Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sieben Leben

Sieben Leben

Titel: Sieben Leben
Autoren: A Aschberg
Vom Netzwerk:
gereicht bekam. Und ich
lernte es auch gerade.
    „So geht das nicht!“, schrie die Figur vor mir. „Sie…, ähm…
Du…, Du…“. Auf der Suche nach einem passenden Schimpfwort für mich, ließ er den
Knüppel unkontrolliert hin und her kreisen. Ich hatte Angst, dass er mir aus
Versehen ein Auge ausstach.
    Aber bevor sich der Gnom entscheiden konnte, was nun die
angemessene Strafe für meine Taktlosigkeit sei, hatte Vogelbauer die Wogen
bereits wieder geglättet.
    „Alles in Ordnung“, versicherte er dem Männchen in
beruhigendem Tonfall. „Alles wieder im Griff.“
    „Wirklich?“, wollte der Gnom wissen.
    „Wirklich“, bestätigte Vogelbauer.
    Erleichtert zog der Gnom mit seinem Knüppel von dannen. Er
machte einen echt verwirrten Eindruck, und die Frage war, warum man ihn hier
frei herumlaufen ließ. Dazu noch mit einem Knüppel.
    Ich hätte Vogelbauer gerne gefragt, war hier eigentlich los
war. Aber er bedeutete mir, dass man auch Unterhaltungen nicht gerne sah und
raunte mir zu, die nächste Pause abzuwarten.
    In diesem Moment sah Daisy zu uns hinüber, aufmerksam
geworden durch den Auftritt des Gartenzwergs und unser Getuschel. Der eine
Blick genügte, um mich zu überzeugen, dass jetzt offensichtlich nicht der
Zeitpunkt für eine längere Unterhaltung war. Auch Daisy mochte seine mentalen
Probleme haben, und ich hatte kein Interesse herauszufinden, wie sich das
gegebenenfalls äußerte, sollte man sein Mißfallen erregen.
    Immerhin war mein Kopf jetzt wieder völlig klar. Also, um es
kurz zu machen: Obwohl der Innendienst durchaus auch seine guten Seiten hatte,
war ich nach einiger Zeit in den Vertrieb gewechselt. Irgendwie hatte es mich
wieder auf die Piste gezogen. Mein vorheriges Leben als Berater war eine gute
Grundlage, um erfolgreich Vertrieb zu machen, und von Marketing hatte ich auch
ein bißchen Ahnung. Vielleicht lag mir das Leben als Geschäftsreisender einfach
im Blut. Vielleicht spielte auch der größere Geschäftswagen eine Rolle und
Tantiemen, von denen man im Innendienst nur träumen konnte. Ich war seit kurzem
ein verheirateter Mann, da konnte ein kleiner Bonus am Jahresende nicht
schaden.
    Dieses Jahr hatte ich die höchste Abschlußquote aller
Außendienstler im gesamten Unternehmensbereich geschafft. Mit einem breiten
Grinsen hatte mir unser Vorstand vor versammelter Mannschaft zu meinem
hervorragenden Ergebnis gratuliert. Sogar aus den USA waren Kollegen gekommen
zu der Veranstaltung, bei der wie jedes Jahr die besten Vertriebsleistungen
ausgezeichnet wurden.
    Nach seiner Laudatio hatte mir unser Vorstand einen
Gutschein in die Hand gedrückt, um sie dann für den hauseigenen Fotografen so
enthusiastisch und ausdauernd zu schütteln, dass ich den Phantomschmerz noch
heute in den Fingern spüren konnte.
    Wir standen auf der riesigen Terrasse des 5-Sterne-Hotels,
das man für die Veranstaltung auserkoren hatte. Es lag direkt am Meer, das
Wasser zum Greifen nah. Ein laues Lüftchen umwehte die fantasievollen Canapès,
die uns in Battalionsstärke erwarteten. Dann kamen die Cocktails. Jeder
gratulierte mir und wollte mit mir anstoßen. Es kamen mehr Cocktails, ebenfalls
in Battalionsstärke. Ich stieß an mit jedem, der wollte, und trank mein Glas
immer brav aus. Dann war irgend etwas schiefgelaufen.
    Jetzt saß ich hier und achtete darauf, beim Nachdenken nicht
wieder aus dem Takt zu kommen. Der monotone Klang der Trommel war mir beinahe
schon in Fleisch und Blut übergegangen.
    Ich erschrak daher richtiggehend, als die Trommelschläge
plötzlich verstummten. Die Ruhe hatte fast etwas Unwirkliches.
    Pause.
    Wir tranken Wasser, das in Plastikbechern gereicht wurde.
Die stammten sicherlich nicht aus der Römerzeit, aber niemand von uns störte
sich an diesem Stilbruch. Wir hatten alle einen mächtigen Durst. Bei mir kam
noch der Nachdurst hinzu.
    Die Sonne stand im Zenit, ein Tag wie aus dem Bilderbuch.
Allerdings die Sorte Buch mit großflächigen Panoramadarstellungen, bei denen
man Einzelheiten, zum Beispiel angekettete Galeerensträflinge, nicht
so gut erkennen konnte, um den künstlerischen Gesamteindruck nicht zu stören.
    „Sie machen das hier zum ersten Mal mit?“
    Ich sah meinen Nachbarn mißtrauisch an. Hatte ich da eben
richtig gehört?
    „Ich bin schon das dritte Mal dabei“, ließ Vogelbauer mich
wissen. „Letztes Jahr war ich drei Wochen bei dem Alaska-Programm. Blockhütte
ohne Heizung. Wenn Sie Feuer wollten, mußten Sie Holz hacken. Haben Sie schon mal
bei
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher