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Signale

Signale

Titel: Signale
Autoren: Frederik Pohl
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zu heiraten, aber als Sklavin zu haben, ohne daß jemand ihn davon abhalten könnte, mit ihr zu tun, was er auch wollte –, davon hatte er jede Nacht in hundert Variationen geträumt. Er hatte nie jemandem von seinem Traum erzählt, jedenfalls nicht direkt, aber in der Schulzeit, als sie angewandte Psychologie durchnahmen, brachte er es vor, als habe er davon in einem Buch gelesen, und der Lehrer, durch seine Augen geradewegs in seine Träume starrend, erklärte, das sei der unterdrückte Wunsch, mit Puppen zu spielen. »Dieser Bursche praktiziert ein Rollenspiel«, meinte der Lehrer, »das aus dem Wunsch resultiert, eine Frau zu sein. Diese eindeutigen Ventile unterdrückter Homosexualität können zahlreiche Formen annehmen …« Und so weiter und so fort, und obwohl die Träume in ihrem physischen Ergebnis so zufriedenstellend wie zuvor endeten, erwachte der junge Dandish am Morgen mit schlechtem Gewissen und Zorn.
    Aber Silvie war weder ein Traum noch eine Puppe.
    »Ich bin keine Puppe!« sagte Silvie so scharf, so plötzlich, daß Dandish einen Schock erlitt. »Kommen Sie heraus und benehmen Sie sich vernünftig!«
    Sie richtete sich auf und hielt sich an einem der Griffe fest, die für die Bewegung bei Schwerelosigkeit überall angebracht waren, und obschon sie verwirrt und verärgert aussah, machte sie noch immer einen verängstigten Eindruck.
    »Wenn Sie nicht völlig verrückt sind«, sagte sie deutlich, »was ich annehme, obwohl alles für das Gegenteil spricht, werden Sie nichts unternehmen, womit ich nicht einverstanden bin; Sie verstehen mich. Sie kommen ja nicht weit damit, nicht wahr? Sie können mich nicht töten – Sie könnten sich nicht herausreden, und nebenbei, man läßt Mörder nicht in der 1. Klasse reisen; nach der Landung brauche ich nur einen Polizisten zu rufen, und Sie fahren für die nächsten neunzig Jahre U-Bahn-Lokomotive.« Sie kicherte. »Ich kenne so etwas. Mein Onkel ist bei einer Steuerhinterziehung aufgeflogen, und jetzt ist er als automatischer Bagger im Amazonas-Delta eingesetzt. Sie sollten seine Briefe lesen.
    Also kommen Sie endlich raus, dann werden wir sehen, ob ich mich nachsichtig Ihnen gegenüber zeigen kann.«
    Ihre Ungeduld wuchs, und sie schüttelte den Kopf. »Übrigens, da ich schon recht lange wach bin, müßte ich mal für kleine Mädchen gehen, und nachher möchte ich etwas essen.«
    Dandish fühlte eine schwache Befriedigung darüber, daß er diese Bedürfnisse vorausgesehen und entsprechend vorgesorgt hatte. Er öffnete die Tür zu den Waschräumen und schaltete den Grill ein, in dem bereits Notrationen auf ihre Zubereitung warteten.
    Als Silvie zurückkam, standen Kekse, Speck und heißer Kaffee für sie bereit.
    »Ich vermute, Sie haben keine Zigarette?« fragte sie. »Na ja, ich werde es überstehen. Wie steht es mit Kleidern? Und wie wäre es, wenn Sie sich endlich zeigen würden?«
    Sie streckte sich, gähnte und begann zu essen. Augenscheinlich hatte sie eine Dusche genommen, wie es nach dem Erwachen aus dem Kälteschlaf grundsätzlich empfehlenswert war, um vertrocknete Hautschichten fortzuspülen; um ihr verdorbenes Haar hatte sie ein kleines Handtuch gewickelt. Dandish hatte das Tuch widerwillig in den Waschräumen gelassen, aber es war ihm nicht eingefallen, daß sein Opfer es um den Kopf wickeln könnte.
    Silvie saß nachdenklich überm Rest ihrer Mahlzeit und sagte nach einer Weile, als verlese sie einen Aufsatz: »Wie ich es verstehe, sind Raumfahrer immer recht seltsame Menschen, denn wer würde sonst ins Weltall reisen, für zwanzig Jahre hintereinander, auch für Geld würde das kaum jemand tun, nicht einmal für viel Geld. Also, Sie sind verrückt. Wenn Sie mich wecken, aber sich nicht sehen lassen, nicht mit mir reden wollen, dann kann ich es nicht ändern. Nun, ich verstehe, daß das Leben hier an Bord Sie verwirrt hat. Vielleicht wünschen Sie nur ein bißchen Gesellschaft? Ich begreife das. Ich könnte sogar mitmachen, und wir reden nicht mehr darüber. Andererseits, vielleicht bereiten Sie gerade irgend eine böse Geschichte vor. Ich weiß nicht, ob Ihnen das möglich ist, weil Sie natürlich genau getestet wurden, bevor man Ihnen diesen Job gegeben hat. Aber einmal angenommen. Was geschieht dann? Wenn Sie mich töten, werden Sie geschnappt. Töten Sie mich nicht, berichte ich alles nach der Landung, und Sie werden ebenfalls geschnappt. Ich habe Ihnen von meinem Onkel erzählt. Heute befindet sich sein Körper in den Tiefkühlhallen
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