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Sie kannten keine Gnade - Western (German Edition)

Sie kannten keine Gnade - Western (German Edition)

Titel: Sie kannten keine Gnade - Western (German Edition)
Autoren: Sherman Lee
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wissen.
    Big Sam war es lieber, wenn sie es nicht wußten.
    Die Abendsonne stand rot am westlichen Himmel. Die Hammerschläge wurden weniger. In der Zeltstadt gingen die Petroleumlampen an. Ein Menschengewühl, tausend Stimmen erfüllten die matschigen Straßen. In den hellen Saloonzelten droschen Pianisten auf ihre verstimmten Klaviere ein.
    Big Sam fand schließlich, was er suchte.
    "Isabella's Song and Dance" war ein hohes graues Zelt. Er ritt zur dunklen Rückseite des Gebäudes und glitt vom Falben, den er an einem der Taue festband. Eine eiserne Faust umfaßte sein Herz, als er die Stimme erkannte, die im Innern Lieder sang. Es war die Stimme seiner Frau.
    Sarah!
    Doreen hatte die Wahrheit gesagt. Er hatte sie tatsächlich gefunden. Wo ihre Mutter war, da war Little Mary sicher auch nicht weit. Sam ließ die Gewehre beim Pferd. Während er zum Eingang ging, knöpfte er den bodenlangen Mantel auf und schob ihn hinter die Revolverholster, die ihm tief auf den Schenkeln lagen.
    Am Eingang schob er die Zeltplane beiseite und trat ein. Heiße, rauchige Luft schlug ihm entgegen. Die Meute im Zelt hatte keine Augen für ihn. Eine große Menge von Arbeitern, vor allem Chinesen und Iren, grinste und klatschte im Rhythmus des Liedes.
    Big Sam blickte auf die Bühne und biß die Zähne zusammen. Dort stand seine Frau. Sie war bis zum hohen Kragen in ein weites rotes Kleid gehüllt und tanzte auch nicht.
    Doch sie sang.
    Und was sie sang, gefiel der Meute. Ein junger Melonenträger auf einem quietschenden Hocker begleitete sie am Klavier.
    Big Sam überragte die anderen um Haupteslänge. Seine Blicke musterten den Saloon. Er entdeckte Ratcliff weit vorne, am Pokertisch neben der Plattform.
    Plötzlich sah ihn die Schönheit auf der Bühne. Mitten im Lied stockte ihr der Atem. Sie hielt inne. Die Meute klatschte noch ein wenig weiter. Dann pfiff und johlte sie. Buhrufe wurden laut.
    Vor der Plattform wandte sich ein kleines Mädchen mit schwarzen Zöpfen um. Einen Moment lang stand sie starr im Sägemehl, das den Boden bedeckte. Dann schrie sie "Daddy!" und rannte in seine Richtung. Die Menge teilte sich und ließ sie durch. Mary breitete die Arme aus und umarmte ihren Vater um die Hüften. Sie schmiegte sich an ihn.
    Big Sam beachtete sie nicht. Er ließ seinen Blick keinen Augenblick von Ratcliff am Pokertisch. Der legte gerade seine Karten nieder. Sam nahm seine Tochter bei den Schultern und drückte sie sanft von sich. "Hallo Liebling", sagte er, ohne sie anzusehen.
    "Aber Daddy...!" sagte sie verwundert.
    "Gleich, Liebling", sagte Big Sam.
    Art Ratcliff sah hoch zu der stummen Frau auf der Bühne. Sarah starrte wie gebannt in den Saal. Er folgte ihrem Blick und entdeckte Sam. Der Spieler schoß hoch. Sein Stuhl kippte um und landete im Sägemehl.
    Ein Raunen ging durch die Menge. Sie spürte Big Sams Entschlossenheit und Ratcliffs Entsetzen. Die Männer wichen Sam aus, während er nach vorn stapfte. Sie drängten sich an die Seiten des Zeltes und beobachteten gespannt, was nun geschah.
    Es wurde still. Totenstill.
    Leise klingelten Sams Sporen. Schritt für Schritt kam er der Plattform näher.
    Vorsichtig, gespannt wie eine Raubkatze vor dem Sprung, trat Art Ratcliff vom Pokertisch zurück. Er musterte seinen Gegner aus halbgeschlossenen Augen, während er in die Mitte vor der Bühne schlich. Ratcliff schlug sein graues Jackett zurück. Wie die Klauen eines Geiers lauerten seine Finger über den Revolvern an seinen Seiten. Sein Gesicht war schweißnaß. Zorn und Haß funkelten in seinen Augen.
    Art Ratcliff wußte, was er tat. Er stand nun genau unter Sarah Sampson. Sollte der Große dort hinten schießen, lief er in Gefahr, seine eigene Frau zu treffen.
    Big Sam wünschte, seine Frau würde zur Seite gehen. Doch Sarah starrte nur ungläubig auf das Spektakel zu ihren Füßen. Der junge Klavierspieler hingegen ahnte, was kommen würde. Er sprang von seinem Hocker auf, packte sein Jackett und verschwand hinter dem Vorhang an der Seite.
    Noch zwanzig Yards trennten Big Sam und Art Ratcliff.
    Jede Faser in Big Sams Körper war gespannt.
    Die Finger des Spielers zitterten vor Nervosität. Er keuchte.
    Sam marschierte weiter auf ihn zu. Ratcliffs Rücken krümmte sich. Er schien immer kleiner zu werden.
    Wie im Traum blickte Sarah auf Art Ratcliffs Rücken vor sich. Alle Demütigungen der letzten Monate strömten ihr in den Sinn, Ratcliffs Geschrei, seine Grobheit, seine Unverschämtheiten. Da packte sie den Hocker des
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