Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Silberstern Sternentaenzers Sohn 04 - Familiengeheimnisse

Silberstern Sternentaenzers Sohn 04 - Familiengeheimnisse

Titel: Silberstern Sternentaenzers Sohn 04 - Familiengeheimnisse
Autoren: Lisa Capelli
Vom Netzwerk:
nicht besonders.
    „Es gibt sehr heiße Seitenkammern, um rasch ins Schwitzen zu kommen, und Becken mit heißem und kaltem Wasser zum Selbermischen“, erklärte Elena. Sie zeigte auf einen Platz auf dem Marmorpodest. „Leg dich dorthin."
    Annit streckte sich behaglich auf den warmen Stein hin.  Elena begann, ihre Tochter von Kopf bis Fuß einzuseifen  und sie ganz sanft zu waschen. „Zum ersten Mal war ich  vierzig Tage nach deiner Geburt hier“, erzählte sie dabei.
    „Warum ausgerechnet vierzig Tage?“, wunderte sich Annit.
    „Das ist Tradition. Um als Mutter vierzig Tage nach der Geburt rituell wieder in die Gemeinschaft aufgenommen zu werden“, erklärte Elena - ohne aufzuhören, Annits Rücken zu schrubben.
    „War ich damals noch bei dir?“, fragte Annit leise.
    „Ja. Ich war so glücklich, obwohl alle gegen uns waren“, antwortete Elena ebenso leise. „Sie zeigten auf mich, sie tuschelten und beschimpften mich. Nur eine einzige Frau hat damals zu mir gehalten.“ Elena seufzte tief. „Aber lass uns nicht mehr von der Vergangenheit reden. Lass uns in die Zukunft blicken.“
    Annit drückte ihr Gesicht auf den warmen Stein und genoss die Berührungen ihrer Mutter.
    ln die Zukunft blicken. Gut. Aber zuvor gibt es noch einiges zu klären. „Warum hast du mich später nie gesucht?“, wollte Annit wissen. „Warum hast du niemals Verbindung zu mir aufgenommen?“
    Elena hörte kurz auf, sie zu waschen. Doch dann spürte sie die Hände ihrer Mutter wieder auf ihrer Haut. „Ich habe es getan“, antwortete sie.
    Annit fuhr herum. „Wie? Wann denn? Ernsthaft?“
    Sanft, aber bestimmt drückte Elena ihre Tochter wieder zurück auf den warmen Stein. „Ich habe Angeliki so lange gedrängt, bis sie mir die Telefonnummer deiner Adoptiveltern beschafft hat.“
    „Und dann?“
    Annit spürte, dass es Elena nicht leicht fiel, weiterzusprechen. „Ich habe bestimmt hundert Anläufe genommen. Immer wieder bin ich zum Telefon, wählte die Nummer, aber dann verließ mich meist der Mut.“
    „Du hast also nicht angerufen“, murmelte Annit ein bisschen enttäuscht. Inzwischen konnte sie zwar verstehen, warum Elena sie weggegeben hatte. Aber sie fand kein Verständnis dafür, dass die sich nie bei ihr gemeldet hatte ...
    „Doch“, widersprach Elena. „Ich habe angerufen. Ich habe mit deiner Adoptivmutter gesprochen. Sie hat eine sehr sympathische Stimme.“
    „Du hast was?“, brauste Annit auf.
    Aber Elena drückte sie erneut zurück auf den Stein. „Ich wollte doch wissen, wie es dir geht.“
    „Und weiter?“, drängelte Annit.
    „Sie hat mich gebeten, nie wieder anzurufen. Sie war sehr aufgewühlt und sagte mir nur, dass es dir gut gehen würde. Und dass ich dich nicht in deinem neuen Leben stören solle. Dass ich das respektieren solle.“
    „Wann war das?“, hakte Annit nach.
    „An deinem neunten Geburtstag.“
    Annit schloss die Augen. Sie konnte sich noch genau an ihren neunten Geburtstag erinnern, damals hatte ihr Vater ihr ein Einrad geschenkt. Es war in dunkelblaues Papier gewickelt. Sie hatte es sofort aufgerissen und das Rad ausprobiert. Dabei war sie natürlich prompt auf die Nase gefallen. Sie hatte fürchterlich geschrien. Ihre Adoptivmutter war sofort herbeigeeilt, um die Wunde zu versorgen. In diesem Augenblick hatte das Telefon geklingelt.
    „Ein weiterer Geburtstagsgratulant“, hatte sie Annit zugezwinkert und war ins Haus gelaufen.
    Nach einer Weile war sie zurückgekommen. Kreidebleich. Zitternd.
    „Wer war das?“, hatte Annit gefragt.
    „Niemand“, hatte ihre Adoptivmutter geantwortet. Dieser Niemand war also Elena gewesen.
    „Und dann?“, bohrte Annit weiter. „Hast du es noch mal probiert?“
    „Nein“, antwortete Elena. „Ich habe den Wunsch deiner Adoptivmutter respektiert.“ Eine ganze Weile schrubbte Elena wortlos weiter.
    „Ich muss dich noch was fragen“, begann Annit dann.
    „Was denn?“
    „Die Igoumeni sagte damals, du würdest nach Griechenland kommen. Ich sollte auf dich im Kloster warten.“ Annit machte eine kleine Pause. „Wärst du gekommen?“, fügte sie dann leise hinzu, obwohl sie die Antwort eigentlich schon kannte.
    „Vermutlich nicht“, antwortete Elena leise. „Ich glaube, nein.“
    Annit legte die Stirn auf den warmen Stein. Gut, dass ich mich auf den Weg in die Türkei gemacht habe. Sonst hätte ich
meine Mutter niemals kennengelernt.

 
Wo ist Achmed?
    Als Annit und Mannito am
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher