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Skandal im Ballsaal

Titel: Skandal im Ballsaal
Autoren: Georgette Heyer
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allem heraus, was immer ihr in den Sinn kommen mag; sie fällt von einer abscheulichen Eskapade in die andere; sie ist glücklicher, wenn sie Pferde warten und mit Stallburschen vertraulich plaudern kann, als auf Gesellschaften zu gehen; sie ist unverschämt; man wagt nicht, sie anzublicken, aus Furcht, sie würde zu kichern anfangen; sie hat keine feine Bildung; ich sah nie jemanden mit weniger Würde; sie ist abscheulich, und sie ist sofort verflucht hitzig, freimütig bis zum Übermaß, und - ein Schatz!"
    „Würde ich sie gern haben, Sylvester?", fragte die Herzogin, und ihre Augen ruhten auf seinem Profil.
    „Ich weiß es nicht", sagte er mit einer Andeutung von Ungeduld in der Stimme. „Ich glaube - ich hoffe es -, aber es wird nicht möglich sein. Wie kann ich es wohl formulieren?
    Es ist unwichtig: Sie will mich nicht haben." Er hielt inne und sagte dann, als ob er sich die Worte abringen müsste: „Oh Gott, Mama, ich habe alles falsch gemacht! Was soll ich nur tun?"

Nach einer unruhigen Nacht, in der sie wachend oder träumend von all den entsetzlichen Ereignissen des vergangenen Tages heimgesucht wurde, der seinen Höhepunkt in einer erschütternden Szene mit Lady Ingham erreicht hatte, erwachte Phoebe und sah, wie das zweite Stubenmädchen die Fenstergardinen zurückzog. Von ihr erfuhr sie, dass der Brief, der auf dem Frühstückstablett lag, vor zehn Minuten durch einen Boten von Salford House gebracht worden war. Das Stubenmädchen platzte natürlich vor Neugierde, aber jede Erwartung, die sie vielleicht hegte, zur Empfängerin einer interessanten vertraulichen Mitteilung gemacht zu werden, schwand vor der scheinbaren Apathie, mit der Miss Phoebe ihre Enthüllung begrüßte. Alles, was Miss Marlow wünschte, war eine Tasse Tee; sie saß im Bett und schlürfte dieses Stärkungsmittel, als das Stubenmädchen sie verließ, nachdem sie einige Minuten mit schwindender Hoffnung herumgelungert war.
    Kaum war sie allein, griff Phoebe nach dem Brief und riss ihn auf. Sie blickte zuerst auf die Unterschrift. „Elizabeth Salford" las sie, und das entlockte ihr ein erschrockenes Keuchen.
    Aber in dem Brief stand nichts, was sie erzittern ließ. Er war ganz kurz und enthielt keinen Hinweis einer Drohung.
    Die Herzogin wünschte sehr, nicht nur die Bekanntschaft der Tochter ihrer geliebten Freundin zu machen, sondern ihr auch für die Sorge zu danken, die sie ihrem Enkel hatte angedeihen lassen. Sie hoffte, dass Phoebe sie vielleicht an diesem Tag besuchen könnte, zu Mittag, wenn sie ganz allein wäre und sie ohne Furcht vor einer Unterbrechung plaudern könnten.
    Eher ein erfreulicher Brief für ein wohlerzogenes junges Mädchen, hätte man angenommen, aber der Ausdruck in Phoebes Gesicht hätte einen Beobachter zu dem Schluss verleiten können, dass sie eine Schauergeschichte las. Nachdem sie ihn dreimal sorgsam durchgelesen hatte und darin keine verborgene Drohung entdecken konnte, konzentrierte Phoebe ihre Aufmerksamkeit auf die Worte „ich werde ganz allein sein", und überlegte sie sorgfältig. Wenn sie eine verschlüsselte Botschaft enthalten sollten, konnte dies nur eine Beruhigung sein; aber wenn das so war, musste Sylvester seiner Mutter etwas erzählt haben - aber was?
    Phoebe schlug die Decken zurück, kletterte aus dem Bett, raffte ihren Morgenrock zusammen und stieg die Treppen hinunter zum Zimmer ihrer Großmutter. Sie fand die alte Dame betrübt und allein vor, hielt ihr den Brief hin und bat sie mit gepresster Stimme, ihn zu lesen.
    Lady Ingham hatte ihren formlosen Eintritt mit Missfallen aufgenommen und sagte sofort in müdem Tonfall: „Oh, Himmel! Was gibt es denn nun schon wieder?" Aber dieser Ausruf war nicht völlig ohne Hoffnung, da man auch ihr berichtet hatte, woher Miss Phoebes Brief gekommen war. Die arme Lady Ingham hatte ebenso schlecht geschlafen wie ihre Enkelin, denn es hatte viel gegeben, was ihr Kopfzer-brechen bereitete. Zuerst entschlossen, Phoebe nach Somerset zurückzuschicken, war sie durch die interessante Mitteilung, die ihr von Horwich übermittelt wurde (wie Sylvester das vorhergesehen hatte), beträchtlich besänftigt worden.
    Sie hatte es für vielversprechend gehalten, aber eine weitere Überlegung hatte sie wieder niedergeschlagen gemacht: Wie auch immer Sylvesters Gefühle sein mochten, Phoebe erweckte nicht den Anschein einer jungen Frau, die entweder einen schmeichelnden Antrag angenommen hatte oder erwartete, einen zu erhalten. Neue Hoffnung keimte auf, als
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