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«Sire, ich eile …»: Voltaire bei Friedrich II. Eine Novelle (German Edition)

«Sire, ich eile …»: Voltaire bei Friedrich II. Eine Novelle (German Edition)

Titel: «Sire, ich eile …»: Voltaire bei Friedrich II. Eine Novelle (German Edition)
Autoren: Hans Joachim Schädlich
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herrschen …
Ein Philosoph regiert: ah! …
Sie, Salomon des Nordens …»
    Friedrich dringlich am 12. Juni aus Berlin:
     
«Mein lieber Voltaire, verweigern Sie sich nicht mehr allzulange meinem Drang, Sie sehen zu wollen … Ende August reise ich nach Wesel …»
     
    Voltaire antwortete, Friedrich lasse ihn für dieses Jahr auf Beseligendes hoffen. Die Königin von Saba (so nannte er Émilie) wolle alles in Bewegung setzen, um Salomon in seiner ganzen Glorie zu sehen.
    Zugleich kündigte er Friedrich dessen Antimachiavell an, den er in Holland in Druck gegeben hatte.
    Aber Friedrich war unterdessen entschlossen, die Ausgabe einzuziehen.
    Friedrich, jetzt König, fürchtete die Wirkung seiner kronprinzlichen Auslassungen. Er bat Voltaire, die Ausgabe des Antimachiavell vollständig aufzukaufen.
     
    Voltaire fuhr nach Den Haag zu dem Verleger Jan van Duren, der die Hälfte des Manuskriptes bereits gedruckt hatte, und verlangte die Handschrift zurück.
    Jan van Duren verweigerte die Rückgabe.
    Da gab Voltaire vor, er müsse einige Seiten korrigieren. Der Verleger vertraute ihm; Voltaire milderte den Text in Friedrichs Sinne ab.
    Anfang August 1740 schrieb Friedrich, er überlasse Voltaire den Antimachiavell und zweifle nicht, daß er das in Voltaire gesetzte Vertrauen nicht bereuen müsse.
     
«Lassen Sie drucken oder nicht, ich verlasse mich voll und ganz auf meinen lieben Herausgeber.»

11.
    Nach der Ankündigung Friedrichs, er werde im September 1740 seine Provinzen am Niederrhein besuchen und auf Schloß Moyland bei Kleve residieren, sagte Voltaire in Cirey zu Émilie:
    «Ich reise nach Kleve, um endlich Frédéric zu sehen.»
    «Warum willst du ihm so nahe sein. Er ist ein König.»
    «Er ist aufgeklärt, gebildet, human. Er hat am Tage seines Machtantritts die Folter abgeschafft.»
    «Außer bei Hochverrat. Er wird wie alle Könige sein.»
    «Ich werde ihm schreiben, daß ich mit dir nach Kleve reise.»
    «Ich will darauf achten, daß er dir nicht zu nahe kommt.»
     
    Voltaire las Émilie Friedrichs Antwort vom 2. August vor:
     
«Betreffs Ihrer Wünsche werde ich an Madame Châtelet schreiben. Um ganz offen von Ihren Reiseabsichten zu sprechen: Es geht um Voltaire, um Sie, um meinen Freund, den ich zu sehen wünsche; die göttliche Émilie, bei all ihrer Göttlichkeit, ist doch nur ein Accessoire des newtonisierten Apoll … Könnten Sie doch für immer einer der meinigen werden.»
     
    «Da hast du deinen ‹Salomon des Nordens›. Er ist flegelhaft-arrogant, aggressiv-verächtlich. Ein Machtmensch, selbstgewiß und schamlos. Er ist nicht dein Freund. Er will dich besitzen, wie er andere Schmuckstücke besitzt. Du sollst seinen Ruhm mehren.»
    «Was soll ich tun.»
    «Natürlich mußt du nach Kleve reisen. Du hast keine andere Wahl. Er ist der preußische König, einer der mächtigsten Männer Europas. Er kann dich verfolgen, ergreifen, arretieren. Er hat eine Armee …»
    «Wir sind in Frankreich.»
    «Du hast nur deine Bücher.»
    «Und dich.»
    «Solange ich lebe …»
     
    Am 6. September schrieb Friedrich an Voltaire, der mit Émilie in Brüssel weilte, er werde sich also nächstens auf Schloß Moyland aufhalten und habe vorzuschlagen, daß Voltaire ihn dort besuche.
    Nach Brüssel könne er nicht kommen, da er am Quartanfieber leide.
    Er bitte darum, ihn bei Madame Émilie dafür zu entschuldigen, daß er nicht das Vergnügen haben werde, sie zu sehen.
    Moyland! Das Wasserschloß bei Kleve. Die erste Begegnung des jungen Friedrich, jetzt König, mit Voltaire – von Friedrich seit langem herbeigesehnt, von Voltaire lange hinausgezögert.
    Voltaire, berühmt in Europa, sechsundvierzig Jahre alt, Friedrich achtundzwanzig.
     
    In der Nacht vom Sonntag, 11. September, zum Montag kam Voltaire auf Schloß Moyland an. Wen sah er? Statt eines blühenden jungen Königs einen kleinen Kranken im Bett, der schwitzte und fiebrig zitterte.
    Voltaire sagte: «Sire, erlauben Sie», und fühlte ohne Scheu Friedrichs Puls.
    Friedrich: «Mein teurer Freund.»
    Die Ärzte Friedrichs wußten mit dem Fieber ihres Königs nicht recht fertig zu werden.
    Voltaire aber, der bei den Jesuiten in die Lehre gegangen war, riet zu Chinin. Gegen den Protest seiner Ärzte nahm Friedrich Chinin. Am Montag war das Fieber verschwunden.
    Zwei Tage nur blieben Friedrich und Voltaire auf Schloß Moyland.
    Für Voltaire glänzende Tage. Die Zurückweisung Émilies durch Friedrich war nicht vergessen, aber beiseite
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