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Sieg der Leidenschaft

Titel: Sieg der Leidenschaft
Autoren: Heather Graham
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Truppen dermaßen dezimiert, dass sie Frauen in den Kriegsdienst stellten? Unwillkürlich erinnerte er sich an den Kriegsbeginn. Damals hatte die Tollkühnheit unerfahrener Soldaten eine sinnlose Tragödie heraufbeschworen, die sein Leben nachhaltig prägte.
    Nein, sicher hielt sich die Frau nur zufällig hier auf. Er rückte seinen Hut zurecht, dann pfiff er nach Friar, um ihn trinken zu lassen. Die Augen von der breiten Krempe überschattet, sah er sich um. Hier gab es mehrere Wege, die in verschiedene Richtungen führten. Langsam stand er auf und erblickte einen Pfad, der sich im Dickicht verlor. Plötzlich machte sich die Frau bemerkbar.
    Er hatte sich für einen hartgesottenen Soldaten gehalten, den nichts mehr erschüttern konnte. Aber jetzt stockte ihm der Atem. Splitternackt, wie ein schöner sinnlicher Traum, trat sie zwischen den Kiefern hervor. In weichen Wellen fiel das ebenholzschwarze Haar über ihre Brüste, den Bauch, die Schenkel. »Guten Tag, Yankee ...«
    Es dauerte eine Weile, bis ihm die Stimme gehorchte, und er sah sie lächeln. »Madam ...«
    »Sie befinden sich in einem Rebellenstaat.«
    »Das weiß ich.«
    »Also suchen Sie nach Rebellen?«, rief sie herausfordernd. »Wenn ja, kommen Sie hierher!«
    Zu seiner Verblüffung rannte sie am Ufer entlang, in südlicher Richtung. Wie ein Rabenflügel wehte das lange Haar hinter ihr her. Verdutzt starrte er ihr nach, dann fluchte er, schwang sich in den Sattel und lenkte Friar durch den seichten Fluss.
    Als er das andere Ufer erreichte, war die Frau auf eine edle Stute gestiegen. Verlockend zeichneten sich ihre langen, elfenbeinweißen Beine vom dunklen Fell des Pferdes ab. Sie warf Taylor nur einen kurzen Blick zu, dann drückte sie die Knie in die Flanken ihrer Stute und galoppierte über einen Pfad, den ein dicker Teppich aus Kiefernnadeln bedeckte.
    Immer tiefer ritt sie in das grüne Dunkel hinein. Über Taylors Kopf bildeten Kiefern- und Eichenzweige, mit Farnpflanzen und Moos verwoben, einen üppigen Baldachin. Diesen Weg kennt sie. Sonst würde sie nicht wagen, in diesem halsbrecherischen Tempo auf dem kurvenreichen Pfad dahinzurasen. Und nur ein Narr würde ihr so leichtsinnig folgen, dachte er.
    Er wusste, dass sie ihn in die Irre führte und von seinem Vorhaben abzulenken suchte. Trotzdem blieb er ihr auf der Spur, denn er nahm an, sie würde in absehbarer Zeit zum Nebenfluss zurückkehren.
    Nach zwanzig Minuten erreichte er einen plätschernden Bach und staunte über das Durchhaltevermögen der Stute, die sich noch immer nicht von seinem kraftvollen Braunen einholen ließ.
    Die Südstaaten hatten den Krieg mit den besten Pferden begonnen. Im Süden waren die Landwirtschaft und Jagd viel stärker verbreitet als im Norden. Deshalb gab es hier die besseren Gestüte. Aber die Kämpfe hatten nicht nur von Menschen, sondern auch von Pferden ihren Tribut gefordert und viele Tiere bestanden nur noch aus Haut und Knochen. Ganz zu schweigen von den Kadavern, die auf den Schlachtfeldern verwesten ...
    Umso glücklicher schätzte sich Taylor, weil er einen außergewöhnlichen Hengst besaß. Friar stammte aus einer Zucht in Kentucky, wo man besonderen Wert auf Kraft und Schnelligkeit legte. Wäre der Waldweg nicht so schmal und gewunden, hätte die Stute ihren Vorsprung zweifellos längst eingebüßt.
    Als Taylor am Ufer ankam, hatte die Frau den Bach gerade überquert. Trotzdem zügelte er seinen Hengst. Sicher war es besser, die weiteren Ereignisse abzuwarten. Sie musste wissen, dass sie ihrer Stute dieses Tempo nicht mehr lange zumuten durfte. Oder glaubte sie, der Tod eines Pferdes wäre kein zu hoher Preis für das Gelingen ihres Manövers? Aber wie wollte sie mitten im Nirgendwo, weit entfernt von beiden bewohnten Küsten, ohne ein Pferd überleben? Also musste sie wohl oder übel langsamer reiten, absteigen, die Stute am Zügel führen und trinken lassen.
    Taylor glitt aus dem Sattel, setzte sich ans Ufer, trank etwas Wasser und sah sich um. Inzwischen musste die Frau gemerkt haben, dass er ihr nicht mehr folgte. Glaubte sie vielleicht, sie hätte ihn endgültig abgeschüttelt?
    Niemals. Diese mutwillige kleine Närrin ... Wusste sie denn nicht, worauf sie sich einließ? Sekundenlang schloss er die Augen und biss die Zähne zusammen. Diese Seelenlast aus Schmerz und Bitterkeit hatte er schon lange nicht mehr empfunden. Die Vergangenheit lag hinter ihm. Warum weckte die Begegnung mit dieser Frau Erinnerungen, die er längst verdrängt hatte?
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