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Sinnliche Maskerade

Titel: Sinnliche Maskerade
Autoren: Jane Feather
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ihres jungen Lebens gesehen hatte.
    Ihr Vater hatte ihr all seine literarischen Kostbarkeiten präsentiert, all diejenigen, die sein Vater und er selbst angeschafft hatten. Ebenso bibliophil wie sein Vorfahr, hatte Sir Arthur dieselbe Leidenschaft in seiner Tochter erkannt. Und kaum hatte sie das Lesen gelernt, hatte er sie ermutigt, frei unter seinen Büchern auszuwählen. Sie konnte sich nicht daran erinnern, dass er angesichts der dicken Wälzer, mit denen sie die langen Winternachmittage eingerollt in der Sofaecke verbracht hatte, jemals die Brauen hochgezogen hätte. Und stets hatte er ihre Fragen zu einzelnen Büchern beantwortet - selbst dann, wie sie jetzt begriff, wenn weder der Inhalt noch ihre Neugierde dem Geist eines jungen Mädchens angemessen waren.
    Dieses Wissen steht mir jetzt gut zu Gesicht, dachte sie grimmig. Wer hätte besser geeignet sein können als sie, die Wälzer in der Bibliothek für den neuen Besitzer zu katalogisieren? Sir Stephen interessierte sich lediglich für den Wert der Sammlung; aber Alexandra hatte die feste Absicht, sein Interesse zu Sylvias und ihrem eigenen Vorteil zu wenden.
    Plötzlich gähnte sie und erhob sich seufzend, ließ sich die Nachtjacke von den Schultern gleiten und kletterte in das hohe Bett. Sie blies die Kerze aus, lehnte sich zurück und beobachtete das Spiel des Mondes auf der gegenüberliegenden Wand - wobei sie dem schwachen Geräusch der Wellen lauschte, die sich am Strand in der Bucht brachen. Ein Geräusch, das sie als Kind immer in den Schlaf gelullt hatte.
    Aber heute Nacht war an Schlaf nicht zu denken. Sie fragte sich, ob Sylvia in ihrem bescheidenen Häuschen in Barton in der benachbarten Grafschaft Hampshire schlafen konnte. Noch nie war sie von ihrer Schwester so weit entfernt gewesen. Als Alexandra nach St. Catherines geschickt wurde, das kurz vor Barton lag, war Sylvia bei ihrer früheren Kinderfrau geblieben, die sich auch dann noch um das körperlich beeinträchtigte Kind gekümmert hatte, als Sylvia schon lange nicht mehr in den Kinderzimmern auf Combe Abbey wohnte. Irgendwer - ihr Vater, wie sie angenommen hatten - hatte seiner zweiten Tochter und deren Pflegerin ein kleines Häuschen in Barton zur Verfügung gestellt, nur eine Viertelmeile von St. Catherines entfernt; weder Sylvia noch Alexandra hatten seither Kontakt zu ihrem Vater gehabt.
    Matty kümmerte sich hingebungsvoll um Sylvia, die seit ihrer Geburt unter einer zarten Gesundheit litt. Das Gehalt, das sie von Sir Arthur Douglas für die Pflege des Mädchens bezog, war eine willkommene Ergänzung zu ihrem kleinen Einkommen. Ohne dieses Gehalt wäre sie nicht in der Lage, Sylvia zu behalten oder die benötigte Medizin und die Säfte zu kaufen.
    Alexandra wälzte sich auf die andere Seite. Die Sorge um Sylvia begleitete sie unablässig. Natürlich war ihr klar, dass Matty ihre Schwester niemals im Stich lassen würde, und die fünfzig Pfund, von denen Sir Stephen sich zu trennen bereit gewesen war, würden ihren Lebensunterhalt beinahe ein Jahr lang sichern. Aber falls es Alexandra bis dahin nicht gelungen war, in diesem Durcheinander ihres Lebens wieder Gerechtigkeit walten zu lassen, würde sie an Sylvias Zukunft gar nicht mehr zu denken wagen.
    Alexandra hatte über den Vorschlag des Anwalts nachgedacht, sich eine Anstellung als Gouvernante oder Lehrerin zu suchen. Helene hatte sie nach London begleitet, war aber während Alexandras Treffen mit Anwalt Forsett im Hotel geblieben. Als sie nach Alex’ Rückkehr die ganze Geschichte erfuhr, hatte sie ihrem Schützling sofort eine Stellung in St. Catherines angeboten. Hatte betont, wie ideal die Lösung doch wäre. Alex könnte in dem Haus bleiben, an das sie sich gewöhnt hatte, in der Begleitung ihrer besten Freundin und weniger als eine Meile von ihrer Schwester entfernt.
    Aber so schnell gab eine Alexandra Douglas nicht auf. Sie hatte zwar kurz darüber nachgedacht, den Vorschlag gleich im nächsten Atemzug aber wieder verworfen. Es war nicht richtig, nicht gerecht. Durch einen Gesetzestrick waren Sylvia und sie dessen beraubt worden, was ihnen eigentlich zustand. Diesen Teil würde sie sich zurückholen. Sir Stephen hätte es sich leisten können, Sir Arthurs Absichten die Ehre zu geben. Nichts als der pure Geiz hatte ihn daran gehindert. Nun, dann würde sein Geiz sich eben gegen ihn wenden, nur dass er es niemals erfahren würde.
    Alexandra lächelte zaghaft und spürte, wie der Schlaf sich über ihre vertraute
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