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Sie kam, sah und liebte

Sie kam, sah und liebte

Titel: Sie kam, sah und liebte
Autoren: Gibson Rachel
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Narbe auf dem linken Wangenknochen und eine weitere am Kinn. Sie schmälerten allerdings nicht den ungeheuren Eindruck, den er machte. Sie ließen ihn vielmehr so gefährlich erscheinen, dass wohl keine einzige Frau im Raum sich nicht fragte, wie gefährlich er wirklich werden konnte.
    Zum unauffälligen anthrazitfarbenen Anzug trug er eine rote Seidenkrawatte. Das Handgelenk zierte eine goldene Rolex, und an seiner Seite klebte wie ein Saugnapf eine verblühte Blondine.
    Der Mann legte eindeutig Wert auf Accessoires.
    Jane und der Torhüter hatten Begrüßungsfloskeln und einen Handschlag ausgetauscht. Der Blick seiner blauen Augen hatte sie kaum gestreift, bevor er mit seiner Blondine weiterging. In weniger als einer Sekunde fand sie sich gewogen und für zu leicht befunden. Doch daran war sie gewöhnt. Männer wie Luc beachteten Frauen wie Jane gewöhnlich nicht. Kaum größer als einssechzig, dunkelbraunes Haar, grüne Augen und A-Körbchen. Solche Männer blieben nicht stehen, um zu hören, ob sie vielleicht etwas Interessantes zu sagen hatte.
    Falls die übrigen Chinooks sie genauso rasch abtaten wie Luc Martineau, standen ihr ein paar beschwerliche Monate bevor, aber die Gelegenheit, mit dem Team von Spiel zu Spiel zu reisen, war zu gut, als dass sie darauf hätte verzichten mögen. Sie würde ihre Artikel über den Hockeysport aus dem Blickwinkel einer Frau verfassen. Sie würde natürlich über die Höhepunkte des Spiels berichten, aber ihr Hauptaugenmerk wollte sie auf das lenken, was im Umkleideraum geschah. Nicht auf Penisgröße und sexuelle Vorlieben – das war ihr gleichgültig. Sie wollte in Erfahrung bringen, ob Frauen auch im einundzwanzigsten Jahrhundert noch diskriminiert wurden.
    Jane nahm den Platz vor ihrem Laptop wieder ein und widmete sich wieder der Honey-Pie- Episode, die sie morgen abliefern müsste, wenn sie noch im Februar erscheinen sollte. Während viele Männer ihre Singlefrau -Kolumne für einen Schmachtfetzen hielten und nicht zugaben, dass sie sie lasen, fanden doch viele von ebendiesen Männern an Janes Honey-Pie- Serie großen Gefallen. Niemand außer Eddie Goldman, der Chefredakteur der Zeitschrift, und Caroline Mason, ihre beste Freundin seit der dritten Klasse, wusste, dass sie diese lukrativen monatlichen Artikel schrieb. Und so sollte es auch bleiben.
    Honey war Janes Alter Ego. Umwerfend. Hemmungslos. Der Traum eines jeden Mannes. Eine Hedonistin, die Männer in ganz Seattle in ein verschwitztes Koma versetzte, ausgelaugt und der Sprache beraubt, was sie aber nicht daran hinderte, um mehr zu betteln. Honey hatte einen riesigen Fan-Club, und auch im Internet waren ihr ein halbes Dutzend Fan-Sites gewidmet. Einige waren traurig, andere witzig. Auf einer dieser Websites wurde spekuliert, dass der Autor von Honey Pie in Wahrheit ein Mann sei.
    Dieses Gerücht gefiel Jane am besten. Ein Lächeln spielte um ihre Lippen, als sie die letzten Zeilen las, die sie vor Leonards Anruf geschrieben hatte. Dann machte sie sich wieder an ihre Arbeit – Männer zum Betteln zu bringen.

1. KAPITEL
     

Die Rasur: Einführung der Anfänger
     
    Der Umkleideraum hallte wider von Blödeleien, als Luc »Lucky« Martineau seine Montur anlegte. Die meisten seiner Teamkameraden scharten sich um Daniel Holstrom, den Neuling aus Schweden, und boten ihm zwei verschiedene Möglichkeiten der Initiation an. Daniel konnte sich entweder von den Jungs einen Irokesen rasieren lassen, oder er musste das gesamte Team zum Essen einladen. Da Neulingsgelage zwischen zehn- und zwölftausend Dollar kosteten, vermutete Luc, dass der junge Verteidiger wohl eine Zeit lang wie ein Punker herumlaufen würde.
    Daniel suchte mit großen, blauen Augen den Raum nach einem Hinweis darauf ab, dass die Jungs ihn hochnahmen. Er fand keinen. Alle waren einmal Anfänger gewesen, und jeder hatte irgendwelche Schikanen über sich ergehen lassen müssen. In Lucs Anfängersaison waren öfter mal die Schnürsenkel seiner Schlittschuhe verschwunden, und oft genug waren die Laken in seinem Hotelzimmer gekürzt worden.
    Luc ergriff seinen Schläger und machte sich auf den Weg zum Tunnel. Er kam an ein paar Jungs vorüber, die ihre Schläger mit Schweißgeräten bearbeiteten. Kurz vor dem Tunnel standen Coach Larry Nystrom und Geschäftsführer Clark Gamache und sprachen mit einer kleinen, ganz in Schwarz gekleideten Frau. Die Männer hatten die Arme vor der Brust verschränkt und blickten finster auf die Frau, die auf sie einredete. Ihr
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