!", rief die Herzogin aus. „Ja, ich weiß, dass du es geschrieben hast, deshalb war ich so begierig, deine Bekanntschaft zu machen.
    Komm und gib mir einen Kuss! Ich küsste dich, als du in der Wiege lagst, aber daran kannst du dich nicht erinnern!"
    Auf diese dringende Bitte näherte sich Phoebe ihrem Sessel und beugte sich, um einen scheuen Kuss auf die Wange der Herzogin zu hauchen. Aber die Herzogin erwiderte nicht nur diesen keuschen Kuss warm, sondern sagte: „Du armes, närrisches Kind! Jetzt erzähl mir alles!"
    Sich selbst so zärtlich angesprochen zu hören, war eine neuartige Erfahrung. Miss Battery war rau, Mrs Orde nüchtern und Lady Ingham streng, und dies waren die drei Damen, denen Phoebes Belange am meisten am Herzen lagen.
    Phoebe hatte niemals Zärtlichkeit erfahren, und diese hatte zur Folge, dass sie neben dem Sessel der Herzogin auf die Knie sank und in Tränen ausbrach. Ein solches Benehmen hätte ihr einen scharfen Verweis von Lady Ingham eingetragen, aber die Herzogin schien es freundlich aufzunehmen, da sie ihrem unkonventionellen Gast empfahl, sich ordentlich auszuweinen, worauf sie Phoebes Hut entfernte und be-sänftigend ihr Haar streichelte.
    Seit dem Moment, da sie entdeckte, dass Sylvester sein Herz an Phoebe verloren hatte, war die Herzogin entschlossen gewesen, sie liebzuhaben und jeden Gedanken an das Buch, das sie geschrieben hatte, aus ihrem Gedächtnis zu verbannen; aber sie hatte erwartet, dass es schwer sein würde, eines davon zu tun. Es war eine Sache, private Zweifel an ihrem Sohn zu hegen, eine ganz andere, ihn als schurkischen Charakter in einem Roman geschildert zu finden, der die Gesellschaft im Sturm erobert hatte. Aber kaum hatte sie Phoebe mit eigenen Augen gesehen und las Zerknirschung in ihrem offenen Blick, als ihr Herz schmolz. Es frohlockte auch, denn obwohl Sylvester gesagt hatte, dass Phoebe nicht schön war, hatte sie nicht erwartet, sie als mageres junges Mädchen zu finden, mit braunem Teint und nichts außer einem Paar heller grauer Augen, um sie angenehm zu machen.
    Wenn Sylvester, der seinen eigenen Wert kannte und kühl eine Liste der Eigenschaften aufgestellt hatte, die er für seine Braut unerlässlich fand, entschieden hatte, nur dieses Mädchen würde ihm gefallen, hatte er sich viel heftiger verliebt, als seine Mutter es für möglich gehalten hatte. Sie hätte laut lachen können, wenn sie sich an alles erinnerte, was er ihr einmal gesagt hatte, denn es schien ihr keinerlei Anzeichen einer Ähnlichkeit zwischen Phoebe und dieser sagenhaften Frau zu geben, die er beschrieb. Sie dachte, es würde einige lebhafte Kämpfe geben, wenn er Phoebe heiratete: sicherlich war sie kein Mädchen von dem ruhigen, eher farblosen Betragen, das er einmal notwendig für eine erfolgreiche Verbindung gehalten hatte.
    Nun, die Heirat könnte sich als Missgriff erweisen, aber die Herzogin, die eine gründliche Abneigung gegen fünf unbekannte, aber heiratsfähige Damen von Rang gefasst hatte, war sehr geneigt zu glauben, es könne sich ebenso leicht als Glück für beide Teile erweisen. Mittlerweile war die ganze Geschichte von ,The Lost Heir' in ihren Schoß geschluchzt worden, also konnte sie der zerknirschten Autorin mit
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