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Sie haben sich aber gut gehalten!

Sie haben sich aber gut gehalten!

Titel: Sie haben sich aber gut gehalten!
Autoren: Lilli Beck
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eine Schnute. «Oooch. Nichts Genaues. Und ich will mich da auch nicht einmischen. Aber wenn du dir seine Erklärung anhörst, bist du hinterher klüger – könnte ich mir vorstellen.»
    Suse gießt auch für mich noch ein Glas Prosecco ein. «Na, vielleicht hat sie recht. Es bringt dich jedenfalls nicht um, wenn du ihm fünf Minuten zuhörst.»
    «Na los», bedrängt Lotte mich erneut. «Ein paar Minuten. Bist du denn überhaupt nicht neugierig?»
    «Also gut», gebe ich schließlich nach und straffe schon mal meine Schultern. «Fünf Minuten, keine Sekunde länger.»
    «Bravo!» Lotte rutscht von ihrem Hocker und wuselt aus dem Raum.
    «Dann lass ich dich mal allein», sagt Suse. «Ich muss mich auch wieder um meine Gäste kümmern.» Sie umarmt mich kurz und stellt die Flasche auf den Tisch. «Bleib ganz locker, Rosy. Und wenn er dir blöd kommt, kippst du ihm einfach den Prosecco über den Kopf und lässt ihn wie den berühmten begossenen Pudel stehen.» Sie zwinkert mir aufmunternd zu und verlässt die Kaffeeküche.
    Kaum bin ich allein, bereue ich meine Zusage. Was soll so ein Gespräch schon ändern?, überlege ich und beschließe, mich einfach davonzustehlen. Im Gewühl dürfte das nicht allzu schwierig sein. Um Lotte muss ich mich nicht sorgen, die schafft es auch ohne mich nach Hause. Sie hat ja Bertilein.
    Doch als ich die Tür vorsichtig öffne, steht John direkt vor mir. Wir schrecken beide zusammen und sehen uns einen Moment lang unsicher an.
    «Rosy», sagt er dann leise und lächelt wieder auf diese umwerfende Art, der ich kaum widerstehen kann.
    Verunsichert senke ich meinen Blick und trete einen Schritt zurück, um nicht wieder schwach zu werden. Trotz der Vorkommnisse empfinde ich seine Nähe als gefährlich.
    «Magst du dich setzen, etwas trinken?», frage ich, nicht so sehr aus Höflichkeit denn aus Unsicherheit. Geschäftig nehme ich dann ein Glas aus dem Regal und schenke ein.
    John lehnt sich mit einem Arm an den Tisch und beobachtet mich aufmerksam.
    Als wir gleichzeitig nach unseren Getränken greifen, berühren sich unsere Hände. Wie elektrisiert zucke ich zusammen.
    Er sieht mich ernst an. «Schon seltsam, dass wir uns wie zwei Teenager aufführen.»
    «Findest du?», antworte ich schnippisch und nehme einen großen Schluck Prosecco. Hoffentlich hilft der gegen mein Bauchkribbeln und den starken Fluchtreflex. Nach wie vor würde ich am liebsten verschwinden.
    John trinkt ebenfalls und stellt das Glas dann leise ab. «Aber ich gebe zu, das ist zum größten Teil meine Schuld.»
    Überrascht wende ich mich ihm zu.
    «Na ja, bis auf dein überstürztes Weglaufen am letzten Sonntag.» Er lächelt. «Wenn du geblieben wärst, hätte ich dir alles erklärt.»
    «Dazu hast du ja jetzt Gelegenheit», entgegne ich und bemühe mich um einen gelassenen Ton, als ginge es nur um ein geschäftliches Missverständnis.
    «Also», beginnt John und holt tief Luft. «Damals habe ich mich …»
    «Was soll das werden?», unterbreche ich ihn unwirsch. «Ein Abend der Erinnerungen?»
    John reagiert gelassen. «Nein, aber ich möchte dir endlich erklären, warum ich damals so sang- und klanglos abgetaucht bin.»
    «Ich bin nicht sicher, ob mich das interessiert.» Abwehrend verschränke ich die Arme. «Was soll das schon bringen, alte Suppen aufzuwärmen.»
    «Bitte, Rosy, hör mir zu, denn ich bin sicher, dass du überrascht sein wirst», sagt er.
    Jetzt bin ich doch neugierig und murmle: «Meinetwegen.»
    «Ich war damals wahrscheinlich noch nicht bereit, mich auf jemanden ernsthaft einzulassen», beginnt er. «Unsere Beziehung dauerte ein halbes Jahr. Eine lange Zeit für einen Achtzehnjährigen. Das machte mir Angst, und ich fühlte mich eingeengt. Ich wollte Abenteuer, die Welt entdecken, mich austoben. Nenn es, wie du willst.» Er fährt sich durch die Haare. «Vermutlich war ich auch nur unreif und testosterongesteuert, wie alle Jungs in diesem Alter. Aber ich habe mich verändert. Ehrlich. Mir ist klar geworden, was wirklich wichtig ist im Leben. Was
mir
wirklich wichtig ist.»
    Ich fixiere ihn mit schmalen Augen. «Trotzdem hast du mich behandelt wie irgendeine Tussi, die du gerade kennengelernt hast. Und es war feige, so einfach unterzutauchen», werfe ich ihm vor. «Wo warst du eigentlich? Das mit dem Segeltörn habe ich dir nämlich nie abgenommen.»
    «In Südengland, bei Freunden meiner Eltern. Ich musste einfach raus und habe dort ein Jahr lang in einem Bootsverleih gejobbt. Ich habe geackert
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