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Shadow Killer - Und niemand hoert deinen Schrei

Shadow Killer - Und niemand hoert deinen Schrei

Titel: Shadow Killer - Und niemand hoert deinen Schrei
Autoren: Jordan Dane
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gab es kein wirkliches Vergessen der lieben Verstorbenen.
    Becca parkte ihren Wagen am Rand der Rasenfläche und stieg aus. Danielle und Momma waren mitgekommen, denn sie hatten offenbar gespürt, wie wichtig dieser Tag für Becca war. Jetzt klammerten die beiden sich im Schutz des Sonnensegels aneinander fest.
    Zum Zeichen der verlorenen Unschuld war Isabels schimmernde Kupferurne mit Lilien und weißen Duftrosen bedeckt. Auf einer Seite des Grabes warteten vier Mariachi-Spieler mit ernsten Gesichtern darauf, die erste Weise anzustimmen. Das gehörte ebenfalls zu der Kultur, vor der Becca inzwischen Hochachtung empfand. Diego hatte wirklich an sämtliche Details gedacht.
    Er stand an ihrer Seite und hielt ihre Hand. Als Vater Victor Marquez mit der Grabrede für seine Schwester Isabel begann, lehnte Becca sich an Diegos Schulter, und er nahm sie tröstend in den Arm. Sie sog seine Wärme in sich auf, schlang ihm die Arme um die Taille, kniff die Augen zu und kämpfte gegen die plötzlich aufsteigenden Tränen an. Dann atmete sie den süßen Duft der Blumen, das würzige Aroma der ausgehobenen Erde und Diegos dezentes Rasierwasser ein, und ein – wenn auch noch zerbrechliches – Gefühl des Friedens stieg in ihrem Herzen auf.
    Es würde dauern, bis sie das Gefühl hätte, sie dürfe glücklich sein. Jetzt aber hegte sie zum ersten Mal die Hoffnung, dass der Tag wirklich käme, an dem sie keine Trauer und auch keine Schuldgefühle mehr empfand.
    »Das war eine wunderbare Feier, Vater Victor«, sagte sie, als sie alleine mit dem Priester vor dem Grab seiner Schwester stand.
    »Das verdanken wir vor allem Diego Galvan«, gab der Kirchenmann zurück. »Meine Mutter wird diesen Tag niemals vergessen. Dass Isabel die Ehre eines Gottesdienstes in der Kathedrale zuteil geworden ist … Sie haben ja keine Ahnung, was ihr das bedeutet, Rudy und mir natürlich auch. Wir können Diego diese Großzügigkeit niemals vergelten.«
    »Das will er auch gar nicht. Sie können mir glauben, wenn ich sage, dass er ausnehmend bescheiden ist. Ich kenne ihn inzwischen ziemlich gut.«
    Vater Victor blickte sie mit einem warmen Lächeln an. »Das sehe ich.«
    Als sie errötete, fügte er sanft hinzu: »Sie scheinen Ihren Frieden gefunden zu haben. Das sehe ich Ihren Augen an. Sie sind völlig anders als die Frau, die in einem anderen Leben in das Haus meiner Familie kam.«
    »Nicht viele Menschen bekommen die Chance zu einem Neubeginn.« Becca blickte über ihre Schulter auf Danielle und ihre Mutter, die sich in der warmen Sonne mit Diego unterhielten, und fügte hinzu: »Ich bin wirklich gesegnet.«
    »Ja, ich habe in der Zeitung von Ihrer Schwester gelesen. Unsere Isabel ist endlich heimgekommen, und Sie haben ebenfalls ein Wunder erlebt.«
    »Ja, es ist ein Wunder.« So hatte sie es bisher nicht gesehen. »Ein erstaunlicher Segen.«
    Es verwirrte sie, dass Vater Victor in der Rückkehr des Leichnams seiner Schwester offenkundig ebenfalls ein Wunder sah. Sie nahm an, die Zeit und zahllose enttäuschte Hoffnungen hatten schon lange die Überzeugung in dem Kirchenmann geweckt, dass die kleine Schwester niemals wiederkommen würde. Dass die Mutter ihre Tochter niemals wieder in den Arme nehmen könnte. Dass sein Bruder niemals die Gelegenheit bekäme, seine Schwester um Verzeihung dafür zu bitten, dass er im Streit gegangen war. Dass er selbst nie mehr die Rolle des älteren Bruders spielen könnte, um Isabel zu leiten, zu schützen und vor Unglück zu bewahren. Isabels Beerdigung und der Seelenfrieden der Familie waren alles, was es noch für Victor gab.
    Vielleicht zeichneten sich Wunder einfach nicht durch ihre Größe aus.
    »Am Morgen nach dem Brand waren Sie bei dem Theater. Nicht wahr, Vater?«, fragte sie und blinzelte wegen des hellen Sonnenlichts. Sie hatte die Brandstiftung noch immer nicht geklärt.
    Ihre Frage überraschte ihn. Doch sein resignierter Blick machte ihr deutlich, dass sie endlich die Wahrheit hören würde. Denn wie könnte er lügen, während er neben dem Grab seiner Schwester stand. Schließlich hatte er vor allem ihretwegen bisher nicht alles gesagt. Jetzt blieb nur noch ein Grund, um nicht völlig ehrlich zu sein.
    »Ja.« Er wandte sich ab, atmete tief ein und wartete darauf, dass sie weitersprach.
    »Sie haben das Feuer in der Hoffnung gelegt, dass Isabel gefunden wird. Und es tut mir leid … es tut mir leid, dass wir Sie ohne Ihre Hilfe nicht gefunden hätten. Aber Sie hatten noch einen anderen Grund
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