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Sir Rogers himmlischer Kreuzzug

Sir Rogers himmlischer Kreuzzug

Titel: Sir Rogers himmlischer Kreuzzug
Autoren: Poul Anderson
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uns auch eine Locke vom Haar des heiligen Benedikt ausgeborgt, und alle, die wir uns einschifften, hatten die Beichte abgelegt und Absolution erhalten. So nahm man allgemein an, daß wir vor geistlicher Gefahr sicher waren, wenn ich auch daran meine Zweifel hatte.
    Man wies mir eine kleine Kabine neben der Flucht zu, in der Sir Roger mit seiner Lady und ihren Kindern wohnte. Branithar wurde in einem nahe liegenden Raum bewacht. Meine Pflicht bestand darin, zu übersetzen und die Unterweisung des Gefangenen im Lateinischen ebenso wie die Erziehung des jungen Robert fortzuführen und daneben als Amanuensis meines Herrn tätig zu sein.
    Doch bei der Abreise befanden sich Sir Roger, Sir Owain, Branithar und ich im Kontrollturm. Er war fensterlos wie das ganze Schiff, aber er enthielt Glasscheiben, auf denen Bilder der Erde unter uns und des Himmels, der uns umgab, erschienen. Ich schauderte und betete meinen Rosenkranz, denn Christenmenschen ist es verboten, in die Kristallkugeln indischer Zauberer zu sehen.
    „Nun denn“, sagte Sir Roger, und sein hakennasiges Gesicht lachte mich an, „hinweg denn! Wir werden binnen einer Stunde in Frankreich sein!“
    Er setzte sich vor das Brett mit den Hebeln und Rädern. Branithar sagte schnell zu mir: „Die Probeflüge reichten nur ein paar Meilen weit. Sag deinem Meister, daß für eine Reise dieser Länge gewisse Sondervorbereitungen getroffen werden müssen.“
    Sir Roger nickte, als ich das weitergab. „Wohlan denn, dann soll er sie treffen.“ Sein Schwert glitt aus der Scheide. „Aber ich werde unseren Kurs auf den Scheiben beobachten. Beim ersten Anzeichen von Verrat …“
    Sir Owain runzelte die Stirn. „Ist das weise, Mylord?“ fragte er. „Das Tier …“
    „Ist unser Gefangener. Ihr seid zu voll mit keltischem Aberglauben, Owain. Laßt ihn beginnen.“
    Branithar setzte sich. Das Mobiliar des Schiffs, Stühle und Tische, Betten und Schränke waren für uns Menschen etwas klein – und schlecht entworfen, ohne auch nur einen einzigen geschnitzten Drachen als Ornament. Aber wir kamen mit ihnen zurecht. Ich beobachtete den Gefangenen aufmerksam, als seine blauen Hände über das Brett huschten.
    Ein tiefes Brummen durchlief das Schiff. Ich spürte nichts, aber der Boden auf den unteren Scheiben schrumpfte plötzlich zusammen. Das war Hexerei; viel lieber wäre mir der übliche Stoß nach hinten gewesen, wie man ihn in Fahrzeugen spürt, wenn sie sich in Bewegung setzen. Ich kämpfte gegen meinen Magen an und starrte in das Abbild des Himmels, das sich in den Scheiben widerspiegelte. Es dauerte nicht lange, und wir flogen zwischen den Wolken, die sich als hochfliegender Nebel erwiesen. Dies zeigt ganz klar die wundersame Kraft Gottes, denn es ist bekannt, daß die Engel häufig auf den Wolken sitzen und dabei nicht naß werden.
    „Jetzt südwärts“, befahl Sir Roger.
    Branithar brummte, drehte an einer Scheibe und legte eine Stange um. Ich hörte das Klicken eines Schlosses. Die Stange blieb unten.
    Höllischer Triumph funkelte in den gelben Augen. Branithar sprang von seinem Sitz und knurrte mich an: „Consumati estis!“ Sein Latein war sehr schlecht. „Ihr seid erledigt! Ich habe euch gerade in den Tod geschickt!“
    „Was?“ rief ich.
    Sir Roger fluchte, er hatte halb verstanden und warf sich auf den Wersgor. Aber der Anblick, der sich ihm auf den Scheiben bot, ließ ihn innehalten. Das Schwert entfiel klirrend seiner Hand, und Schweißtropfen traten ihm auf die Stirn.
    Es war wahrhaft schrecklich. Die Erde schrumpfte unter uns zusammen, als stürze sie in einen großen Brunnen. Über uns wurde der blaue Himmel dunkel, und Sterne funkelten. Und doch war die Nacht noch nicht angebrochen, denn in einer Scheibe leuchtete die Sonne, heller denn je! Sir Owain schrie etwas auf walisisch. Ich fiel auf die Knie.
    Branithar schoß auf die Türe zu. Sir Roger wirbelte herum und packte ihn an seinem Umhang. Sie fielen beide zu Boden.
    Sir Owain war vom Schrecken wie gelähmt, und ich konnte den Blick nicht von der schrecklichen Schönheit des Schauspiels reißen, das uns umgab. Die Erde schrumpfte so winzig zusammen, daß sie nur eine Scheibe füllte. Sie war blau, von Bändern umgeben, mit dunklen Flecken und rund. Rund!
    Eine neue und tiefere Note mischte sich in das dumpfe Dröhnen. Neue Nadeln an dem Kontrollbrett erwachten zuckend zum Leben. Plötzlich bewegten wir uns, unsere Geschwindigkeit nahm ungeheuer schnell zu. Eine völlig andere Gruppe von
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