Sie kannten keine Gnade - Western (German Edition)

einzureden. Die Lage klärte sich schnell.
    Das imposante Zelt vor dem Feuer öffnete sich und ein nicht weniger imposanter Alter kam heraus, in Begleitung zweier Krieger. Seine Miene blieb unbeweglich und seine Arme verschränkt, während er der Squaw zuhörte. Sie berichtete ihm mit heller Stimme, was vorgefallen war.
    Der Alte wandte sich an Big Sam. "Du kamst zur rechten Zeit, Lawman Ranger. Sie hätte sterben können. Der große Geist muß dich geschickt haben."
    Big Sam blickte ihn verwundert an.
    "Ich bin Chief Two Star Roberts", sagte der Alte. "Das Mädchen ist meine Tochter Henrietta. Willkommen in unserem Dorf. Du bist unser Gast. Iß mit uns."
    Big Sam hatte die Tochter des Häuptlings gerettet. Sie war beim Beerensuchen der Frauen am Fluß verlorengegangen. Er schüttelte fassungslos den Kopf. "Gern nehme ich deine Einladung an, Chief Two Star Roberts."
    Wenig später saßen der Chief, seine Familie, seine Berater und Big Sam am Feuer und aßen. Das rechte Bein Henriettas war verbunden und geschient. Sie hatte es hochgelegt. Big Sam fiel im Schein des Feuers auf, wie wunderschön sie war.
    "Wir haben die Pueblos in den Mesas verlassen, weil wir gehört haben, daß das Land hier gut sein soll", sagte Chief Two Star Roberts.
    "Das ist es", sagte Big Sam. "Es gibt schon gute und große Farmen im Osten von Oklahoma. Ich habe sie gesehen."
    "Manche Hopis bauen schon Getreide an", sagte der Chief. "Doch die meisten von uns müssen den Krieg erst noch verlernen. Der Kampf liegt uns im Blut, Lawman Ranger. Umherwandern und Büffel schießen ist eine Sache, Häuser bauen und Weizen säen etwas ganz anderes. Ist für viele von uns ungewohnt."
    Big Sam nickte und langte noch einmal in die Schale mit den Süßkartoffeln.
    Der Blick des Mädchens ruhte wohlgefällig auf Big Sam. Ihre rehbraunen Augen leuchteten. Sie verfolgte jede seiner Bewegungen.
    Chief Two Star Roberts sah es. "Lawman Ranger", sagte er. "Gib mir deine Hand."
    Big Sam stellte die Schüssel ab und hielt ihm zögerlich die Rechte hin.
    Der Chief ergriff sie und zog ihn zu dem Mädchen hin. Sie schlug verschämt die Augen nieder. Er nahm ihre schmale Linke und legte sie in Big Sams breite Rechte. Ihre schlanken Finger umschlangen seine Hand.
    Big Sams Herz begann zu pochen. Er räusperte sich.
    "Sie gehört dir", sagte Chief Two Star Roberts. Sein Ton ließ keinen Widerspruch zu. "Von dieser Nacht an ist sie deine Frau."
    Big Sams Adamsapfel hüpfte. Seine Augen stierten ins Feuer. "Das ist eine große Ehre", stammelte er.
    "Du hast sie verdient", sagte der Chief.
    Henrietta lächelte glücklich.
    Big Sam stotterte etwas.
    "Du mußt dich nicht bedanken", sagte ihr Vater. "Wir sind dir zu Dank verpflichtet. Du hast ihre Schwäche nicht ausgenutzt. Du hast sie befreit. Du bist tapfer in unser Lager geritten, obwohl du wissen mußtest, daß es dich dein Leben kosten kann. Du hast ihr Leben als wertvoller betrachtet als dein eigenes. Welchem besseren Mann könnte ich sie geben?"
    "Nicht der Rede wert", murmelte Big Sam.
    "Ist sie nicht wunderschön?" fragte der Chief.
    "Oh, das ist sie." Big Sam schluckte.
    "Sie wird dich sehr glücklich machen."
    "Zweifellos. Es ist nur..." stammelte Sam.
    Chief Two Star Roberts neigte sich vor. "Was denn?"
    "Ich, äh..." sagte Sam. Er wedelte unbeholfen mit den Händen und stieß dabei seinen Wasserkrug um. Hastig stellte er ihn wieder auf.
    "Du magst sie nicht?" fragte Chief Two Star Roberts verwundert. Seine Brauen fuhren zusammen. Seine Augen verengten sich. "Nein?"
    "Sie ist schön wie ein Stern des Himmels", sagte Sam. "Eines großen Häuptlings würdig."
    "Du mußt kein Häuptling sein, nur tapfer", sagte Chief Two Star Roberts. "Oder sind wir dir nicht gut genug?"
    "Chief..." sagte Big Sam. "Ich bin schon verheiratet. Mit Sarah, meiner Frau."
    Ein kalter Schauer der Enttäuschung glitt über Henriettas Gesicht.
    Häuptling Two Star Roberts blickte mit stoischer Miene in die Flammen. Nach einer Weile sagte er, "Na und? Dann hast du eben zwei Frauen. Frau Sarah und Frau Henrietta. Wenn du nicht bei Sarah bist, bist du bei Henrietta."
    "Ich habe Kinder..." stammelte Big Sam.
    Der Chief winkte ab. "Um die Kinder kümmern sich die Weiber. Männer reiten."
    Sam blickte zu Henrietta hinüber. Sie war das Bild einer Frau. Höchstens zwanzig Jahre alt. Und verliebt.
    In ihn.
    "Chief Two Star Roberts", sagte Sam schließlich. "Ich weiß deine Gunst zu schätzen. Ein Bruder der großen Hopi zu sein ist eine große Ehre.